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Eine Geschichte aus zwei Städten

Eine Geschichte aus zwei Städten

Titel: Eine Geschichte aus zwei Städten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Dickens
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laut.
    »Miß Manette, habt Ihr den Gefangenen früher gesehen?«
    »Ja, Sir.«
    »Wo?«
    »An Bord des eben besprochenen Paketschiffes, Sir, und bei demselben Anlaß.«
    »Ihr seid die junge Dame, von der die Rede war?«
    »Leider ja.«
    Der klagende Ton des Mitleids erstarb unter der weniger musikalischen Stimme des Richters, der etwas rauh entgegnete:
    »Antwortet einfach auf die Frage, die man Euch stellt, und macht keine Bemerkungen dazu.«
    »Miß Manette, habt Ihr Euch während jener Fahrt über den Kanal mit dem Gefangenen unterhalten?«
    »Ja, Sir.«
    »Vergegenwärtigt Euch das wieder.«
    Inmitten der tiefen Stille begann sie mit tonloser Stimme:
    »Als der Gentleman an Bord kam …«
    »Meint Ihr damit den Gefangenen?« fragte der Richter, die Stirn runzelnd.
    »Ja, gnädiger Herr.«
    »Dann nennt ihn auch so.«
    »Als der Gefangene an Bord kam, bemerkte er, daß mein Vater« – sie richtete ihre Blicke liebevoll auf den an ihrer Seite Stehenden – »sehr erschöpft und leidend war. Sein Gesundheitszustand flößte mir soviel Besorgnis ein, daß ich es nicht wagte, ihn aus der freien Luft wegzubringen, sondern auf dem Deck neben der Kajütentreppe für ihn ein Bett herrichtete, an dessen Seite ich Platz nahm, um ihm Handreichungen tun zu können. In jener Nacht waren keine anderen Passagiere an Bord als wir vier. Der Gefangene war so freundlich, um die Erlaubnis zu bitten, mir raten zu dürfen, wie ich meinen Vater besser gegen Wind und Wetter schützen könne, als ich es getan hatte; denn ich hatte mich nicht darauf verstanden, wie der Wind nach unserer Ausfahrt aus dem Hafen wehen würde, und er ging mir jetzt an die Hand. Er äußerte große Teilnahme für den Zustand meines Vaters, und ich bin überzeugt, daß er sie auch fühlte. So begann unsere Unterhaltung.«
    »Laßt mich Euch für einen Augenblick unterbrechen. Kam er allein an Bord?«
    »Nein.«
    »Wer war bei ihm?«
    »Zwei französische Herren.«
    »Haben sie miteinander gesprochen?«
    »Sie sprachen miteinander bis zu dem Augenblick, als die französischen Herren wieder in ihr Boot steigen mußten.«
    »Habt Ihr in ihren Händen keine Papiere bemerkt, die Ähnlichkeit hatten mit diesen Listen?«
    »Von Papieren habe ich wohl etwas gesehen, kann aber nicht sagen, welcher Art Papiere es waren.«
    »An Form und Umfang etwa wie diese?«
    »Möglich, aber ich weiß es in der Tat nicht, obschon sie in meiner unmittelbaren Nähe miteinander flüsterten; denn sie standen auf dem Absatz der Kajütentreppe, um das Licht der dort hängenden Laterne benutzen zu können. Das Licht brannte trüb, und sie sprachen sehr leise, so daß ich nicht verstand, was sie sagten. Ich sah nur, daß sie sich mit den Papieren befaßten.«
    »Nun Eure Unterhaltung mit dem Gefangenen, Miß Manette.«
    »Der Gefangene war sehr offen und zutraulich gegen mich. Ich schreibe das meiner hilflosen Lage zu, denn er verhielt sich sehr teilnehmend und suchte sich meinem Vater nützlich zu machen. Ich hoffe«, fügte sie hinzu, indem sie in Tränen ausbrach, »ich lohne es ihm nicht damit, daß ich ihm heute Schaden bringe.«
    Gesumm von seiten der Schmeißfliegen.
    »Miß Manette, wenn der Gefangene nicht einsieht, daß Ihr das Zeugnis, das Ihr abzugeben verpflichtet seid, geben müßt und unter keinen Umständen umgehen könnt, nur mit Widerwillen ablegt, so steht er in diesem Saale mit seiner Meinung vollkommen allein. Ich bitte, fahrt fort.«
    »Er sagte mir, seine Reise betreffe eine sehr zarte und verfängliche Sache, die leicht Leute in Ungelegenheiten bringen könnte; er reise deshalb unter einem angenommenen Namen. Dann teilte er mir weiter mit, sein Geschäft habe ihn für einige Tage nach Frankreich geführt und werde ihn für die nächste Zeit zu einem häufigeren Hinundherreisen zwischen England und Frankreich veranlassen.«
    »Hat er nichts von Amerika gesagt, Miß Manette? Ihr müßt aufs einzelne eingehen.«
    »Er suchte mir verständlich zu machen, wie der Streit entstanden war, und sagte, soweit er die Sache beurteilen könne, habe England dabei unrecht und töricht gehandelt. Auch fügte er scherzend hinzu, daß vielleicht George Washington in der Geschichte einen fast ebenso großen Namen erringen werde wie George III . Aber er meinte das nicht böse, er sagte es lachend, und man sprach eben, um sich die Zeit zu vertreiben.«
    Jeder stark ausgeprägte Gesichtsausdruck einer Hauptperson in einer hochinteressanten Szene, auf der viele Augen haften, wird unbewußt

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