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Eine Geschichte aus zwei Städten

Eine Geschichte aus zwei Städten

Titel: Eine Geschichte aus zwei Städten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Dickens
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ebenso verhüllt wie ihre Gestalt. In jenen Tagen hütete man sich wohl vor allzu schneller Vertraulichkeit, da jeder, dem man auf der Straße begegnete, ein Räuber oder der Verbündete von Räubern sein konnte. Mit Charakteren solcher Art traf man besonders leicht zusammen, denn jedes Posthaus, jede Schenke konnte jemand aufweisen, der im Sold des ›Kapitäns‹ stand, mochte es nun der Wirt selbst oder irgendein unscheinbarer Stallbediensteter sein. So dachte auch der Kondukteur der Doverpost an jenem Freitag abend des Novembers siebzehnhundertfünfundsiebzig, während er, Shooters Hill hinanholpernd, auf seinem Platze hinten auf dem Wagen stand, die Füße aneinanderklopfte und weder Auge noch Hand von der Waffenkiste vor sich wandte, in der außer Säbeln und geladenen Pistolen auch eine schußbereite Muskete lag.
    Die Doverpost befand sich wie gewöhnlich in der angenehmen Lage, daß der Kondukteur die Reisenden und jeder Reisende seine Mitpassagiere und den Kondukteur, kurz, einer den andern beargwöhnte und der Postillion sich auf niemand als auf seine Pferde verlassen mochte, obschon er auch, soweit das liebe Vieh in Frage kam, es mit gutem Gewissen auf beide Testamente hätte beschwören können, daß es nicht für eine solche Reise paßte.
    »Hü!« rief der Postillion. »So recht. Jetzt nur noch einen Ruck, und ihr seid droben. Hol euch der Teufel dafür, denn ich habe Not genug gehabt, euch hinaufzubringen. – Joe!«
    »Ja?« entgegnete der Kondukteur.
    »Wieviel Uhr mag es sein, Joe?«
    »Gut zehn Minuten nach elf.«
    »Oh, Mord und Tod«, rief der Postknecht ärgerlich, »und noch nicht einmal auf dem Shooter! Zu – hü! Vorwärts mit euch!«
    Das temperamentvolle Pferd, das in einem Akt der entschlossensten Weigerung von der Peitsche getroffen worden war, fing wieder kräftig an zu klettern, und die drei andern Rosse folgten seinem Beispiel. Noch einmal arbeitete sich die Doverpost vorwärts, und die Stulpenstiefel der Reisenden klatschten nebenher. Sie hatten mit dem Wagen haltgemacht und ihm treulich Gesellschaft geleistet. Wäre einem von den dreien der vermessene Gedanke gekommen, den andern den Vorschlag zu machen, sie wollten im Dunkel und Nebel ein wenig vorausgehen, so hätte er sich damit sicher der Gefahr ausgesetzt, auf der Stelle als Straßenräuber niedergeschossen zu werden.
    Der letzte Anlauf brachte den Postwagen auf die Höhe des Berges. Die Pferde hielten wieder an, um zu verschnaufen, und der Kondukteur stieg ab, um für die kommende Talfahrt den Radschuh einzulegen und den Fahrgästen den Kutschenschlag zu öffnen.
    »Pst, Joe!« sagte der Postillion in warnendem Ton, indem er von seinem Bock niederschaute.
    »Was habt Ihr, Tom?«
    Beide lauschten.
    »Ich höre ein Pferd uns nachtraben, Joe.«
    »Und ich sage, es galoppiert, Tom«, versetzte der Kondukteur, indem er seinen Schlag losließ und hurtig auf seinen Platz hinaufkletterte. »Meine Herren, in des Königs Namen, geschwind eingestiegen!«
    Der für unsere Geschichte vorgemerkte Reisende stand eben auf dem Kutschentritt und wollte hinein; die beiden andern hielten dicht hinter ihm und waren im Begriff, ihm zu folgen. Er blieb halb in, halb außer der Kutsche auf seinem Tritt, das andere Paar drunten auf der Straße; sie alle blickten lauschenden Ohrs von dem Postillion auf den Kondukteur und von
dem Kondukteur auf den Postillion. Beide gaben ihnen die Blicke wieder zurück, und selbst das temperamentvolle Pferd spitzte die Ohren und schaute rückwärts, ohne Widerspruch zu erheben.
    Die Stille, die auf das Aufhören des Rädergerassels und Rossegestampfs folgte, machte das Schweigen der Nacht nur um so eindrucksvoller. Das Schnauben der Pferde teilte der Kutsche eine zitternde Bewegung mit, als wäre sie selbst auch sehr aufgeregt. Die Herzen der Passagiere klopften vielleicht hörbar laut; jedenfalls erzählte die stille Pause sehr verständlich von Leuten, die außer Atem waren, aber gleichwohl keine Luft einzuziehen wagten und unter beschleunigtem Herzschlag dessen harrten, was da kommen sollte.
    Man hörte, daß ein Pferd in wütendem Galopp den Berg hinaufjagte.
    »Hallo!« rief der Kondukteur, so laut er konnte, in die Nacht hinaus.
    »Ihr dort – Halt! – oder ich gebe Feuer!«
    Der Hufschlag hielt plötzlich inne, und mit Not kämpfte sich die Stimme eines Mannes durch den Nebel:
    »Ist das die Doverpost?«
    »Was kümmert's Euch, wer wir sind?« entgegnete der Kondukteur.
    »Wer seid Ihr?«
    »Ich frage, ob dies

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