Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eine Geschichte aus zwei Städten

Eine Geschichte aus zwei Städten

Titel: Eine Geschichte aus zwei Städten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Dickens
Vom Netzwerk:
Weise auf dem Kopf, als sei sie nach dem Abnehmen ihm gefällig wieder hinaufgeflogen, die Hände in den Rocktaschen und die Augen wie während des ganzen Tages gegen die Decke gerichtet. Etwas sonderbar Unbekümmertes in seinem Wesen ließ ihn nicht nur äußerlich wenig achtbar erscheinen, sondern beeinträchtigte auch die große Ähnlichkeit, die er ohne Frage mit dem Gefangenen hatte und die durch seinen plötzlichen Eifer in dem Augenblick der Vergleichung sehr erhöht worden war, dermaßen, daß von den Zuschauern, die jetzt Notiz von ihm nahmen, viele unter sich äußerten, sie hätten kaum geglaubt, daß jene einander glichen. Namentlich machte Mr. Cruncher diese Bemerkung gegen seinen nächsten Nachbar und fügte hinzu: »Ich wette eine halbe Guinee, daß
man dem nie einen Prozeß anvertraut. Oder meint Ihr, er sehe danach aus, daß er Advokatenarbeit kriegen kann?«
    Gleichwohl interessierte sich dieser Mr. Carton mehr für die Einzelheiten der Szene, als es den Anschein hatte, denn als Miß Manette jetzt ihr Haupt auf die Brust ihres Vaters sinken ließ, bemerkte er es zuerst und sagte vernehmlich:
    »Gerichtsdiener, seht nach der jungen Dame und helft dem Gentleman, sie hinauszubringen. Bemerkt Ihr nicht, daß sie umsinken will?«
    Sobald sie entfernt worden war, gab sich viel Mitleid mit ihr und Teilnahme für ihren Vater kund. Die Erinnerung an die Tage seiner Gefangenschaft hatte augenscheinlich einen sehr schmerzlichen Eindruck auf ihn gemacht. Als ihrer Erwähnung geschah, war seine Aufregung so augenfällig geworden und der düster brütende Ausdruck, der ihn sehr alt erscheinen ließ, einer schweren Wolke gleich, nicht mehr von seiner Stirn gewichen. Nach seinem Abgehen gaben die Geschworenen, die für eine kurze Weile zurückgetreten waren, durch den Obmann ihre Erklärung ab.
    Sie waren nicht einig und wünschten sich zurückzuziehen. Der Herr Oberrichter, den vielleicht noch der George Washington wurmte, zeigte einige Überraschung über ihre Unschlüssigkeit, genehmigte aber ihre Beratung hinter Wache und Riegel in Gnaden und zog sich selbst auch zurück. Die Verhandlung hatte den ganzen Tag gedauert, und im Saal wurden jetzt die Lampen angezündet. Es verbreitete sich das Gerücht, daß die Geschworenen lange zu ihrer Beratung brauchen würden, weshalb die Zuschauer sich entfernten, um Erfrischungen einzunehmen. Der Gefangene ging in den Hintergrund seines Verschlags und setzte sich nieder.
    Mr. Lorry hatte die junge Dame und ihren Vater hinausbegleitet und kehrte jetzt wieder zurück. Er winkte Jerry, der bei
dem geminderten Interesse an der Szene leicht zu ihm gelangen konnte.
    »Jerry, wenn Ihr essen wollt, so könnt Ihr es tun, aber bleibt in der Nähe. Ihr werdet schon hören, wenn die Geschworenen wieder eintreten. Findet Euch dann eiligst ein, denn ich wünsche, daß der Urteilsspruch unverweilt an die Bank gelange. Ihr seid der flinkste Bote, den ich kenne, und werdet lange vor mir Temple Bar erreichen.«
    Jerry hatte gerade genug Stirn, daß er sie mit der Hand berühren konnte; so tat er es auch in Anerkennung des Auftrages und des ihn begleitenden Schillings. In demselben Augenblick kam Mr. Carton heran und berührte Mr. Lorry am Arm.
    »Was macht die junge Dame?«
    »Sie ist sehr erschüttert; ihr Vater aber tröstet sie, und außerhalb des Gerichtssaales fühlt sie sich besser.«
    »Ich will es dem Gefangenen sagen. Ihr wißt, für einen achtbaren Bankbeamten, wie Ihr seid, würde es sich nicht schicken, wenn man Euch öffentlich mit ihm reden sähe.«
    Mr. Lorry errötete, als fühle er sich schuldig, gerade selbst diesen Gedanken gehabt zu haben, und Mr. Carton ging zur anderen Seite der Schranke hinüber. Der Hauptausgang des Saales lag in derselben Richtung, und Jerry folgte ihm, ganz Auge, Ohr und Stachelkopf.
    »Mr. Darnay.«
    Der Gefangene kam sogleich in den Vordergrund.
    »Ihr seid natürlich begierig, etwas von der Zeugin Miß Manette zu hören. Es geht ihr schon wieder besser. Ihr habt den Augenblick ihrer größten Schwäche mit angesehen.«
    »Es tut mir sehr leid, die Ursache dafür gewesen zu sein. Könntet Ihr wohl in meinem Namen ihr das sagen und ihr zugleich meinen wärmsten Dank ausdrücken?«
    »Ja, das kann ich wohl und will es auch tun, wenn Ihr es verlangt.«
    Mr. Cartons Benehmen war so unbekümmert, daß es fast an Unverschämtheit grenzte. Er stand halb von dem Gefangenen abgewendet da und hatte seinen Ellenbogen auf die Schranke gestützt.
    »Ich bitte

Weitere Kostenlose Bücher