Eine ganz andere Geschichte
lieber zwanzig Worte, wo nur drei nötig gewesen wären. Außerdem war er bekannt dafür, dass er der Einzige im Polizeirevier war, der mehr als zehn Sekunden für seine Unterschrift brauchte: Claes-Henrik Wennergren-Olofsson.
»Conny Härnlind«, erklärte Eva Backman und schloss die Tür hinter sich. »Dieser eventuelle Freund von Anna Eriksson in der Skolgatan.«
»Ich kann mich erinnern«, sagte Barbarotti und zwinkerte schnell ein paar Mal, um dem plötzlichen Schwarm an Namen zu entgehen. »Lokalisiert, hast du gesagt?«
»Stimmt. Er befindet sich in Thailand, aber nicht in Gesellschaft von Anna Eriksson. Oder einer anderen Dame übrigens – womit ich auf die Frauen aus Kymlinge und Umgebung anspiele. Er ist vor einer Woche mit einer Bande junger Männer dorthin abgereist, und es ist sicher nicht schwer zu erraten, was sie dort vorhaben.«
»Und wer hat jetzt bitte schön Vorurteile?«, wollte Barbarotti wissen.
»Entschuldigung«, sagte Backman. »Ja, das war vielleicht ein wenig übereilt, sicher sind sie dorthin geflogen, um sich über Philatelie und ökumenische Fragen zu unterhalten. Auf jeden Fall ist unsere Anna immer noch verschwunden. Ich habe mit ihrer Mutter gesprochen, sie weiß auch nichts, und normalerweise telefonieren sie mehrmals in der Woche miteinander. Sie wohnt in Jönköping. Beunruhigend ist dabei …«
»Ja?«
»Beunruhigend ist, dass sie offenbar auch ihrer Mutter gesagt hat, dass sie nach Gotland fahren will. Und zwar heute.«
»Und wann hat sie ihr das gesagt?«
»Am Sonntagabend. Die Mama hat im Laufe der Woche drei- oder viermal versucht, mit ihr zu telefonieren, sie aber nie erwischt … ja, ich weiß nicht.«
»Verflucht noch mal«, sagte Gunnar Barbarotti. »Das klingt nicht gut. Hat sie ein Handy?«
»Ja.«
»Wir müssen überprüfen lassen, ob sie es irgendwann in der Woche benutzt hat. Ich glaube …«
»Ich war deshalb eben bei Sorgsen. Ich glaube, er hat schon Kontakt mit dem Anbieter.«
»Gut«, sagte Barbarotti. »Dann werden wir heute Nachmittag Bescheid kriegen, wenn wir Glück haben. Wenn eine alleinstehende Frau ihr Handy im Urlaub vier Tage lang nicht benutzt, dann bedeutet das, dass etwas nicht stimmt.«
Er fragte sich, ob Eva Backman nun im Umkehrschluss etwas hinsichtlich Vorurteilen sagen würde – hatte es fast gehofft –, doch das tat sie nicht. Schade, dachte er. Sie weiß auch, worauf das hinausläuft.
»Wir können uns ebenso gut schon mal auf eine Hausdurchsuchung vorbereiten, oder was meinst du?«, schlug sie stattdessen vor. »Wenn wir … nun, wenn wir diese Art von Information vom Anbieter bekommen.«
Diese Art von Information?, dachte Gunnar Barbarotti, als sie das Büro verlassen hatte. Ja, so konnte man die Sache natürlich auch ausdrücken.
Eine feine Schicht sprachlichen Balsams über eine schmerzliche Wirklichkeit. Aber es war nicht üblich, dass Eva Backman sich auf diese Art und Weise äußerte.
Was sicher auch etwas zu bedeuten hatte, wie man vermuten konnte. Er erinnerte sich wieder an die Hand, die sie ihm auf den Arm gelegt hatte.
Seufzte und widmete sich wieder Polizeianwärter Wennergren-Olofssons bedeutend blumigerer Prosa.
Gegen zwei Uhr am Freitagnachmittag verließen Astor Nilsson und Profiler Lillieskog das Polizeirevier von Kymlinge. Astor Nilsson, um nach dem Wochenende zurückzukommen, Lillieskog dann, wann man ihn rief.
»Ich habe heute Vormittag mit vier von Bergmans Bekannten intensivere Gespräche geführt«, erklärte Astor Nilsson, als sie sich bei vier Tassen Kaffee und vier hyperkonservierten Kopenhagenern unten in der Kantine verabschiedeten. »Wie verabredet. Und ich schwöre beim Grabe meiner Mutter, dass keiner von ihnen auch nur die geringste Ahnung hat, was hinter dem Mord steckt. Keiner von ihnen ist ein Musterknabe, aber wenn man den Mist ein wenig abkratzt, bleibt die Tatsache bestehen: Erik Bergmans Mörder ist nicht in seinem Bekanntenkreis zu finden. Wir können aufhören, dort zu suchen.«
»Wir haben noch ein paar, die verreist sind, oder?«, fragte Back-man.
»Stimmt«, sagte Astor Nilsson. »Den Einwand lasse ich gelten. Aber wenn sie verreist sind, dann können sie ja nicht gleichzeitig daheim sein und Leute erstechen.«
»All right«, sagte Barbarotti. »Lass uns davon ausgehen, dass du Recht hast. Wo sollen wir dann suchen?«
»Im Augenblick habe ich keine Antwort auf deine Frage«, sagte Astor Nilsson. »Aber ich fahre nach Hause nach Hisingen und werde das Wochenende drüber
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