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Eine glückliche Ehe

Eine glückliche Ehe

Titel: Eine glückliche Ehe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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weit draußen vor den Toren Kölns, in einem rekultivierten Braunkohlengebiet, umgeben von Baggerseen und Trostlosigkeit, während Gartenarchitekten im Auftrage Wegeners bereits Pläne für eine neue Landschaft entwarfen – das alles interessierte später weder die Gewerkschaften noch die linken Revoluzzer, die von Ausbeutung schrien, Enteignung, Entflechtung und Machtstreben. Aber das war alles viel später.
    In jenen Jahren 1949, 1950 und 1951 besaßen auch die Gewerkschaftsfunktionäre nur eine Hose und einen Pullover. Damals standen sie noch an der Hacke oder mischten selbst Beton, spuckten in die Hände und waren froh, wenn ihre Firmen Aufträge erhielten.
    Aufbauen, hieß es. Heraus aus dem Dreck! Weg mit den Trümmern! Kein Volk der Erde hat so auf der Schnauze gelegen wie wir, – aber wir werden es der Welt zeigen, was ein Mensch alles kann in der Not.
    Bereits am 1. Mai 1951 nahm die neue Protosano ihre Produktion auf. Dr. Schwangler hatte es fertiggebracht, das Erbe in Hannover so zu verkaufen, daß man die Gebäude aus eigener Kraft hochziehen konnte. Parallel dazu wuchs die kleine Fabrik für Vitalan in Lindenthal empor, hinter der alten Lohmannschen Apotheke, die auch eine neue Fassade bekam, vier Schaufenster und eine Art Passage um einen großen gläsernen Schaukasten, in dem Wegener Gemälde und Plastiken junger Künstler ausstellte. Eine Revolution ohne Beispiel! Kunst neben Abführmitteln!
    Es waren die Monate, in denen Irmi wenig von ihrer Ehe hatte, wie vorhergesagt. Abends fiel Hellmuth ins Bett, las noch zehn Minuten in einem Kriminalroman – für geistigere Genüsse war er nicht mehr aufnahmefähig –, rollte sich dann auf die Seite, griff ab und zu nach Irmis Hüfte oder Brust und schlief sofort ein. Waren sie einmal zusammen, weil ihre Liebe immer wieder stärker war als jedes Bauprojekt, jede Sitzung, jede Konferenz, jeder körperliche oder geistige Streß, so reduzierte sich auch dieses Glück der Vereinigung, als sei es im Bauplan eingezeichnet: eine kurze, wilde Glut, eine sternenübersäte Erinnerung an frühere, lange Stunden, ein Sichumklammern, als ahne man, wie größer die Zeitspannen vom einen zum anderen Mal wurden, ein fast verzweifelter Kampf um das Gefühl der absoluten Lust – und dann das Auseinanderfallen, das desillusionierende Nebeneinanderliegen mit der bohrenden Erkenntnis: Es war schön, wunderschön, Irmi, ich liebe dich wie früher, ich liebe dich mehr, viel mehr, tiefer, inniger, ganz in mein Herz eingeschlossen – aber heute habe ich neunzehn Stunden auf den Beinen gestanden, und nach dieser halben Stunde jetzt mit dir fühle ich mich wie zerstört. Warst du glücklich, Irmi?
    Und dann schlief er wieder ein, mit dem Kopf zwischen ihren Brüsten, mit halb offenem Mund, schwer, manchmal pfeifend atmend, mit einem Zucken in den Muskeln, weil die Nerven ihn terrorisierten. Wenn er so dalag, sah er aus, als habe man ihn bis zur Grenze des Erträglichen gefoltert. Es war furchtbar.
    Dann lag Irmi ganz still, mit weit offenen Augen, starrte gegen die Zimmerdecke, legte die Arme um Hellmuths zuckenden, schweißnassen Körper und wußte nicht, ob sie weinen sollte oder ob sie so stark sein konnte, ihm zu sagen: Du machst dich kaputt, Hellmuth! Und mich dazu! Warum alles auf einmal, warum alles so schnell? Wir haben doch noch so viel Zeit …
    Am Morgen war das dann alles weggeblasen. Da saß er im Bett, noch bevor der Wecker schellte, geladen mit neuer Energie, küßte Irmi aus dem Schlaf und sagte: »Du, wir werden in vierzehn Tagen in den USA eine neue Pillenstraße kaufen. Weißt du, was das ist? Ganz simpel ausgedrückt: Vorne schüttest du Pulver hinein, und hinten kommen die fertig gepackten Medikamentenschachteln heraus. Alles macht die Maschine, sogar die Mischungen und ihre Verhältnisse bis zu einem tausendstel Gramm. Das Ding kostet zwei Millionen!«
    »Und wir haben das Geld?« fragte sie.
    »Wir haben einen Namen und Kredite!« lachte er. »Man muß etwas wagen, Liebling. So eine Zeit wie heute kommt nie wieder! Wir können wieder Pioniere sein. Wir haben Neuland vor uns! Oder – wie Schwangler sagt – nimm einen Scheißhaufen, bestreue ihn mit blau gefärbtem Kalk und verkaufe ihn als Rosendünger!«
    »Pfui!« sagte sie dann, sprang aus dem Bett und duschte sich. Und hier, unter der Dusche, in der gekachelten Kabine neben dem Schlafzimmer, geschah es dann manchmal, daß seine morgendliche Kraft in sie überfloß. Dann war es wie früher, und sie hätte

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