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Eine große Zeit

Eine große Zeit

Titel: Eine große Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Boyd
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Überraschung anmerken.
    »Von Beruf?«
    »Ja. Auf Londoner Bühnen. Ich bemühe mich, in die Fußstapfen meines Vaters zu treten. Er war ein ganz großer Schauspieler – eine Berühmtheit.«
    »Das ist ja interessant«, sagte sie, und er merkte, dass sie es ernst meinte. Nun hatte er tatsächlich ihr Interesse geweckt. Erfreut bestellte er die Rechnung und nahm sich vor, woanders noch eine Zigarette zu rauchen und Cognac zu trinken. Immerhin endete ihr gemeinsamer Abend besser, als er begonnen hatte – besser als erwartet. Und was genau hast du erwartet?, fragte er sich ungehalten. Du Idiot. Als Zeitvertreib hatte es seinen Zweck erfüllt, das war die Hauptsache. Morgen wollte er Glockners Wohnhaus samt Umgebung erkunden und danach entscheiden, um welche Uhrzeit er am Sonntag loslegen würde.
    Während sie auf sein Wechselgeld warteten, stellte Madame Duchesne eine kleine Pappschachtel auf den Tisch.
    »Ein Geschenk von Massinger«, erklärte sie.
    Lysander nahm die Schachtel – sie war schwer und es klapperte darin.
    »Vielleicht sollten Sie sie besser im Hotel öffnen«, sagte Madame Duchesne.
    Dafür war seine Neugier zu groß, er stellte die Schachtel unterhalb der Tischplatte auf seine Knie und hob den Deckel. Er sah den kurzen Lauf eines kleinen Revolvers aufblitzen. Daneben lagen ein paar lose Kugeln, die das Klappern verursachten.
    »Was soll ich damit?«
    »Vielleicht wird er Ihnen noch von Nutzen sein, wer weiß? So einen habe ich auch von Massinger bekommen.«
    Lysander steckte die Schachtel ein, dann traten sie in die Parkanlage hinaus – Buchsbaumhecken, in Reih und Glied gepflanzte Linden und Platanen, geharkte Kieswege. Der Himmel war noch immer einigermaßen hell und die Luft frisch.
    »Danke für das Abendessen. Es war mir ein Vergnügen, Sie näher kennenzulernen«, sagte sie.
    Ihr Händedruck fiel so fest aus wie beim ersten Mal. Wieder verspürte er dieses eigenartige Verlangen nach ihr – nach einer Frau, die selbst anscheinend kein Verlangen mehr kannte.
    »Mein echter Name lautet übrigens Lysander Rief.«
    »Das hätten Sie mir wohl besser nicht verraten.«
    »Dürfte ich Ihren Vornamen erfahren? Verzeihen Sie bitte, aber das lässt mir keine Ruhe. Ohne vollständigen Namen fällt es mir schwer, mein Gegenüber richtig zu erfassen.«
    »Florence.« Sie sprach es französisch aus, und so klang es viel schöner als auf Englisch.
    »Florence Duchesne. Ein bezaubernder Name.«
    »Gute Nacht, Herr Schwimmer. Und für Sonntag wünsche ich Ihnen viel Glück.«

3. 25 000 Franc, erste Rate
    Am Sonntagmorgen um Viertel vor zehn beobachtete Lysander, wie die Concierge mit ihrem Ehemann Glockners Wohnhaus verließ, um in die Kirche zu gehen. Als er das Haus am Vortag mit einem vermeintlichen Paket für einen gewissen Monsieur Glondin betreten hatte, bekam er von der Concierge zu hören, hier wohne niemand mit diesem Namen – im letzten Stock gebe es zwar einen Monsieur Glockner, aber nirgendwo einen Glondin. Woraufhin Lysander sagte, sein Adressat sei ganz bestimmt Monsieur Glondin, es müsse sich wohl um ein Versehen handeln, er bitte sie, die Störung zu entschuldigen. Auf diese Weise hatte er einen guten Eindruck von der Eingangshalle und dem Treppenhaus gewonnen. Außerdem hatte er aus dem dicken Kreuz, das die Concierge als Anhänger trug, und dem noch größeren Kreuz an der Wand ihrer Loge geschlossen, dass diese fromme Seele am Sonntag gewiss beim ersten Glockenläuten in die Kirche eilte.
    Kurz danach drückte er die Eingangstür auf und ging, vom kleinen Jungen, der statt der Concierge in der Loge saß und mit gesenktem Kopf in ein Heft kritzelte, unbemerkt zur Treppe, um in den vierten Stock hinaufzusteigen, wo Glockner seine Wohnung hatte.
    Als er vor dessen Tür stand, bereit zu klingeln, ging er in Gedanken noch einmal alle Punkte seines Plans durch sowie jeden Gegenstand, den er in seiner kleinen Reisetasche mitgebracht hatte – hoffentlich hatte er wirklich für alle Fälle vorgesorgt. Er holte den Revolver hervor und drückte auf die Klingel. Nach einer Weile hörte er hinter der Tür eine Stimme.
    Oui? Qui est là?
    »Der Klempner. Man hat mich gerufen, weil aus Ihrer Wohnung Wasser durch den Boden tropft.«
    Lysander hörte, wie ein Schlüssel umgedreht wurde, dann ging die Tür auf. Vor ihm erschien Glockner in einem seidenen Morgenmantel.
    »Ein Leck? Sind Sie –«
    Bevor Glockner klarwurde, dass er nicht im Mindesten wie ein Klempner aussah, richtete Lysander seinen

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