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Eine ganz andere Geschichte

Eine ganz andere Geschichte

Titel: Eine ganz andere Geschichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hakan Nesser
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zehn Minuten vorher.«
    »Und da kann der Mörder schon gelauert haben?«
    »Wenn nicht, war er auf jeden Fall auf dem Weg dorthin«, sagte Astor Nilsson. »Aber sie haben jedenfalls nichts gesehen, diese Bettflüchter. Schade, findest du nicht auch?«
    »Setz dich«, sagte Barbarotti. »Wie kommt es eigentlich, dass du an uns ausgeliehen worden bist? Ich meine …«
    »Ich werde immer ausgeliehen«, erklärte Astor Nilsson freundlich und setzte sich. »So läuft das seit zwei Jahren. Ich war in einem Fall anderer Meinung als mein Chef, und er konnte es nicht vertragen, dass ich Recht hatte. Er kann mich natürlich nicht rausschmeißen, aber sobald im Umkreis von zwanzigtausend Kilometern um Göteborg Verstärkung benötigt wird, rücke ich aus. Und wenn ich ehrlich bin, dann habe ich gar nichts dagegen. Man kommt herum.«
    »Aber du bist Kommissar?«
    »Ja.«
    Gunnar Barbarotti betrachtete ihn. Die Frustration, die er nach dem gestrigen Vormittag mit Asunander gezeigt hatte, schien Astor Nilsson jetzt abgeschüttelt zu haben. Er machte fast einen gutmütigen Eindruck, wie er da auf dem Besucherstuhl saß, das eine Bein über das andere geschlagen, die nackten Füße in den Sandalen auf und ab wippend. Sonnengebräunt, kurz geschnittenes, etwas schütteres Haar und ein Korpus, der so um die hundert Kilo wiegen musste. Ohne dass er fett wirkte. Ein harmonischer Widder, beschloss Barbarotti. Ein Fünfundfünfziger, der schon das eine und andere im Leben durchgemacht hatte.
    »Was hältst du eigentlich von der Sache?«
    Astor Nilsson breitete die Arme aus.
    »Weiß der Teufel«, sagte er. »Aber es gefällt mir nicht. Etwas von der Sorte ist mir noch nie untergekommen. Und man hat ja schon einiges gesehen.«
    Barbarotti nickte. »Und wie sollen wir deiner Meinung nach vorgehen? Gibt es etwas, was wir übersehen haben?«
    Astor Nilsson zuckte mit seinen kräftigen Schultern. »Ich denke nicht. Ich gebe es ja nicht gern zu, aber irgendwie laufen wir ja doch herum und warten auf Opfer Nummer zwei. Es müsste einen Zusammenhang zwischen Bergman und einer von diesen Annas geben.«
    »Genau«, sagte Barbarotti. »Und wenn ich Inspektorin Backman richtig verstanden habe, dann ist sie gerade dabei und kreist die richtige ein.«
    »Die richtige Anna?«
    »Ja. Aber sie ist seit ein paar Tagen nicht mehr gesehen worden, man kann also so seine Vermutungen haben.«
    »Verdammte Scheiße«, sagte Astor Nilsson. »Na, zumindest scheint es hier im Haus effektiv vor sich zu gehen.«
    »Nun ja«, zögerte Barbarotti. »Vielleicht manchmal. Aber wir sind noch überhaupt nicht sicher, ob wir auf dem richtigen Weg sind. Es kann sich auch ebenso gut herausstellen, dass es eine der anderen ist.«
    »Oder eine aus Edsbyn oder Kuala Lumpur?«
    »Zum Beispiel. Ich glaube nicht, dass wir einen Grund zum Optimismus haben.«
    Das hatte man auch fünf Stunden später nicht, wie Gunnar Barbarotti feststellen konnte, als er sein Fahrrad aus dem Fahrradständer im Innenhof des Polizeireviers herausholte. Es war Viertel vor acht, es war ein ungemein schöner Sommerabend, und eine Anna Eriksson aus der Skolgatan war den ganzen Nachmittag nicht aufgetaucht. Und das Sanitärarschloch Conny hatte sich trotz Ermahnungen auch nicht mit der Polizei in Verbindung gesetzt, aber das waren nicht die Dinge, die Inspektor Barbarotti am meisten bekümmerten.
    Er hatte nichts von Gotland gehört.
    »Du siehst finster aus«, bemerkte Eva Backman.
    »Das Leben ist ein schlechter Scherz«, sagte Barbarotti.
    »Fahr nach Hause und ruf Marianne an«, schlug Backman fröhlich vor. »Dann wirst du sehen, wie deine Lebensgeister wiederkommen.«
    »Danke für den Tipp«, sagte Gunnar Barbarotti. »Aber hast du nicht ab Montag Urlaub?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Um eine Woche verschoben. Ville fährt mit den Jungs ins Ferienhaus, ich komme dann am nächsten Freitag nach.«
    Sie radelten los, Seite an Seite. Sie klingt überhaupt nicht unzufrieden über dieses Arrangement, registrierte Barbarotti etwas verwundert, und dann dachte er, dass ihre jeweilige Lebenssituation sich deutlich voneinander unterschied. Seine und Eva Backmans. Zwar waren sie beide ungefähr gleich alt, sie waren beide Kriminalinspektoren, und sie hatten beide drei Kinder.
    Nur dass seine eigenen Kinder sich an diesem milden Abend weit außerhalb seiner Reichweite befanden. Eins in London, zwei in Kopenhagen. Plötzlich erschienen sie schmerzhaft weit weg. Eva Back-man würde in nicht einmal zehn Minuten

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