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Eine Geschichte der Welt in 100 Objekten

Eine Geschichte der Welt in 100 Objekten

Titel: Eine Geschichte der Welt in 100 Objekten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neil MacGregor
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ihren Platz fanden. Töpferwaren stellten natürlich nur einen Teil des florierenden Import-Export-Handels dar, der Kilwa reich machte – aber da sie zu den härtesten und beständigsten Produkten gehörten, blieben sie als Beweisstücke erhalten. Auch Baumwolle aus Indien – ein Handelszweig, der bis heute besteht –, chinesische Seide, Glas, Juwelen und Kosmetik wurden angeliefert. Ein weiterer portugiesischer Besucher zeichnet ein Bild des reichen Austauschs, der in Häfen wie Kilwa stattfand:
    «Es gibt bei den Mauren und den anderen Heiden Indiens bedeutende Kaufleute, die mit Stoffen, Gold, Elfenbein und verschiedenen anderen Waren handeln. Und in ihren Hafen kommen jedes Jahr viele Schiffe mit Warenladungen, die sie mit großen Mengen an Gold, Elfenbein und Wachs beliefern.»
    Exporte aus Afrika enthielten Eisenbarren, die in Indien sehr gefragt waren, Nutzholz, das im Golf zum Bauen gebraucht wurde, Horn von Rhinozerossen, Schildkrötenpanzer, Leopardenfelle und natürlich Gold und Sklaven. Vieles reiste über riesige Entfernungen aus dem Landesinneren Afrikas an; Gold zum Beispiel kam aus dem weit im Süden gelegenen Simbabwe. Es war der Handel über Kilwa, der Simbabwe vor 800 Jahren zu einem so reichen und mächtigen Königreich hatte werden lassen, dass es in der Lage war, als Hauptstadt jenes herausragende und geheimnisvolle Kulturdenkmal, Groß-Simbabwe, zu errichten.
    Dieser ganze Handel machte Kilwa sehr reich, aber er veränderte die Stadt nicht nur in materieller Hinsicht. Da die Ozeanwinde während einer Jahreshälfte in nordöstlicher Richtung und während der anderen in südwestlicher Richtung wehten, gestaltete sich der Handel nach bestimmten jährlichen Rhythmen, und die Kaufleute aus den Golfländern und aus Indien mussten für gewöhnlich monatelang auf den Wind warten, der sie wieder heimwärts brachte. In diesenMonaten mischten sie sich zwangsläufig unter die einheimische afrikanische Bevölkerung – und veränderten diese. Nach einiger Zeit konvertierten die Küstenstädte durch den Einfluss der arabischen Händler zum Islam. Arabische und persische Worte wurden Teil der heimischen Bantusprache, wodurch eine neue Verkehrssprache, Swahili, entstand. Das Ergebnis war eine beachtliche Kulturgemeinschaft, die sich über die Küstenstädte von Somalia bis nach Tansania, von Mogadischu bis Kilwa erstreckte – eine Art von Swahili-Streifen, dem Glauben nach islamisch und kosmopolitisch in der Anschauung. Aber das Herz der Swahili-Kultur bleibt ohne Frage afrikanisch, wie der Historiker Professor Bertram Mapunda erläutert:
    «Wir wissen, dass diese Einwanderer nach Ostafrika kamen, weil der Handel sie anzog. Weil die Einheimischen ihr Kommen herbeigeführt hatten, entstand später die Swahili-Kultur. Deshalb ist es nicht richtig zu sagen: ‹Das ist etwas, das von außen herangetragen wurde›, denn wir wissen, dass es Einheimische gab, die diese Entwicklung in Gang gesetzt haben, und von da an kamen die Menschen von außerhalb und waren interessiert.»
    Die letzte Tonscherbe unterstreicht diesen Punkt sehr gut. Es handelt sich um ein braunes Stück gebrannten Tons mit grober, aufgesetzter Verzierung. Solches Geschirr wurde für den täglichen Gebrauch hergestellt; die Tonerde stammt aus der Region, und die Fertigung trägt deutlich afrikanische Züge. Das zeigt, dass die afrikanischen Einwohner Kilwas ausländische Keramik zwar schätzten und eifrig sammelten, zum Kochen aber – wie das bei den meisten Menschen der Fall ist – ihr eigenes traditionelles Geschirr auf die gewohnte Weise zum Einsatz brachten. Solche Gefäße berichten auch darüber, dass die Afrikaner selbst über den Indischen Ozean segelten und Handel trieben, denn Fragmente wie diese wurden in einigen Häfen des Mittleren Ostens gefunden. Aus anderen Quellen wissen wir, dass afrikanische Kaufleute mit Indien Waren tauschten und dass die Städte des Swahili-Streifens ihre eigenen Gesandten an den chinesischen Hof schickten. Für gewöhnlich einen Meere die Menschen, die an ihren Küsten leben also mehr, als dass sie sie voneinander trennen. Wie das Mittelmeer schuf der Indische Ozean eine riesige, vernetzte Welt, in der die lokale Geschichte wahrscheinlich immer zugleich eine interkontinentale ist.

Teil XIII
Statussymbole
1100–1500 n. Chr.
    Wenngleich der Schwarze
Tod und die Mongolenstürme in Asien und
Europa Chaos heraufbeschworen, so waren diese
vier Jahrhunderte doch auch eine Zeit, in der die Menschen
vieles

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