Eine Geschichte der Welt in 100 Objekten
Beschreibung der Sklaveninstrumente und erklärte, warum sie letztendlich auf Jamaika ver boten wurden:
«Früher durften die Sklaven während ihrer Feste nach Belieben Trompete spielen und Trommeln benutzen, die aus einem ausgehöhlten Baumstamm gemacht wurden … Aber da diese in ihrer Heimat in Kriegen eingesetzt wurden, befürchtete man, sie könnten die Sklaven allzu sehr zur Rebellion anstacheln, weshalb sie von den Zollbehörden der Insel verboten wurden.»
Möglicherweise wurde unsere Akan-Trommel im Rahmen dieses Verbots auf einer der Plantagen der Insel konfisziert. Sie ist nur knapp 40 Zentimeter hoch, und ihr Korpus, der auf einem schmalen Sockel ruht, ist rundum mit Schnitzmustern verziert. Interessanterweise besteht die Bespannung aus Hirschleder, das höchstwahrscheinlich nordamerikanischen Ursprungs ist und möglicherweise im Tauschhandel mit einem amerikanischen Ureinwohner erworben wurde. Die schwierigen Beziehungen zwischen afrikanischstämmigen Amerikanern und amerikanischen Ureinwohnern finden selten Beachtung, und doch waren solche Kontakte bis hin zu Eheschließungen keineswegs eine Seltenheit. Es gab sogar amerikanische Ureinwohner, die eigene Sklaven indianischer wie afrikanischer Herkunft hatten. Dieser Aspekt der Geschichte ist wenig bekannt, aber er liefert möglicherweise eine weitere Antwort auf die Frage, warum dieses Instrument im 18. Jahrhundert für eine «Indianertrommel» gehalten wurde.
Die Geschichte unserer Trommel ist eine Geschichte der Emigration: die Geschichte von versklavten Afrikanern, die nach Amerika verschleppt wurden, von amerikanischen Ureinwohnern, die durch die Ausbreitung der Sklavenplantagen immer weiter Richtung Westen gedrängt wurden, und von der Trommel selbst, die von Afrika nach Virginia und in ihrem jüngsten Lebensabschnitt schließlich nach London gebracht wurde. Und hier ist etwas Bemerkenswertes geschehen:Wie die Tommel sind nun auch die Kinder der Sklaven nach England gekommen. Viele Nachfahren der Menschen, die vom Sklavenhandel betroffen oder in diesen verwickelt waren – Briten, Westafrikaner und Afrokariben –, leben heute in dieser kosmopolitischen Stadt zusammen. Unsere Akan-Trommel ist eine typische Londonerin des 21. Jahrhunderts geworden. Bonnie Greer, afroamerikanische Dramatikerin und Kuratorin am Britischen Museum mit Wohnsitz in London, erzählt:
«Die Trommel verkörpert in meinen Augen das Reisen zwischen den Kontinenten. Ich habe den Atlantik überquert, um hierher zu kommen, und genau das hat auch die Trommel getan. Darum versinnbildlicht sie für mich die Atlantiküberquerung meiner Vorfahren und der Vorfahren von sehr vielen anderen Schwarzen in England.
Als Mensch mit afrikanischen und auch indianischen Wurzeln sehe ich die Trommel als Symbol für diese beiden Linien in mir und in vielen anderen Afroamerikanern und auch in vielen Leuten aus der Karibik … und ich sage immer, dass solche Objekte für uns, die wir mit Gewalt aus unserer Heimat verschleppt wurden, deshalb so wichtig sind, weil sie uns auf unserer Reise begleitet haben. Sie sind geworden, was wir geworden sind, und sie sind mit uns hierher gekommen, und sie leben und gedeihen hier mit uns. Und weil wir ein Teil des Objekts sind und das Objekt ein Teil von uns ist, ist es hier am richtigen Ort.»
Die Trommel ist ein Zeugnis vieler Dialoge. Unser nächstes Objekt bezeugt keine wie auch immer gearteten Dialoge, nur Missverständnisse. Es stammt vom anderen Ende der Welt, und James Cook hat es von dort mitgebracht. Es ist stumm und legt doch sehr beredtes Zeugnis vom Kampf der Kulturen ab.
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Hawaiianischer Federhelm
Federhelm, aus Hawaii, USA
1700–1800 n. Chr.
Im Jahr 1778 befuhr Kapitän James Cook auf der HMS
Resolution
den Pazifik, in der Hoffnung die Nordwestpassage zu finden, einen Seeweg nördlich von Kanada also, der den Atlantischen mit dem Pazifischen Ozean verband. Zwar fand er die Nordwestpassage nicht, aber immerhin zeichnete er die Karte des Pazifischen Ozeans neu. Er kartographierte Küstenlinien und Inseln und sammelte Pflanzen und Tiere.
Ende des Jahres 1778 landete er mit seiner Mannschaft auf Hawaii, wohin er im Februar 1779 noch einmal zurückkehrte. Wir haben keine Vorstellung davon, was die Bewohner der Insel von diesen europäischen Seefahrern hielten, denn es waren seit 500 Jahren die ersten Fremden, die die Insel betraten. Für wen oder was die Insulaner Cook auch immer halten mochten, jedenfalls wurde er vom König mit einer
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