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Eine Geschichte von Liebe und Feuer

Eine Geschichte von Liebe und Feuer

Titel: Eine Geschichte von Liebe und Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Victoria Hislop
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und sie beide besuchen.
    Gemeinsam schwiegen sie einige Minuten. Sie brauchten diese Zeit, um sich noch einmal an all die Geschehnisse in der Vergangenheit zu erinnern. Dann begann der Priester mit der Zeremonie.
    Zum ersten Mal seit zehn Jahren herrschte Frieden im Land. Etwa eine Million Menschen waren während der Besatzung und im Bürgerkrieg gestorben. Hunderte Dörfer waren niedergebrannt und Tausende obdachlos geworden, aber für Katerina und Dimitri bedeutete dieser Tag den Neuanfang.

30
    I nnerhalb der Regierung gab es immer noch starke Vorbehalte gegen Kommunisten, aber Katerina, Dimitri und der kleine Theodoris konnten relativ unbehelligt ein halbwegs normales Leben führen. Kleider wurden nun zunehmend industriell hergestellt, und obwohl Katerina gelegentlich noch ein Brautkleid schneiderte, war sie froh, das Modegewerbe aufzugeben und etwas Neues anzufangen. Gemeinsam mit Dimitri gründete sie eine Firma, die sie »Möbel für die moderne Zeit« nannten. Sie engagierten einen Schreiner und stellten selbst Stühle und Polstermöbel her, die Katerina mit den neuen, abwaschbaren synthetischen Stoffen bezog.
    Im Jahr darauf wurde sie wieder schwanger, und als das Baby geboren war, gaben sie ihm den Namen von Dimitris Mutter. Sechs Monate später wurden beide Kinder getauft. Sie sollten im Kreis von Menschen aufwachsen, die sie vorbehaltlos liebten.
    Der Tod ihres Mannes hatte Olga erlöst. Ein Arzt hatte nach all den Jahren festgestellt, dass sie nach Dimitris Geburt an einer postnatalen Depression gelitten hatte, die nie behandelt wurde. Ihre zwanghaften Ängste hatten sich manifestiert, und es war klar, dass sie sich nach so langer Zeit nicht mehr vollständig davon würde befreien können. Dennoch war sie nun in der Lage, wenigstens gelegentlich einen Besuch in der Irinistraße zu machen. Was ihre Enkelkinder anbetraf, so überschüttete sie die beiden sogar mit noch mehr Liebe, als es bei griechischen Großmüttern ohnehin üblich war. Jeden Tag nach der Schule gingen Theodoris und Olga in die Nikistraße, wo Pavlina sie mit frisch gebackenem Kuchen und Plätzchen verwöhnte. Die alte Haushälterin war inzwischen zu gebrechlich, um in die Irinistraße zu kommen, aber bis zu dem Tag, an dem sie im Alter von fünfundneunzig Jahren starb, bereitete sie für die Kinder Köstlichkeiten zu. Bei ihrem Begräbnis sahen Theodoris und Olga zum ersten Mal die Erwachsenen weinen. Pavlina war ein Teil ihres Lebens gewesen.
    Die beiden Kinder standen auch ihrer anderen Großmutter, Eugenia, sehr nahe, und es war ihnen nie erklärt worden, dass sie nicht ihre leibliche Großmutter war. Da die Eltern den ganzen Tag arbeiteten, führte die alte Frau den Haushalt und kümmerte sich um alles. Gelegentlich verbrachte sie ein paar Wochen bei Sofia und Maria, die inzwischen zusammen neun Kinder hatten, war aber immer froh, in die relative Stille der Irinistraße zurückzukehren.
    An Sonntagen besuchte die ganze Familie, einschließlich der Großmütter, ihr Lieblingscafé an der Seepromenade. Die Kinder bekamen Eiscreme, was ihnen nur einmal in der Woche erlaubt wurde, und die Frauen aßen bougatsa , kleine Blätterteigtaschen mit Vanillecreme.
    Dimitris und Katerinas Geschäft begann zu florieren. Überall in der Stadt wurden Apartmenthäuser gebaut, und Tausende Familien zogen in komfortablere Wohnungen. Viele hatten zum ersten Mal ein Badezimmer mit fließendem Wasser und eine modern eingerichtete Küche. Der neue Lebensstil verlangte nach neuen Einrichtungen, und sie hatten Mühe, mit den Aufträgen Schritt zu halten.
    Kurz vor Ostern 1962 erhielt Katerina einen Brief aus Athen. Die Handschrift war ihr nicht vertraut. Er kam von Artemis, ihrer Schwester, und teilte den Tod ihrer Mutter mit. Das Schlimmste für Katerina war, dass sie nicht weinen konnte. Sie hatte fast überhaupt keine Erinnerung mehr an Zenia, und ihre Schwester war eine vollkommen Fremde für sie. Sie schickte natürlich einen Beileidsbrief und kündigte an, zum Gedenkgottesdienst zu kommen, der vierzig Tage nach Zenias Tod stattfinden sollte.
    Dieses Versprechen konnte sie leider nicht halten. Nur zwei Wochen später wurde Eugenia krank und starb im Lauf einer Woche an Lungenentzündung. Der ganzen Familie fiel es schwer, sich mit dem unerwarteten Todesfall abzufinden, und vor allem Katerina war tief getroffen. Es war ein viel

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