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Eine Geschichte aus zwei Städten

Eine Geschichte aus zwei Städten

Titel: Eine Geschichte aus zwei Städten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Dickens
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Lieblingsgeschäft war Zerstören. Sie donnerte gegen die Stadt, donnerte gegen die Klippen und hauste wie toll an der Küste. Die Luft um die Häuser her hatte einen so starken Fischgeruch, daß man hätte meinen sollen, kranke Fische badeten darin, wie die kranken Menschen im Wasser drunten zu baden pflegten. In dem Hafen wurde etwas Fischerei betrieben; doch diente er noch weit mehr solchen Spaziergängern zum Tummelplatz, die nachts, namentlich um die Zeit der Fluthöhe, eifrig aufs Meer hinausspähten. Kleine Kaufleute ohne Geschäft kamen oft auf eine unerklärliche Weise zu großem Vermögen, und es war merkwürdig, daß in der ganzen Nachbarschaft niemand den Laternenanzünder ausstehen konnte.
    Es wurde Nachmittag, und die Luft, die mitunter so klar gewesen war, daß man die französische Küste sehen konnte, füllte sich aufs neue mit Dunst und Nebel. Auch Mr. Lorrys Gedanken schienen sich zu umwölken. Als er nach Einbruch der Dunkelheit neben dem Kamin des Kaffeezimmers saß und wie am Morgen auf das Frühstück so jetzt auf die Hauptmahlzeit wartete, beschäftigte sich sein Geist emsig damit, in den rotglühenden Kohlen zu graben und zu graben und zu graben.
    Eine Flasche guten Rotweins nach dem Essen konnte einem Kohlengräber bei so heißer Arbeit nicht schaden, weil sie höchstens dazu diente, ihm das Geschäft ein wenig zu verleiden. Mr. Lorry war schon geraume Zeit müßig gewesen und hatte eben mit einer so vollkommen befriedigten Miene, wie man
sie nur bei einem ältlichen Gentleman mit frischer Gesichtsfarbe am Schluß einer Flasche finden kann, das letzte Glas eingeschenkt, als sich von der engen Straße her das Gerassel eines Wagens vernehmen ließ, der bald darauf in den Hof des Gasthauses einfuhr.
    Er setzte das Glas unberührt wieder auf den Tisch und sagte zu sich selber: ›Das ist die Mamsell.‹
    Einige Minuten später trat der Kellner ein, um zu melden, daß Miß Manette von London angelangt sei und sich darauf freue, den Gentleman von Tellsons zu empfangen.
    »Schon?«
    Miß Manette hatte unterwegs einige Erfrischungen zu sich genommen und brauchte für den Augenblick nichts, brannte aber vor Begier, den Gentleman von Tellsons sogleich bei sich zu sehen, wofern es ihm gelegen und nicht unangenehm sei.
    So blieb dem Gentleman von Tellsons keine andere Wahl, als mit einer Miene stumpfer Verzweiflung sein Glas zu leeren, sein wunderliches Flachsperücklein zurechtzurücken und dem Kellner nach Miß Manettes Zimmer zu folgen. Es war ein großes dunkles Gemach mit schwarzen Roßhaarmöbeln und schweren dunkelfarbigen Tischen, so daß man an eine Trauerparade gemahnt wurde. Man hatte die Tische so lange geölt und geölt, bis die zwei hohen Lichter der mittleren Tafel auf jeder Tischplatte düster widerstrahlten, als seien sie tief in das schwarze Mahagoniholz eingesenkt und als könne kein annehmbares Licht von ihnen erlangt werden, ehe sie ausgegraben wären.
    Es war so dunkel, daß Mr. Lorry, der sich durch den abgenutzten türkischen Teppichläufer leiten ließ, schon glaubte, Miß Manette sei für einen Augenblick in das anstoßende Zimmer getreten. Als er aber die zwei hohen Kerzen hinter sich hatte, bemerkte er neben dem Tische zwischen diesem und
dem Kamin, zu seinem Empfang bereit, eine junge Dame von nicht mehr als siebzehn Jahren in einem Reitmantel, die den Reisestrohhut am Bande in der Hand hielt. Seine Augen ruhten auf einer kleinen, schmächtigen, hübschen Figur, einer Fülle goldenen Haars, einem Augenpaar, das dem seinigen mit fragenden Blicken begegnete, und einer Stirn, die die bei solcher Jugend und Glätte befremdliche Eigenschaft besaß, durch Heben und Zusammenziehen der Brauen einen Ausdruck anzunehmen, der nicht gerade ein Anzeichen von Verwirrung, von Staunen, von Unruhe oder auch nur von gespannter Aufmerksamkeit genannt werden konnte, wohl aber etwas von allen diesen vier Affekten in sich faßte. Während nun seine Blicke auf diesem Bilde hafteten, fiel ihm plötzlich die lebhafte Ähnlichkeit mit einem Kinde auf, das er bei einer Fahrt über den Kanal von Dover bei kaltem Hagelwetter und hochgehender See in den Armen gehabt hatte. Die Erinnerung war jedoch nur flüchtig und einem Hauche auf der Oberfläche des einzigen Pfeilerspiegels ähnlich, auf dessen Rahmen eine Spitalprozession von verkrüppelten und kopflosen schwarzen Genien einer Versammlung von schwarzen weiblichen Gottheiten in schwarzen Körben Früchte vom Toten Meer darbrachte. Er machte Miß

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