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Eine Geschichte von Liebe und Feuer

Eine Geschichte von Liebe und Feuer

Titel: Eine Geschichte von Liebe und Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Victoria Hislop
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sich mit ihnen zu treffen. Auch wenn ihre eigenen Ängste sie daran hinderten, in die Irinistraße zu gehen, wollte sie nicht, dass ihr Sohn den Kontakt zu seinen alten Spielkameraden verlor.
    Als er sie nun plötzlich auf der Promenade entdeckte, rannte er zu ihnen hinaus, und Olga beobachtete die Gruppe vom Balkon aus.
    Während sie auf die Menge hinabblickte, die sich entlang der Esplanade bewegte, überkam sie ein überwältigendes Gefühl von Einsamkeit. Ein Teil von ihr sehnte sich danach, auch unter Menschen zu sein, unter all den anderen, die am Wochenende im Sonnenschein spazieren gingen und die berauschende Mischung aus Wärme, leichtem Wind und Licht genossen. Doch das Gefühl, eingesperrt zu sein, nicht nur innerhalb der Mauern des Hauses, sondern in ihrem eigenen Körper, schuf eine unsichtbare Barriere, die sie nicht überwinden konnte.
    Inzwischen war sie überhaupt nicht mehr in der Lage, das Haus zu verlassen. Im Sommer empfand sie die Hitze als zu bedrückend, und im Winter taten ihr wegen der Feuchtigkeit alle Glieder weh. Doch darin erschöpften sich ihre Aus flüchte nicht. Die Wände ihrer prächtigen Villa bildeten einen Käfig, in dem sie sich sicher fühlte. Man brachte ihr Essen, neue Kleider wurden geliefert, der Friseur kam ins Haus, um ihr Haar zu richten, und ihr Sohn ging selbstständig ein und aus und brauchte keinen Rat und keine Hilfe mehr. Seit ihrer Rückkehr aus der Irinistraße war die Außenwelt zu einem angsterfüllten Raum für sie geworden, und ein anfängliches Zögern, vor die Tür zu treten, war zur blanken Panik herangewachsen.
    Auf Konstantinos Komninos hatte Olgas Phobie keinerlei Auswirkungen. Er brachte oft wichtige Kunden zum Abendessen mit, und bei diesen Gelegenheiten zeigte sich Olga immer als tadellose Gastgeberin, sowohl was ihre Kleidung als auch was ihr Auftreten anbelangte. Im Winter trug sie maßgeschneiderte Kleider, die die schwereren Luxusstoffe gut zur Wirkung brachten, auf die Komninos spezialisiert war, im Sommer wurden für die Roben leichtere Materialien gewählt. Wenn ein besonders wichtiger Kunde zu Besuch kam, wurde ein Schneider beauftragt, für diesen Anlass etwas ganz Spezielles anzufertigen. Kam etwa ein französischer Couturier ins Haus, begrüßte ihn Olga in einer Garderobe in Rot-Weiß-Blau. Und Dimitri rezitierte ein französisches Gedicht.
    Olga wandte sich ab, als die Kinder aus ihrem Sichtfeld verschwanden. Sie stellte sich vor, wie sie süße trigona- Kuchen aus der Hand aßen und Limonade dazu tranken, die sie sich beim Straßenverkäufer holten. Genauso, wie sie es als Kind getan hatte. Sie schloss die Fensterläden und zog sich in den abgedunkelten Raum zur Ruhe zurück. Bald würde Dimitri zurückkommen, und sein Gesicht wäre von Sonne und Lachen gerötet.
    Isaac achtete immer darauf, dass auch die Mädchen rechtzeitig heimkamen. Er übernahm für alle die Verantwortung, und Eugenia war froh zu wissen, dass sich der starke, umsichtige Junge für ihre Sicherheit zuständig fühlte. Sofia und Maria waren jetzt vierzehn und fast alt genug, um ohne Begleitung unterwegs zu sein.
    Die Zwillinge wären bald mit der Schule fertig, und für beide stand bereits fest, dass sie nicht in die Fußstapfen ihrer Mutter treten würden. Sie wollten im Freien sein. Zu Eugenias Entsetzen verkündeten sie, dass sie auf den Plantagen arbeiten und Tabakblätter sortieren wollten. Ein Tabakbauer war in der Schule gewesen, um Schüler anzuwerben, und Maria und Sofia hatten sich auf seine Liste setzen lassen.
    Â»Aber warum wollt ihr kein Handwerk lernen?«, beschwor sie ihre Mutter. »Wenn ihr jetzt anfangt, etwas zu lernen, habt ihr mit zwanzig eine fundierte Berufsausbildung. Wollt ihr das denn nicht?«
    Â»Wir möchten nicht den Rest unseres Lebens in einem dunklen Haus sitzen«, antwortete Sofia.
    Â»Wir möchten mit anderen Leuten zusammen sein«, schloss sich Maria an.
    Â»Und man würde uns nach der Menge bezahlen, die wir geschafft haben.«
    Â»Aber das ist doch beim Weben genauso«, sagte Eugenia. »Ich werde für jeden Teppich nach Fertigstellung bezahlt.«
    Â»Aber du brauchst Monate, um einen zu machen!«
    Â»Das heißt nicht, dass ich im Monat nicht mehr verdiene als diese Mädchen fürs Tabaksortieren!«
    Aber wie es schien, hatte jemand gute Arbeit geleistet, um die

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