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Eine glückliche Ehe

Eine glückliche Ehe

Titel: Eine glückliche Ehe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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kann man nur sein Gewissen töten, dachte er. Wie kann man diese verfluchte Anständigkeit besiegen? Es muß doch ein Mittel geben, vergessen zu können, wer man wirklich ist! Vielleicht ist der Name Peter für den Jungen ein großer Fehler, sicherlich ist er der allergrößte, das hab' ich nicht genau überlegt. Ein ganzes Leben lang wird man jetzt daran erinnert, jede Sekunde, wenn man den Jungen sieht, wenn man ihn ruft, wenn man an ihn schreibt, immer, immer wieder … Der Peter Hasslick ist nicht mehr wegzujagen, ist eingepflanzt in alles, was Irmi und ich tun. Es wird keinen Tag, keinen Gedanken mehr ohne ihn geben. Aber jetzt ist es geschehen. Jetzt ist es unmöglich geworden, den Jungen anders zu nennen. Wie sollte ich denn das erklären?!
    »Ich habe trotzdem Durst«, sagte Irmi leise. »Furchtbaren Durst. Die Lippen, der Mund, alles brennt. Ich muß schrecklich aussehen, nicht wahr, Liebling? Aufgequollen, häßlich …« Sie leckte mit der trockenen heißen Zunge über die Lippen. »Alles ist wie Sandpapier. Nur ein paar Tropfen, Hellmuth. Bitte!«
    Er befreite sich aus ihrem Griff, stand auf und sah sich um. Auf dem Nachttisch stand eine runde Glasdose mit Mulltupfern. Er holte mit Daumen und Zeigefinger einen Tupfer heraus, ging damit zum Waschbecken in der Ecke des Zimmers, machte den Tupfer naß, preßte ihn aus und kam zu Irmi zurück.
    »Ich lege ihn nur drauf!« sagte er. »Wehe, wenn du ihn aussaugst!«
    Er legte den nassen Mulltupfer auf ihren Mund, hielt ihn fest und achtete darauf, daß sie ihn nicht mit den Lippen auspreßte.
    Sie war gehorsam, lächelte ihn mit den Augen dankbar an, und so ging er in den nächsten Minuten ein paarmal zwischen Bett und Waschbecken hin und her, näßte den Tupfer durch, rieb damit ihre aufgesprungenen Lippen ab, ihre Schläfen, die Augenhöhlen, die Halsbeugen und die kleine Kuhle unter ihrer Kehle, und das war so schön für sie, daß sie plötzlich wieder seine Hand nahm und sie küßte.
    »Du bist so lieb, Hellmuth«, sagte sie leise. »So lieb …« Sie preßte seine Hand gegen ihren Mund und sprach in seine Handfläche hinein. »Was wird nun aus Vater?«
    Vor dieser Frage hatte er Angst gehabt. Aber sie mußte ja kommen. Neben der Geburt stand ja bei ihnen der Tod. Er zog die Unterlippe durch die Zähne und blickte über Irmis Kopf hinweg gegen die grünlichweiße Ölwand des Zimmers.
    »Ich … ich muß noch zur Staatsanwaltschaft«, sagte er stockend. »Zur Kriminalpolizei, wer weiß, wohin noch?! Diese Behördenrennerei ist das schlimmste. Aber daran solltest du jetzt nicht denken, Irmchen.«
    Die Tür klappte auf. Gott sei Dank, dachte Wegener. Die Schwester kommt endlich. Das lenkt sie ab. Und dann wird das Kind gebracht, und vielleicht kommt auch noch Professor Goldstein, sicherlich kommt er noch, wir sind ja Privatpatienten, und wenn sie erst das Kind bei sich hat, wird sie an nichts anderes mehr denken. Nur wenn ich sie wieder allein lassen muß, um mit der Behördenlauferei anzufangen, wird sie Zeit zum Grübeln haben. Aber das kann man nicht überbrücken. Ich kann Professor Goldstein ja nicht bitten, ihr für diese Stunden eine Injektion zu geben, damit sie schläft. Er würde mich – den Kollegen! – dumm angucken!
    »38,1, Schwester«, sagte Wegener und hielt ihr das Thermometer hin. Sie nahm es, blickte kurz darauf, schüttelte die Quecksilbersäule wieder herunter und steckte es in eine Chromhülse, die mit Desinfektionslösung gefüllt war.
    »Ganz normal«, sagte sie. »Nach einer Operation.«
    »Wir haben auch keinerlei Besorgnisse, Schwester«, antwortete Wegener. »Und das Durstgefühl überbrücke ich, indem ich meiner Frau feuchte Mulltupfer auf die Lippen lege.«
    »Das ist gut, Herr Doktor.« Die Schwester lächelte ihn gütig an. Sie fühlte Irmi den Puls, trug alles in das Krankenblatt ein und schob die Bettdecke zurück. Irmis Nachthemd war hochgeschlagen, der Unterkörper, die Beine, die Schenkel, der Leib – mit Binden umwickelt – lagen frei. Zwischen die Schenkel hatte man einige dicke Lagen Zellstoff gelegt … die obere Schicht war durchblutet. Hellmuth Wegener bekam einen heftigen Schreck, aber er versteckte ihn hinter einer wissenden Miene. Da die Schwester wortlos den Zellstoff entfernte, schien alles normal zu sein. Sie schob ein Gummituch unter Irmis Gesäß, holte eine Schüssel, füllte sie mit warmem Wasser, goß etwas Sagrotanlösung hinein und begann, Irmi zu waschen. Dabei schielte sie zu Wegener hinauf.
    »Im

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