Eine geheimnisvolle Lady
Diana sollte ihm helfen, aber nach dieser erstaunlichen Erfüllung konnte sie kaum stehen. An seine Schultern geklammert, lehnte sie an ihm wie ein biegsames Schilfrohr. In ihren Adern pulsierte schiere Freude, und ihr Bewusstsein registrierte nur noch Ashcrofts starken Körper und was er mit ihr tun würde.
Das anzügliche Gelächter entstammte einer anderen Welt. Entsetzt senkte Diana ihr Bein, hob den Kopf und begegnete Ashcrofts Blick. Angespannt und wütend starrte er sie an. Und frustriert. Die Härte an ihrem Bauch bezeugte hitzige Bereitschaft.
Bebend vor Angst und den Nachwehen ihres Höhepunkts presste sie sich an ihn. Wie albern, seinen Schutz zu suchen – obwohl es ihr ganz natürlich erschien. In einer Welt, die ihr fremd geworden war, repräsentierte er die einzige feste Größe.
»Beim Jupiter, Ashcroft, nimm die Schlampe an einem privateren Ort!« Unverkennbar wies die laute, lallende Stimme auf ein Mitglied der Oberschicht hin. »Die muss ja was ganz Besonderes sein. Normalerweise bist du nicht mehr so verrückt nach den Covent-Garden-Huren, dass du sie gleich auf der Straße stößt.«
Dianas Kehle schnürte sich zu. In ihrem Mund schmeckte die Scham wie bittere Galle. War sie verrückt geworden? Beinahe hätte sie sich dem Earl in einer Gasse hingegeben.
»Verschwinde, Belton«, stieß Ashcroft hervor, ohne sich umzudrehen.
Dianas heftige Herzschläge drängten sie zur Flucht. Am liebsten wäre sie davongelaufen. Doch das durfte sie nicht wagen, denn der betrunkene Mann würde womöglich ihr Gesicht sehen und sich später an sie erinnern.
»Wer ist die Hure?« Wer immer Belton sein mochte, er achtete nicht auf die Drohung, die in Ashcrofts Stimme mitschwang. Sein fröhliches Lachen erzeugte eine Gänsehaut auf Dianas Armen. »Falls sie neu in der Stadt ist, übernehme ich sie, wenn du mit ihr fertig bist. Ich habe nichts einzuwenden gegen zugerittene Pferdchen. Und du suchst dir immer die allerbesten aus. Alle deine Überbleibsel, die ich ausprobiert habe, waren reines Gold. Oh ja, du weißt, wie man so ein Flittchen einreitet.«
Hinter Dianas Rücken fühlte sich die Ziegelwand kälter an denn je, der Gestank des Abfalls biss in ihre Nase. Wie konnte sie Belton verübeln, dass er sie für eine Hure hielt?
In der Tat, wie eine Hure hatte sie sich benommen. Bei allem, was heilig war, was hatte Ashcroft nur mit ihrem Verstand angestellt? Aber sie konnte ihm nichts anlasten. Bereitwillig war sie an seine Brust gesunken, wie ein Blatt, das der Wintersturm von einem Baum geweht hatte. Kein Wunder, dass er so beliebt bei den Frauen war …
Seine Hand umfasste ihren Kopf, und er presste ihr Gesicht an sein Jackett. Halb erstickt an ihrer Demütigung, sah sie nur noch tiefes Schwarz. Sie versuchte, sich zu befreien. Doch dieser unnachgiebigen Hand war sie wehrlos ausgeliefert.
»Du hast zwei Möglichkeiten, Belton«, sagte Ashcroft in freundlichem Ton.
»Fabelhaft, alter Junge.« Lachend wankte Belton etwas näher. »Sie und ich? Oder du, sie und ich?«
»Nein.« Trotz ihres Elends hörte Diana, wie Ashcrofts Stimme einen schärferen Klang annahm.
Belton war zu betrunken und bemerkte es nicht. »Was Besseres?«
»Entweder gehst du jetzt und setzt dein jämmerliches Leben ungestört fort. Oder du siehst mich morgen früh hinter einem Pistolenlauf.«
Ungläubig erstarrte Diana. Hatte Lord Ashcroft soeben einen Freund zum Duell gefordert, um ihre Ehre zu verteidigen? Eine Ehre, die sie nach dieser Nacht nicht mehr beanspruchen konnte? Ihre Finger krallten sich in sein Jackett.
»Beruhige dich, Vale. Willst du wegen eines Weiberrocks einen Kumpel verlieren? Das lohnt sich nicht.«
»Also wählst du die zweite Möglichkeit?«
Diese Frage schien Belton zu ernüchtern. »Großer Gott, nein …«, stammelte er. »Bei Manton habe ich dich das Kreuz aus einem As schießen sehen.«
»Dann solltest du die erste Möglichkeit bevorzugen.«
»Die erste?«
»Verschwinde. Sofort.«
»Oh. Klar. Natürlich.« Diana hörte Stiefelabsätze über das Kopfsteinpflaster scharren, während Belton hastig den Rückzug antrat. »Nichts für ungut, alter Junge, ich wollte deine Lady nicht beleidigen.«
Über dem Lärm der Hauptstraße lauschte sie auf die Schritte des Betrunkenen, der sich schwankend entfernte. Nun war die Gefahr überstanden, und sie könnte aufblicken. Doch sie presste ihr Gesicht immer noch an Ashcrofts Brust. Unter ihrer Wange pochte sein Herz kraftvoll und gleichmäßig.
Wie eine
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