Eine geheimnisvolle Lady
respektablen Frau. Es war eine verdammte Katastrophe.
Er wartete auf das Entsetzen, das ihn ergreifen musste. Auf Wut und Protest, auf gegenseitige Beschuldigungen und Reue. Er wartete …
Und langsam stieg reine Freude in ihm auf. Diana erwartete sein Kind, ihr Bauch würde sich runden. In ihrem schönen Körper wuchs sein Sohn oder seine Tochter. Sie würde ein Kind gebären, das – so hoffte er – ihr Ebenbild sein würde.
»Sag etwas, Ashcroft.« Sie starrte ihn an, als würde sie einen Vulkan oder einen reißenden Fluss betrachten.
Er versuchte seinem Herzen zu erklären, seine Freude sei abwegig. Irgendwie musste er das Problem lösen, seine Freiheit retten, seine ausschweifenden Amüsements fortsetzen. Doch der Brunnen des Glücks versiegte nicht. Er räusperte sich wieder. Ständig ließ ihn seine Stimme im Stich. So viele Sätze drängten sich in seinen Mund. Aber nur die drei Worte kamen heraus, die er ohnehin schon ausgesprochen hatte. »Du bist schwanger.«
Verzweifelt und beschämt senkte sie die Lider. Dummes Mädchen. Bald würde sie so glücklich sein wie er.
Nach einer kurzen Pause stieß sie hervor: »Selbst wenn es so ist, musst du dir keine Sorgen machen. Ich habe versprochen, ich würde keine Forderungen stellen. Ich erwarte kein anständiges Verhalten von dir. Das habe ich nie getan.«
Auf diese Beleidigung achtete er nicht. Viel zu laut jubelte sein Herz, als dass es ihn gestört hätte, was Diana von seinem Charakter hielt. Eine Zeit lang wartete er auf den Protest seines Gehirns gegen den Gedanken, er würde für sein ganzes Leben an eine einzige Frau gebunden sein. Stets hatte er das Ehejoch gemieden wie der Teufel das Weihwasser, weil ein Wüstling seine Freiheit brauchte.
Und jetzt erschien es ihm wie das Paradies, Diana zu heiraten. Mit dem Segen der Kirche und des Staates würde sie in seinem Bett liegen. Nie wieder würde sie sich davonstehlen. Seine Tage und Nächte würde er ausfüllen, indem er Diana betrachtete, mit Diana sprach, mit Diana stritt, mit Diana schlief. Obwohl er sogar in diesem euphorischen Moment ahnte, dass die Ehe kein ungetrübtes Vergnügen sein würde, für ihn verhieß sie ein himmlisches Entzücken.
Zum ersten Mal in seinem Leben gab es nichts am Universum auszusetzen. Welche Geheimnisse Diana auch immer verbergen mochte, vorerst spielten sie keine Rolle. Nur zwei Dinge zählten: Er wollte sie für sich gewinnen, und sie trug sein Kind unter ihrem Herzen. Er richtete sich zu seiner vollen Größe auf und umschlang ihre Taille, deren Umfang bald zunehmen würde, noch fester.
»Heirate mich.« Zu seiner eigenen Überraschung klang seine Stimme klar und entschieden.
Erschrocken starrte sie ihn an, die Augen weit aufgerissen.
Ashcroft bezwang die Kränkung, die sein Glück bedrohte, und fuhr hastig fort: »Ja, ich weiß, du glaubst, ich wäre kein akzeptabler Ehemann. Aber ich habe mich geändert. Das schwöre ich dir. Vielleicht klingt es albern, wenn ich behaupte, eine gute Frau habe mich gebessert. Trotzdem waren die letzten Wochen mit dir …«
Zitternd berührte sie seinen Mund und brachte ihn zum Schweigen. Ihre grauen Augen erschienen ihm glanzlos wie das Meer unter einem Wolkenhimmel, und sie sah aus, als wäre soeben ihr bester Freund gestorben. Verwirrt runzelte er die Stirn. Von allen Reaktionen, die er auf seinen spontanen Heiratsantrag erwartet hatte, fand er diesen tiefen Kummer am unverständlichsten. Wenn ihm auch Erfahrungen mit solchen Anträgen fehlten, andere Männer überlebten die Situation, wurden freudig akzeptiert oder – etwas seltener – höflich abgewiesen.
Dieses sprachlose Grauen war einzigartig.
»Diana …«, begann er. Sie legte erneut ihre Hand auf seinen Mund. Seltsam, wie zärtlich die Geste wirkte, trotz des Entsetzens, das sein Antrag hervorgerufen hatte.
Bestürzt sah er Tränen in ihren Augen. Seit jenem ersten Liebesakt hatte sie nicht mehr geweint. Nicht einmal, als sie von ihrem Vater mit einem Liebhaber ertappt worden war. Nicht einmal, als sie den Liebhaber weggeschickt hatte.
Er wusste nicht, was sie wollte. So verzweifelt schaute sie ihn an. Er hob eine Hand an ihr Gesicht. Der Anblick ihrer Tränen schnürte ihm die Kehle zu, und er litt mit ihr.
Vergeblich versuchte sie, sich loszureißen. »Nein …«, würgte sie hervor.
Sein Herz sank in seine Magengrube hinab. »Nein?« Er bemühte sich um einen beiläufigen Ton. Aber seine Stimme brach und verriet die bittere Enttäuschung.
Nach einem
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