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Eine Geschichte von Liebe und Feuer

Eine Geschichte von Liebe und Feuer

Titel: Eine Geschichte von Liebe und Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Victoria Hislop
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lesen.«
    Â»Natürlich, meine Süße«, antwortete Eugenia. »Setzen wir uns.«
    Sie holte tief Luft und begann:
    Â»Meine liebste Tochter, ich habe mich so gefreut, all Deine Briefe zu erhalten. Dein Leben scheint so glücklich und zufrieden, und Thessaloniki muss eine wundervolle Stadt sein. Das Leben in Athen ist nicht so leicht. Wir haben sehr wenig Platz, und es ist ein ständiger Kampf, genügend Essen zu beschaffen, um uns alle satt zu machen.«
    Eugenia hielt inne. Sie wusste, was folgen würde.
    Â»Sosehr ich mich auch danach sehne, Dich wiederzusehen, solltest Du es Dir noch einmal überlegen, ob Du wirklich zu uns kommen willst. Bedenke, was Du jetzt hast, und wenn Dein Leben bei lieben Menschen gut ist, solltest Du vielleicht daran festhalten. Was man kennt, ist manchmal viel besser als das, was man nicht kennt.«
    Eugenia blickte auf und sah Tränen in den Augen des Kindes. Ihr entging auch nicht, dass Katerina unwillkürlich über ihren vernarbten Arm strich, eine Geste, die sie immer dann machte, wenn sie nervös oder verängstigt war. Eugenia verstand die Qual der Schreiberin und wusste, was sie ihrem Kind nahebringen wollte. Sie taten ihr beide gleichermaßen leid. Katerina war zu jung, um eine solche Wahl zu treffen, dennoch wurde genau dies von ihr verlangt.
    Noch bevor Eugenia zu Ende gelesen hatte, wurde Katerina plötzlich klar, dass sie gar nicht mehr wusste, wer von diesen beiden Frauen wirklich ihre Mutter war: die Frau, die ihr den Brief vorgelesen, oder die Frau, die ihn geschrieben hatte. Sie behielt den Gedanken für sich, aber der Wunsch, nach Athen zu kommen, der so lange ihr innigstes Ziel gewesen war, verblasste.

1 3
    E ine Weile lang war Traurigkeit Katerinas ständige Begleiterin. Sie war da, wenn sie am Morgen die Augen aufschlug, und wich den ganzen Tag nicht von ihrer Seite, egal, ob sie zur Schule ging oder mit ihren Freunden spielte. Manchmal verfolgte sie sie bis in ihre Träume, und sie wachte tränenüberströmt auf. Aber sie hatte von klein auf gelernt, tapfer zu sein, und war entschlossen, die unliebsame Begleiterin abzuschütteln. Eugenia behielt Katerina sorgsam im Auge und beobachtete erleichtert, dass viele Wochen später allmählich ihr Lächeln zurückkehrte.
    Etwa um die gleiche Zeit, als sie ihren Traum aufgeben musste, ihre Mutter wiederzusehen, verlor sie ihren engsten Spielkameraden. Die Irinistraße war nicht mehr dieselbe ohne Dimitri. Zudem hatten er und seine Mutter – wenn auch aus verschiedenen Gründen – nicht Wort gehalten, sie zu besuchen.
    Auch Dimitri vermisste seine Freunde. Sein neuer Schulweg führte ihn nun in die Gegend hinter dem Weißen Turm und in Richtung der großen Herrenhäuser an der Königin-Olga-Straße. Sie waren mit Türmchen und Kuppeln besetzt, und breit geschwungene Treppen führten zum Eingang hinauf. Wohlhabende Geschäftsleute, die ihren Erfolg zur Schau stellen wollten – wenn auch nicht immer ihren guten Geschmack –, hatten sie in Auftrag gegeben, und ver glichen mit diesen Palästen wirkte selbst das Haus der Komninos bescheiden.
    Am Sonntag schlenderten Katerina, Elias, Isaac und die Zwillinge wieder einmal zum Meer hinunter, und Dimitri entdeckte die alten Freunde, als er aus dem riesigen Salonfenster auf die Promenade hinunterblickte.
    Â»Kann ich eine Weile rausgehen?«, fragte er seine Mutter.
    Â»Aber nur, wenn du zum Abendessen zurück bist«, antwortete sie. »Dein Vater kommt um acht.«
    Ihr Mann hielt sich tagsüber in den Lagerhäusern oder in seinem Büro auf. Er wäre sicher nicht damit einverstanden, aber Olga hatte nichts dagegen, wenn Dimitri eine Pause bei seinem Studienpensum einlegte. Neben einem Dutzend anderer Fächer musste er Französisch, Deutsch und Eng lisch lernen, weil sein Vater vor allem auf die flüssige Beherrschung von Fremdsprachen großen Wert legte.
    Â»Wenn wir unser Geschäft voranbringen wollen, Dimitri, sind das die Sprachen, die du lernen musst. Wir orientieren uns jetzt ganz nach Europa und Amerika. Kaufen im Osten und verkaufen im Westen. Auf die Art werden wir ein Vermögen machen.«
    Olga fragte sich manchmal, was er damit meinte. Wie viel Vermögen wollte er denn noch anhäufen?
    Bald nach ihrer Rückkehr in das neu errichtete Haus merkte Olga, wie sehr Dimitri die Gesellschaft seiner alten Freunde vermisste, und sie ermutigte ihn,

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