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Eine glückliche Ehe

Eine glückliche Ehe

Titel: Eine glückliche Ehe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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kocht man denn da? Tabletten zur Hirnauflösung?!«
    »So ähnlich.« Notar Dr. Siemsmeier holte aus der Manteltasche eine kleine Kognakflasche, im Ruhrgebiet Flachmann genannt. Er reichte sie herum, sie alle nahmen einen Schluck, es war sehr kühl an diesem Märztag. »Die Produktion beschränkt sich aus gegebenen Umständen nur auf ein Medikament. Cerebralon. Gegen Arterienverkalkung.«
    »Ausgerechnet!« sagte Dr. Schwangler.
    »Wir verkaufen es auch in unserer Apotheke«, sagte Irmi.
    »Es wird überall verkauft.« Dr. Siemsmeier nahm noch einen Schluck aus dem Flachmann. »Es hat sich gut eingeführt. Es könnte die Grundlage sein für …«
    »Wieviel ist auf dem Konto?« fragte Wegener.
    »120.000 DM.«
    »Privat?«
    »Ja. Die Geschäftskonten arbeiten mit Bankkrediten.«
    »Ich träumte von einem Vögelein, sagte die Jungfrau, als der Arzt den dritten Monat feststellte.« Dr. Schwangler klappte seine Kollegmappe auf und schraubte den Füllhalter frei. »Ganz konkret, Herr Kollege: Was ist der ganze Scheißdreck wert? Verkehrswert.«
    »Das Grundstück zwei Millionen. Die Baracken, die noch arbeiten, knapp 100.000 DM. Die Maschinen: 500.000 DM! Die Trümmer …«
    »Sie Witzbold! Die kosten Geld, wenn man sie wegräumt!« Dr. Schwangler schrieb. Wegener hatte Irmi untergefaßt. Stumm sahen sie über das Trümmergelände und atmeten den Medizingeruch ein, der aus dem Schornstein in dicken, gelben Wolken quoll. »Wieviel Arbeitskräfte zur Zeit?«
    »Vierzig. Fünfzehn in der Verwaltung und Forschung, fünfundzwanzig in der Produktion.«
    »Eine Forschung haben die auch noch?«
    »Drei hochqualifizierte Chemiker, die Herr Hellebrecht sogar vom Kriegsdienst freibekam. Das beweist ihre Qualität. Außerdem stellte ein Nebenzweig der Protosano -Werke Giftgas her.«
    »Damit ist die Scheiße vollkommen!« Dr. Schwangler klappte die Kollegmappe zu. Er machte eine alles umfassende Handbewegung über das Trümmerfeld. »Bombenvolltreffer?!«
    »Nein!« Dr. Siemsmeier mußte noch einen Schluck Kognak nehmen. Er war mit Axel Hellebrecht befreundet gewesen, über ein halbes Menschenalter hinweg. Aber was gewesen war, mußte nun gesagt werden. »Die Werke wurden von den Alliierten gesprengt. Abnehmer des Giftgases war die SS.«
    »Ich verzichte auf das Erbe!« sagte Hellmuth Wegener laut. »Gehen wir! Wir brauchen nicht mehr darüber zu sprechen. Kein Wort mehr!«
    »Halt!« Dr. Schwangler hielt Wegener am Mantelärmel fest. »Was da produziert wird, ist gegen Arterienverkalkung! Und was wir produzieren werden, wird der ganzen Menschheit nützen. Der Axel Hellebrecht ist tot, das Werk ist gesprengt. In zwei Baracken arbeitet eine neue Generation. Auch Sie sind die neue Generation, Wegener. Verdammt, ich lehne den Begriff der Sippenhaft ab! Sie haben das Gas nicht produziert, und wer Ihnen später das vorhalten sollte, was Ihr Onkel getan hat, dem trete ich in den Sack! Ist das klar?! Wir nehmen das Erbe an!«
    »Mit allen Verbindlichkeiten?!«
    »Mit allen! Der ganze Scheißdreck da unten wird verkauft. Wir bauen die Protosano in Köln neu auf!«
    »Sehr klug!« Dr. Siemsmeier streckte Wegener die Hand hin. »Das hatte ich mir nämlich für den Schluß aufgespart, um Sie wieder aufzurichten: Wie Sie sehen, ist eine Produktionserlaubnis für rein medizinische Präparate wieder erteilt worden. Und der Firmenmantel, der Name Protosano, ist geradezu unbezahlbar.«
    Sie blieben eine Woche in Hannover, um mit den Behörden alles zu regeln. Irmi ließ den kleinen Peter nachkommen, eine Nachbarin unterzog sich gern der Mühe; eine Woche ohne den Jungen – das hielt Irmi nicht aus. Im Schloßpark Herrenhausen fuhr sie ihn spazieren.
    Als sie am Sonntag wieder zurück nach Köln fuhren, war Hellmuth Wegener ein Millionär. Aber es war ihm auch für immer die Möglichkeit genommen, jemals zu gestehen, daß er der Schlosser Peter Hasslick war.
    Was Hellmuth Wegener, Irmi und Dr. Schwangler in den nächsten Monaten und Jahren leisteten, erklärte sich nicht nur aus der Einsicht, vom Schicksal die günstigsten Startbedingungen bekommen zu haben, sondern auch aus dem Bedürfnis, die im Krieg verlorenen besten Jahre des Lebens auf diese Weise nachzuholen. Daß sie damals bis zu achtzehn Stunden am Tag arbeiteten und nur sechs Stunden schliefen, und das auch noch unruhig, weil das Gehirn sich von der Anspannung nicht befreien konnte, daß unter ihren Händen und mit ihrem Mut zum Risiko die neuen Protosano -Werke in die Höhe wuchsen,

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