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Eine Geschichte aus zwei Städten

Eine Geschichte aus zwei Städten

Titel: Eine Geschichte aus zwei Städten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Dickens
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so schlagender hervor. Der Lord-Oberrichter fragte Mr. Stryver, den Verteidiger, ob sie etwa zunächst dem Mr. Carton (Name des gelehrten Freundes) wegen Hochverrats den Prozeß machen sollten; doch Mr. Stryver antwortete darauf dem gnädigen Herrn mit Nein; er beabsichtige nur, den Zeugen zu fragen, ob ihm, was ihm einmal zugestoßen sei, nicht auch zum zweiten Male habe begegnen können; ob er so zuversichtlich aufgetreten wäre, wenn man diesen Beweis von Übereilung ihm früher vor Augen gestellt hätte, und so weiter. Die Folge davon war, daß die Zeugenaussage wie ein irdener Topf zerschmettert und der Zeuge selbst, soweit er für diesen Prozeß in Betracht kam, zum nutzlosen Gerümpel gestellt wurde.
    Mr. Cruncher hatte in seiner Aufmerksamkeit für die Verhandlung ein ganzes Frühstück Rost aus seinen Fingern gesogen. Er verwandte kein Auge von Mr. Stryver, während dieser den Sachverhalt im Interesse des Gefangenen vor den Geschworenen glatt auf den Tisch legte. Er zeigte ihnen, daß der Patriot Barsad ein gedungener Spion und Verräter, ein keckstirniger Verkäufer von Blut und einer der größten Schurken sei, die je auf Erden umhergewandelt seien seit dem fluchwürdigen Judas, dem er gewiß auch recht ähnlich sehe. Der tugendhafte Diener Cly sei sein Freund und sein würdiger Gehilfe; diese beiden Fälscher und meineidigen Wichte hätten sich den Gefangenen als ihr Opfer ausersehen, weil dieser, ein Mann von französischer Abkunft, in Familienangelegenheiten, die seine An
wesenheit jenseits des Kanals nötig machten, öfters Frankreich besuchte. Von diesen Angelegenheiten könne aus Rücksicht auf andere, die ihm nahe und teuer seien, auch wenn das Leben des Gefangenen davon abhänge, kein öffentlicher Gebrauch gemacht werden. Das Zeugnis, das man der jungen Dame abgerungen, von deren Kummer über diesen Zwang man sich habe überzeugen können, enthalte nichts als unschuldige Galanterien und Höflichkeitsbezeigungen, wie sie zwischen jungen Personen verschiedenen Geschlechts bei zufälliger Begegnung häufig vorkämen; nur die Bemerkung über George Washington mache davon eine Ausnahme, aber der Inhalt jener Rede sei zu überspannt, als daß sie in einem anderen Lichte als in dem eines ungereimten Scherzes aufgefaßt werden könne. Es wäre eine Blamage für eine Regierung, wenn sie bei diesem Versuch, durch eine Einwirkung auf die niedrigsten nationalen Gehässigkeiten und Besorgnisse sich populär zu machen, unterläge, und deshalb habe der Herr Staatsanwalt den Fall möglichst schreiend darzustellen gesucht; gleichwohl liege gar nichts vor als die Aussagen feiler, ehrloser Zeugen, wie man sie in Prozessen ähnlicher Art zur Schande des Landes nur zu oft finde. Doch jetzt legte sich der gnädige Herr Oberrichter mit einer so gravitätischen Miene, als habe der Verteidiger mit dem Hinweis auf die englischen Staatsprozesse eine Unwahrheit gesprochen, ins Mittel und erklärte, er könne, solange er auf dem Richterstuhl sitze, solche Anspielungen nicht dulden.
    Mr. Stryver rief nun seine wenigen Zeugen auf, und dann hatte Mr. Crunchers Aufmerksamkeit dem Herrn Staatsanwalt zu folgen, wie dieser von allem, was Mr. Stryver den Geschworenen dargelegt hatte, das Oberste zuunterst kehrte und dabei zeigte, daß Barsad und Cly hundertmal besser seien, als sie seiner Meinung nach gewesen, der Gefangene aber hundert
mal schlechter. Schließlich kam der Lord-Oberrichter selbst und wendete den Fall noch einmal nach der einen wie nach der anderen Seite, im ganzen aber doch so, daß man um das Schicksal des Angeklagten sehr besorgt sein mußte.
    Und nun traten die Geschworenen zur Beratung zusammen, und die großen Fliegen schwärmten wieder aus.
    Mr. Carton, der so lange in Bewunderung der Saaldecke dagesessen hatte, änderte selbst bei der jetzigen Aufregung weder seinen Platz noch seine Haltung. Während sein gelehrter Freund Mr. Stryver die Akten vor sich wieder übereinanderlegte, mit dem ihm zunächst Stehenden flüsterte oder von Zeit zu Zeit einen ängstlichen Blick zu den Geschworenen hingleiten ließ; während die Zuschauer mehr oder weniger durcheinanderwogten und immer neue Gruppen bildeten; während selbst der Lord-Oberrichter sich von seinem Sitz erhob und langsam unter dem Verdacht des Publikums, daß er sich in einem fiebrigen Zustande befinde, auf dem Podium hin und her schritt, saß dieser einzige Mensch abgewandt da, den zerschlissenen Talar nur über der Schulter, die zerknüllte Perücke in einer

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