Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eine ganz andere Geschichte

Eine ganz andere Geschichte

Titel: Eine ganz andere Geschichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hakan Nesser
Vom Netzwerk:
aber auch an diesem Abend wollte der Rest des Textes sich nicht offenbaren … is like a…?
    Als er sein Bier ausgetrunken hatte, gelang es ihm endlich, sich von seinen selbstmitleidigen Betrachtungen loszureißen, so dass er seine Gedanken den laufenden Ermittlungen widmen konnte. Dem Mörder.
    Der briefeschreibende Mörder. Es waren natürlich die Briefe, die alles so speziell erscheinen ließen. Die es irgendwie als einzigartig hinstellten. Wenn der Fall nur daraus bestanden hätte, dass sie einen Mann niedergestochen und ermordet aufgefunden hätten, dann hätte das zwar vollen Einsatz bedeutet, aber es hätte nicht dieses Gewicht bekommen. Bis jetzt hatten die Zeitungen den Namen des To ten noch nicht bekannt gegeben, aber er wusste, dass er am nächsten Morgen erscheinen würde. Was vermutlich die richtige Entscheidung war.
    Vielleicht wäre es auch die richtige Entscheidung, den Brief und Anna Erikssons Namen bekannt zu geben? Vielleicht konnte man auf diese Art jemanden erreichen, der etwas wusste? Andererseits war es so leicht, Panik zu erzeugen. Und wenn es etwas gab, was die Boulevardzeitungen gern taten, dann das. Die geheimen Ängste, Frustrationen und Wut aller Menschen projizieren und auf einen Punkt richten, einen Sündenbock. Früher war es eine Volksgruppe, die Juden oder Zigeuner oder Kommunisten, heutzutage waren es Individuen. Beispielsweise ein Minister. Oder ein Schauspieler mit Alkoholproblemen. Oder warum nicht ein ahnungsloser Kriminalinspektor aus Kymlinge? Das funktionierte, seit es Zeitungen gab, und heutzutage, wo doch Vulgarität und das Waschen schmutziger Wäsche zu den Tonarten gehörten, in die alle einstimmten, umso besser.
    Und in denen die neuen Silikonlippen einer falschbrüstigen Fernsehblondine eine wichtigere Neuigkeit darstellten als der Völkermord in einem anderen Teil der Welt als Stureplan. Verdammte Scheiße, dachte Gunnar Barbarotti. Ist es in diesem Land jemals anders gewesen? Haben wir jemals eine bessere Boulevardpresse gehabt?
    Er fragte sich, wie bewusst sich der Mörder dessen wohl war. Ob er absichtlich seine Briefe schrieb, weil er wusste, dass sie die Arbeit der Polizei erschweren würden. Insbesondere an dem Tag, an dem sie in die Presse kamen. Denn so ist es nun einmal, dachte Barbarotti, während er einen neuen Krähenschwarm beobachtete, der sich nach einer eleganten flugtechnischen Kurve auf dem Dachgiebel der Katedralsskolan niederließ – dass zwei Anhaltspunkte nicht immer besser sind als einer. Insbesondere nicht, wenn der eine vom Mörder selbst gelegt wurde, in der Absicht …
    Ja, in welcher Absicht eigentlich?
    Das war eine irritierende Frage. Außerordentlich irritierend.
    Und wie sollte es mit Anna Eriksson weitergehen?
    Noch irritierender.
    Hier ist es das Gleiche, stellte Barbarotti fest und verließ den Balkon. Lieber eine irritierende Frage als zwei.
    Außerdem waren beide etwas beängstigend, was die Sache wohl kaum besser machte. Er erinnerte sich an Eva Backmans Hand am Morgen auf seinem Arm. Und an die Tatsache, dass die Briefe an ihn selbst adressiert waren – Kriminalinspektor Gunnar Barbarotti in der Baldersgatan in Kymlinge – eine Tatsache, die natürlich noch beunruhigender war.
    Denn was bedeutete das? Bedeutete es, dass er den Täter in irgendeiner Weise kannte? Dass sein Name – wenn sie ihn denn schließlich herausbekämen – sich als bekannt herausstellen würde? Dass der Mörder wusste, an wen er die Briefe schickte, erschien auf jeden Fall ziemlich wahrscheinlich. Oder?
    Verdammt noch mal, dachte Gunnar Barbarotti und schaute auf die Uhr. Wenn ich an dem besagten Morgen nicht die Post vom Briefträger angenommen hätte – oder wenn er nur eine Minute später gekommen wäre –, dann könnte ich jetzt ungefähr um diese Uhrzeit neben Marianne in Gustabo ins Bett kriechen. Und ich glaube kaum, dass dadurch die Ermittlungen behindert worden wären.
    Rapsfeld, Kühe, Friedhof, Edelwäldchen. In Kymlinge dagegen herrschte ein himmelschreiender Mangel an all dem. Nun ja, einen Friedhof gab es hier natürlich auch.
    Mit weiteren ähnlich finsteren Gedanken im Kopf stellte er sich unter die Dusche.

    10
    D as Sanitärarschloch ist lokalisiert.«
    Barbarotti schaute von den Papieren auf.
    »Was?«
    Es war Freitagmorgen. Er hatte acht Protokolle gelesen, in der Hand hielt er sein neuntes. Es war verfasst worden von einem gewissen Wennergren-Olofsson, seines Zeichens Polizeianwärter. Er drückte sich gern blumig aus, benutzte

Weitere Kostenlose Bücher