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Eine glückliche Ehe

Eine glückliche Ehe

Titel: Eine glückliche Ehe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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der Vater«, sagte Wegener heiser vor Ergriffenheit. Er beugte sich über Irmi und den kleinen Peter und blickte auf das winzige Gesicht, das ein einziges Saugen war. Irmi hatte eine Hand unter ihre Brust geschoben und stützte sie. »Tut es auch nicht weh?« fragte er.
    »Es ist wunderbar«, sagte sie und schloß die Augen. Sie sprach wie aus einer fernen Welt. »Es ist so wunderbar, Hellmuth … Ich spüre es im ganzen Körper. Unser Kind …«
    Fünf Minuten später trat Professor Goldstein ein. Frau Viernisch blieb sitzen, nicht aus Unhöflichkeit, sondern weil sie müde war. Sie hatte in der Nacht vier Kinder geholt, was man eigentlich mit echtem Bohnenkaffee belohnen sollte. Außerdem gab es genug gute Ärzte, aber gute Hebammen waren selten. Goldstein nahm es ihr auch nicht übel, er nickte ihr zu und betrachtete Mutter und Kind in ihrer glückhaften Verschmelzung. Erst dann nahm er Wegener zur Kenntnis.
    »Sie sind noch immer da, Herr Kollege? Sie haben ein Durchstehvermögen! Ich habe immerhin drei Stunden geschlafen! Wie ich sehe, alles in Ordnung!« Er betrachtete das Krankenblatt: Fieberkurve, Puls, postoperativ gegebene Medikamente. Jetzt kam auch die nette Schwester ins Zimmer und erklärte mit zwei Sätzen den Wechsel der Zellstofflagen zwischen den Schenkeln.
    »Schmerzen?« fragte Goldstein. Irmi schüttelte den Kopf. »Na, bestens! Mit sechsundzwanzig Jahren das erste Kind, das geht meist gut. Der liebe Gott hätte Ihnen nur ein dehnbareres Becken mitgeben sollen.«
    »Das kommt vom Sport, Herr Professor.« Irmi drückte ihre Brust. Der Kleine schmatzte laut. »Ich habe viel Leichtathletik getrieben. Damals, beim BdM … Ich war sogar Sportwartin.«
    Wegener schielte zu Goldstein hinüber. Wie faßte er das jetzt auf, dachte er. Er ist Jude. Man hat seine ganze Verwandtschaft umgebracht, nur er konnte flüchten. Was sagt er jetzt darauf?
    »Ich weiß.« Prof. Goldstein lächelte väterlich. »Ihr Hausarzt, Dr. Hampel, hat mir das alles erzählt, er ahnte schon so etwas! Der Sport! Sport hält gesund! Aber das gilt nur bedingt, wie so manche Lebensweisheit. Bei den Frauen verhärten sich die Muskeln, was zu Geburtskomplikationen führt, und bei den Männern … na, Herr Kollege, Sie wissen das ja!« Er wandte sich an Hellmuth Wegener. »Was ich an Sportherzen gesehen habe, drüben in den USA, an Bandscheibenschäden, alles bei umjubelten Hochleistungssportlern – eine Katastrophe! Medizinisch sind die Helden der Arena nur noch Krüppel! Nichts gegen ein vernünftiges körperliches Training – aber der Mensch neigt ja dazu, immer zu übertreiben. Erfolge paralysieren.«
    Wegener nickte. Hier war der Hieb! Ganz kurz, ganz trocken … und wahr. Professor Goldstein schlug vorsichtig die Decke zurück, um den trinkenden Kleinen nicht zu stören, betrachtete den Verband und tastete mit seinen sensiblen Fingern Irmis Unterleib ab. Dann deckte er sie wieder zu.
    »Keine Spannungen, alles sehr gut weich. Hervorragend. Schwester, zur Prophylaxe geben wir noch 200.000 IE Penicillin i.v. mit einem Glukosetropf.« Und zu Wegener: »Einverstanden, Herr Kollege?«
    »Selbstverständlich, Herr Professor.« Schweiß trat auf Wegeners Stirn. Jetzt bloß keine Unterhaltung über die Nachbehandlung von Kaiserschnittoperationen! Was er wußte, waren zwei mögliche Komplikationen: eine Infektion und eine Thrombose. Darüber ließ sich mit Allgemeinphrasen reden, ohne ins Detail zu gehen.
    Aber Goldstein schien wenig Zeit zu haben. Er streichelte Irmi über das glückliche Gesicht, tippte dem schmatzenden Peter auf das Köpfchen und nickte Wegener kollegial zu. »Sie sollten jetzt eine Mütze voll Schlaf nehmen«, sagte er an der Tür. »Ihre Frau wird auch etwas schlafen. Am Nachmittag ist die Welt wieder richtig rund. Guten Morgen, Herr Kollege!«
    »Guten Morgen, Herr Professor!«
    Wegener war hier wirklich überflüssig, er sah es ein. Um so mehr gab es für ihn außerhalb des Krankenhauses zu tun. Mit Hilfe von Frau Viernisch wechselte Peter von der linken zur rechten Brust, Irmi wurde schläfrig, ihre Lider klappten jetzt öfter zu.
    »Ich komme am Nachmittag wieder«, sagte er.
    Irmi nickte. Sie war jetzt sehr müde. Was der Kleine aus ihr wegtrank, war die letzte Reserve ihrer Kraft. Frau Viernisch winkte. Hauen Sie ab, hieß das.
    Als Wegener leise das Zimmer verließ, schlief Irmi schon. Frau Viernisch hockte auf der Bettkante, hielt das Kind fest und unterstützte mit der anderen Hand Irmis weiße, schöne,

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