Eine geheimnisvolle Lady
er könne ihr tatsächlich verzeihen. Bedingungslos.
Aber irgendwo in den düsteren Tiefen seines Bewusstseins musste noch ein winziger Zweifel gelauert haben, der jetzt zerschmolz wie Schnee in der Sonne.
Diana liebte ihn von ganzem Herzen, mehr als Cranston Abbey oder ihren Stolz oder ihre eigenen Interessen. Am liebsten hätte er seinen Triumph zum Himmel hinaufgeschrien. Überglücklich hielt er sie in den Armen. Sein verletztes Bein protestierte, weil er schon so lange dastand. Aber dieser Moment war zu kostbar, um ihn einer Linderung seiner Schmerzen zu opfern.
Weine, meine Liebste, wein dich aus. Danach musst du nie wieder weinen.
Schließlich versiegten die Tränen.
»Wie leichtfertig du mit der Zukunft unseres Kindes umgehst«, mahnte er leise.
»Woher weißt du, dass ich schwanger bin?«, fragte sie, an seine Brust geschmiegt. »Als du nach Marsham kamst, war es noch zu früh. Da konnte ich nicht sicher sein.«
»Das weiß ich, weil du dich mit Burnley verlobt hast.«
Sie hob den Kopf und starrte ihn an, das Gesicht tränenverschmiert. Ihre Nase war gerötet, der Blick wässerig. Trotzdem war sie ihm noch nie so schön erschienen. »Ich hätte ihn wegen des Landguts heiraten können.« Offenbar bestand sie immer noch darauf, das ganze Ausmaß ihrer Schuld zu erörtern.
Lächelnd erwiderte er ihren Blick. »Diana, ich bin kein Narr. Ich weiß, was die Hinauszögerung der Hochzeit bedeutet. Wenn du nur Cranston Abbey wolltest, hättest du Burnley sofort nach deiner Rückkehr aus London geheiratet. Warum solltest du auf deinen Lohn warten? Und so nehme ich mit gutem Grund an, du hättest ihm ohne die Schwangerschaft niemals dein Jawort gegeben.«
Zärtlich strich sie über seine Wange, als fürchtete sie, er würde sie doch noch zurückweisen. Verstand sie denn nicht, dass sie alles war, was er sich auf dieser Welt wünschte?
»Zuerst lehnte ich seinen Antrag ab. Wie konnte ich ihn heiraten, wo ich doch dich liebte? Wie eine Sünde kam es mir vor, mit einem anderen vor den Altar zu treten. Aber es war so …«
Vielleicht würde er eines Tages ihre Liebeserklärung wie etwas akzeptieren, das ihm zustand. Aber nicht jetzt. Möglicherweise niemals. »Du musstest dem Baby einen Namen und ein Zuhause geben. Sicher hat Burnley gedroht, deinen Vater und Miss Smith aus dem kleinen Haus zu jagen. Um das zu wissen, kenne ich ihn gut genug. Allein und unverheiratet, welche Wahl hattest du denn?«
In seiner Brust verebbte der Schmerz, während er beobachtete, wie die Verzweiflung langsam aus ihren Augen wich. Lächelnd drückte er ihre Hand an seine Wange.
»Deinen Glauben an mich verdiene ich nicht«, wisperte sie und fuhr mit dem nassen Taschentuch über ihr Gesicht.
»Doch.« Vielleicht würde er sie irgendwann in den nächsten fünfzig Jahren davon überzeugen. Und er würde Zeit und sehr viel Liebe brauchen, um die Wunden der Vergangenheit in Dianas Brust zu heilen.
Dieser Aufgabe fühlte er sich gewachsen. Immerhin war ihnen an diesem Tag ein guter Anfang gelungen. Aber nun musste er sie endlich von hier wegbringen, in Sicherheit.
»Gehen wir, Diana«, drängte er und führte sie in den Garten ihres Vaters. »Ich traue Burnley nicht.«
Sie nickte und steckte sein Taschentuch in eine Tasche ihres Rocks. Jetzt wirkte sie ruhiger, nicht mehr so reumütig und von Gewissensbissen geplagt. Auch ihre Stimme klang selbstbewusster. »Aber er kann uns nichts anhaben, Tarquin. Weil wir einander lieben.«
Von heißer Freude überwältigt, blieb er stehen und presste ihre Hand an seine Lippen. »Oh, ich bin so glücklich über das Baby. Noch nie hatte ich eine richtige Familie.«
»Bald werden wir eine richtige Familie sein«, verkündete sie im Brustton der Überzeugung, und da erkannte er, wie berechtigt seine Hoffnung war.
Gemeinsam mit Diana blickte er einem ungetrübten Glück entgegen. Um diesen Moment zu erreichen, waren sie durch das Höllenfeuer gegangen. Aber jetzt erstreckte sich die Zukunft vor ihnen, wie eine sonnenhelle Blumenwiese.
Er umfasste ihre Hand noch fester. »Was für ein langweiliger Kerl werde ich sein! Der reformierte Wüstling, der getreue Ehemann, der liebevolle Vater. Hoffentlich wird dir meine Verwandlung nicht missfallen, meine Liebste.«
»Bin ich das, Tarquin?«
Zunächst verstand er die leise Frage nicht, weil sich ein Teil seiner Aufmerksamkeit auf die Büsche richtete, die womöglich Burnleys Schläger verbargen. »Bist du – was?«
»Deine Liebste.«
Wie vom Donner
Weitere Kostenlose Bücher