Eine Geschichte von Liebe und Feuer
Sohn. Es war ein unpassender Moment für solche Neuigkeiten, aber Konstantinos verspürte groÃe Genugtuung, als er verkünden konnte, dass es jetzt einen Erben für das Geschäft gab.
Leonidas mochte seine Schwägerin sehr gern, und wenn er einen Besuch in der NikistraÃe machte, dann eher, um Olga zu treffen, als wegen seines Bruders. Falls er je heiraten sollte, dann eine Frau, die genauso schön und gelassen heiter war wie sie. Manchmal fragte er sich, ob ein so kalter Mensch wie Konstantinos eine solche Frau überhaupt verdiente, und er versuchte, nicht daran zu denken, was geschehen wäre, wenn er Olga zuerst kennengelernt hätte.
»Das ist groÃartig«, sagte er. »Bist du sicher, dass du nicht bei ihr sein solltest?«
»Alles zu seiner Zeit«, antwortete Konstantinos.
Der Rauch wurde dichter, als sie in Richtung Norden hasteten, und Konstantinos blieb stehen, um sich ein Seiden taschentuch vors Gesicht zu binden, das ihn vor den herumwirbelnden Aschepartikeln schützte. Als sie auf die HauptstraÃe einbogen, kam eine groÃe Menschenmenge auf sie zu. Viele von ihnen kämpften mit dem Gewicht ihrer Habseligkeiten, mit Schränken, Spiegeln und Matratzen â sperrigen Gegenständen, für die sie gespart und geknausert hatten und die viel zu kostbar waren, um zurückgelassen zu werden. Alle Träger der Stadt waren herbeigeströmt, um von dem Desaster zu profitieren, und ihre Handkarren, auf denen sich der kunterbunte Besitz der Leute türmte, versperrten die StraÃen.
Am Horizont, immer noch in einiger Entfernung, sah Konstantinos den unverkennbar bösen Schein der Flammen, die in den Himmel hinaufzüngelten.
»Glaubst du mir jetzt?«, fragte Leonidas atemlos und blieb hustend stehen.
»Wir müssen schnell zum Verkaufsraum zurück«, erwiderte Konstantinos mit vor Angst schwacher Stimme. »Und wir brauchen so viele Träger wie möglich.«
Doch dafür war es schon zu spät. Alle kräftigen Männer, die ihre Dienste anbieten könnten, waren bereits vergeben. Die beiden Brüder erkannten, dass sie auf sich allein gestellt waren. Tasos war der Einzige, der ihnen helfen konnte. Im Laufschritt kehrten sie zum Verkaufsraum zurück.
»Ich schätze, wir haben bloà noch ein paar Stunden, wenn sie es nicht bald unter Kontrolle kriegen«, sagte Leonidas über die Schulter hinweg.
Konstantinos versuchte, mit seinem Bruder, der einen Kopf gröÃer und wesentlich sportlicher war, Schritt zu halten. Er antwortete mit einem Ãchzen. Es war mindestens zwanzig Jahre her, dass er irgendwohin gerannt war, und seine Lungen brannten. Doch der Gedanke, sein Lager zu verlieren, spornte ihn an, und zehn Minuten später waren sie im Verkaufsgebäude und erklärten Tasos, was getan werden musste.
»Ich suche die wertvollsten Stoffe aus«, sagte der ältere Bruder, »damit du und Leonidas sie als Erstes wegschaffen könnt! Macht einen Stapel an der Tür, dann bringen wir sie, eine Karrenladung nach der anderen, zur EgnatiastraÃe rüber. Es sollten jedes Mal dreiÃig Ballen darauf passen.«
Die EgnatiastraÃe war der groÃe Boulevard, der in west-östlicher Richtung durch die Stadt verlief.
»Es besteht keine Gefahr, dass das Feuer dorthin überspringt, also ist alles in Sicherheit, was wir auf die Südseite schaffen können«, sagte Leonidas.
Die drei Männer machten sich an die Arbeit. Zum ersten Mal seit zehn Jahren kletterte Konstantinos Leitern hinauf, wuchtete Stoffballen heraus und lieà sie zu Boden fallen. Leonidas schleppte sie vors Gebäude, wo Tasos sie auf seinen Karren lud. Als die erste Ladung fertig war, schoben Leonidas und Tasos den Karren die StraÃe hinunter. Fünf Minuten spä ter luden sie die Ballen vor dem Geschäft eines Kunden ab.
»Würden Sie das für uns im Auge behalten?«, fragte Leonidas den Schneider. »Wir sind gleich wieder zurück.«
Eine weitere Erklärung war nicht nötig. Dutzende anderer Händler luden ihre Waren auf der gegenüberliegenden StraÃenseite ab. Jeder war vom gleichen Gedanken beseelt: Das Feuer würde nicht bis hierher kommen.
Als Leonidas und Tasos zum Verkaufsraum zurückkamen, lagen weitere hundert Stoffballen zum Abtransport in den Gängen bereit.
»Nehmt die purpurne Seide zuerst, dann den roten Samt. Die Wolle als Letztes, aber der ganze Crêpe de Chine muss
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