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Eine Geschichte von Liebe und Feuer

Eine Geschichte von Liebe und Feuer

Titel: Eine Geschichte von Liebe und Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Victoria Hislop
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hochwertige Arbeiten und wesentlich mehr wert, als die Leute dafür bezahlten, aber bei ihrer Rückkehr war ihre Tasche leer und ihre Börse gefüllt. So trug Katerinas Talent dazu bei, dass sie nie Hunger leiden mussten.
    In dem Streit mit den Zwillingen hatte Eugenia verloren. Die beiden arbeiteten bereits in der Tabakfabrik am Rand der Stadt und waren glücklich mit ihrem Job. Er war anstrengend, hielt sie von sieben Uhr morgens bis vier Uhr nachmittags auf Trab, und wenn ihr Vorarbeiter von der Schnelligkeit und Qualität ihrer Arbeit beeindruckt war, bekamen sie einen Bonus. Sofia erhielt am Zahltag oft ein paar zusätzliche Münzen, obwohl sie nicht besser sortierte als alle anderen Frauen. Maria führte dies darauf zurück, dass sie gern mit ihrem Vorgesetzten flirtete, hütete sich aber, etwas zu sagen, weil sie wusste, wie scharf ihr die Schwester über den Mund fahren würde.
    Das Leben in der Irinistraße 5 war sehr still geworden ohne die Zwillinge. Eugenia machte sich Sorgen, weil sie nun so weit entfernt wohnten, und über die Art ihrer Arbeit war sie immer noch nicht glücklich. Aber wenigstens hatte sie die Gewissheit, dass Katerina nicht in die Fußstapfen der beiden treten würde. Mit ihrem außerordentlichen Talent würde sie einen anderen Weg einschlagen.
    Â»Eugenia«, sagte Roza eine Tages, »Saul meint, sobald Katerina mit der Schule fertig ist, könnte sie gern zu ihm kommen. Elias hat letzte Woche angefangen, und es wäre schön, noch einen Lehrling im Betrieb zu haben.«
    Â»Ich denke, das dauert nicht mehr lange. Es ist genau das, was sie will.«
    Â»Er ist schon ganz gespannt zu sehen, wie sich ihr Können in der Schneiderei einsetzen lässt. Er setzt große Hoffnungen in sie.«
    Â»Sollen wir später mit ihr darüber reden?«
    Am Abend trugen die beiden Frauen ihren Vorschlag vor. Katerina machte einen Freudensprung bei der Vorstellung, die Schule schon bald hinter sich lassen zu können. Die Mathematikstunden hielt sie ja noch für nützlich, weil man beim Sticken und Schneidern immer Berechnungen anstellen musste, aber alle anderen Fächer wie Biologie, Geschichte und Geografie langweilten sie schrecklich. Was dies mit ihrem Leben zu tun haben könnte, hatte sie nie verstanden.
    Am Tag darauf gingen die drei ins Atelier der Morenos in der Filipposstraße, das nur fünfzehn Minuten zu Fuß von der Irinistraße entfernt lag. Saul Moreno begrüßte sie in der Eingangshalle.
    Â»Meine Damen, herzlich willkommen!«, sagte er überschwänglich.
    Das Atelier war wie eine Schule angelegt, mit großen Räumen, die zu beiden Seiten eines Korridors abgingen. Als Erstes kam der Ausstellungsraum, wo Stoffe ausgelegt und verschiedene Arten von Herrenanzügen über Schneiderpuppen drapiert waren. In der Ecke sahen sie Isaac ins Gespräch mit einem Kunden vertieft, er hielt Stoffbahnen ans Licht und half dem älteren Herrn bei der Auswahl.
    Im nächsten Raum hingen wie in einer Bildergalerie Modezeichnungen an der Wand, die Katerina interessiert begut achtete. Jedes dargestellte Kleid wurde hier auf Maß geschnei dert und passte sich vollkommen der Figur der Trägerin an.
    Â»Hierher kommt unsere weibliche Kundschaft, um sich die Modelle anzusehen und Maß nehmen zu lassen, aber oft wollen sie noch etwas ganz Individuelles. Wir können aus jedem Kleidungsstück etwas Einzigartiges machen, sei es beim Perlenbesatz, der Spitze oder einer speziellen Kragenform. Wir sind für zwei Dinge bekannt, Katerina: für unsere Qualität und für unsere Detailarbeit. Beide sind immer absolut perfekt.«
    Vor einer einzelnen, mit Scheinwerfern beleuchteten Kleiderpuppe blieben Katerina und Eugenia staunend stehen. Das Brautkleid daran war so umwerfend schön, dass es für kein menschliches Wesen bestimmt zu sein schien.
    Es war lang und gerade geschnitten, wie es der neuesten Mode entsprach, und der Crêpe de Chine in einem erlesenen, blassen Cremeton. Das Mieder war über und über mit winzigen Perlen bestickt, und die gleichen Perlen zierten den Saum. Um die Schultern bauschte sich ein Cape aus zarter Gaze, das mit Schnüren aus noch feineren Perlen durchzogen war. Man glaubte, das Kleid einer Fee vor sich zu haben, und ohne die Perlen, die ihm Gewicht verliehen, wäre es vermutlich im Wind fortgeschwebt. Wahrscheinlich gab es keine Braut, die schön genug gewesen

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