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Eine ganz andere Geschichte

Eine ganz andere Geschichte

Titel: Eine ganz andere Geschichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hakan Nesser
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man nicht übel Lust hat, ihm ein paar Mal das Messer in den Leib zu rammen.«
    »Nicht ausgeschlossen«, sagte Eva Backman. »Es kann ganz einfach so gewesen sein.«
    »Und dieser Grimle, ist er auch von der Sorte?«
    »Glücklicherweise nicht«, erklärte Eva Backman. »Richtig nett ist er sogar. Aber er hat auch Frau und zwei Kinder.«
    Jemand kam in Backmans Zimmer, sie bat Barbarotti, kurz zu warten, und er hatte eine Minute zum Nachdenken. Doch das Einzige, was in seinem Kopf auftauchte, war ein Schlagertitel, an den er sich vom Ende der Achtziger oder Anfang der Neunziger erinnerte und den er trotzdem nicht ganz richtig zusammenkriegte. A man without a woman is like a … ja, was denn? Aber die Gruppe hieß Vaya Con Dios, oder? Und der Titel hing sicher mit dem zusammen, was Inspektorin Back-man als Letztes gesagt hatte.
    Geh mit Gott? Das war natürlich noch eine andere Art synaptischen Zusammenhangs – mit Hinweis auf das morgendliche Gespräch in Gustabo. Manchmal, dachte Gunnar Barbarotti, manchmal glaube ich, das menschliche Gehirn ist nur ein Tummelplatz für eine höhere Macht, die dasitzt und Patiencen legt. Zumindest haben sie mir so ein Gehirn gegeben.
    Was an und für sich ein neues, etwas überraschendes Bild war. Aber es gab ja viele mögliche Kombinationen bei einem Kartenspiel, weshalb die Theorie sich sozusagen selbst bestätigte. Manchmal kriege ich es richtig verzwickt hin, stellte er verwundert fest.
    Und manchmal kommt es vor, dass die Patience aufgeht.
    »Handygespräche?«, fragte er, als Kollegin Backman zurück war. »Hat Sorgsen sich die schon mal angeguckt?«
    »Sorgsen hat Urlaub«, erklärte Backman. »Aber er kommt Montag zurück. Fredriksson und Toivonen kümmern sich solange um die Liste mit den Handynummern. Er hatte gleich drei Stück, aber ich weiß nicht, wie weit sie schon gekommen sind. Zumindest nichts Aufsehenerregendes, sonst hätten sie es schon gemeldet.«
    Drei Handys?, dachte Barbarotti. Das war was anderes als im Paradies.
    »Der Brief?«, fragte er. »Was gibt es zu dem zu sagen?«
    »Keine Fingerabdrücke«, sagte Backman seufzend. »Nur deine und Mariannes … ja, wir nehmen an, es sind ihre. Normaler Umschlag, normales Papier, das von jedem benutzt wird. Der Stift wahrscheinlich ein Pilot … schwarze Patrone … 0,7 Millimeter. Gibt es ungefähr in hundertfünfundvierzigtausend verschiedenen Geschäften in Europa.«
    »Und der Text? Was er geschrieben hat und so?«
    »Ich weiß nicht so recht«, sagte Eva Backman. »Ich glaube, jemand hat behauptet, es handle sich um einen Rechtshänder, der mit der linken Hand geschrieben hat, aber ich bin mir nicht sicher. Wir haben ihn heute zu einer neuen Analyse weggeschickt … als die Lage heiß wurde, sozusagen.«
    »All right«, sagte Barbarotti und dachte einen Moment lang nach.
    »Ich bin etwas müde«, räumte Backman ein. »Können wir uns den Rest für morgen aufheben?«
    »Gute Idee«, stimmte Barbarotti ihr zu. »Wie ich annehme, werde ich wohl den ganzen Vormittag in meinem Kabuff sitzen und Papiere lesen. Aber …«
    »Ja?«
    »Aber wenn du mir schon nicht den Namen des Mörders sagen kannst, dann könntest du mir doch zumindest einen kleinen Wink geben. Was glaubst du? Was um alles in der Welt ist das für ein Typ, mit dem wir es hier zu tun haben? Ich sitze noch drei Stunden hier im Auto.«
    Einige Sekunden lang blieb die Leitung stumm.
    »Sorry«, sagte Backman schließlich. »Ich würde dir wirklich nicht die geringste Ahnung vorenthalten, das weißt du, aber Tatsache ist, dass ich keine habe.«
    »Nicht eine kleine, winzige?«
    »Nein, das versuche ich dir ja gerade zu sagen. Ich habe gearbeitet seit … ja, wie spät ist es jetzt? … seit dreizehn Stunden am Stück … und das Ergebnis ist im Großen und Ganzen gesehen, dass ich weiß, dass Erik Bergman ermordet wurde.«
    »Prima«, sagte Gunnar Barbarotti. »Gut gearbeitet, Kleine.«
    Da legte Kriminalinspektorin Eva Backman auf.
    Der Regen setzte kurz vor zehn Uhr ein. Sanft und beharrlich fiel er, und die monotone Arbeit der Scheibenwischer machte ihn schläfrig.
    Er hielt an und trank einen Kaffee, als er am Vättern angekommen war, und als er wieder ins Auto gestiegen war, konnte er nur mit Mühe und Not den Impuls unterdrücken, in Gotland anzurufen. Aber Hagmund oder Jolanda Jonsson zu bitten, in die Dunkelheit hinauszugehen und bei Marianne anzuklopfen, erschien ihm aus guten Gründen undurchführbar. Er hatte ja auch keinen bestimmten Grund.

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