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Eine Hand voll Asche

Eine Hand voll Asche

Titel: Eine Hand voll Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jefferson Bass
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ungefähr drei Meter weiter direkt an den Wegrand.
    Als ich auf den Middlebrook Pike Richtung Innenstadt bog, rief ich Cash auf seinem Handy an, beschrieb ihm, was ich gesehen hatte und wo er die Fähnchen fand. »Vielleicht ist es nichts«, sagte ich.
    »Vielleicht nicht«, sagte er. »Vielleicht aber doch.«
    »Vielleicht hat ein blindes Huhn gerade ein dickes Korn gefunden«, sagte ich.

11
    Ich kam kurz vor Mittag ins Knochenlabor, ganz begierig darauf, Miranda von meinen Funden auf der Latham-Farm zu erzählen. Sie war nicht da.
    Wenn sie nicht gerade unterwegs war, um mir bei der Bergung einer Leiche oder von Knochen an einem Mordschauplatz zu helfen, oder zur Body Farm fuhr, um eine Leiche hinzubringen oder ein Skelett zu holen, lebte Miranda praktisch im osteologischen Labor. Ich konnte mich darauf verlassen, dass sie da war, wenn ich hereinkam, sich über einen Labortisch beugte, Knochen vermaß und die Maße in die forensische Datenbank eintrug. Jedes Skelett, das wir bekamen – und dieses Jahr würden wir beinahe einhundertfünfzig bekommen, die als komplette Leichen auf die Body Farm kamen und sie als nackte Knochen wieder verließen –, musste vermessen werden und die unzähligen Daten mussten dann in die Datenbank eingegeben werden. Die Arbeit war langweilig und zeitraubend, und Miranda erledigte den größten Teil davon. Vielleicht hätte ich froh sein sollen, dass sie sich eine kurze Pause gönnte, doch stattdessen war ich leicht verärgert, dass sie nicht hier war, um mir zuzuhören.
    Ich schaute auf Mirandas Computer – wo sie die vielen Google-Recherchen machte –, und mein Blick fiel auf eine Karte. Es war eine Straßenkarte von North Hill, Knoxville, wo Miranda wohnte. Seltsam, dass Miranda eine Karte ihrer eigenen Wohngegend brauchte.
    Ich nahm das Telefon vom Tisch und wählte Peggys Nummer, die eine Etage höher saß. »Haben Sie Miranda heute Morgen schon gesehen?«
    »Sie ist vor ungefähr fünfzehn Minuten weg«, sagte sie. »Sie hat gesagt, sie würde rüber ins Leichenschauhaus gehen, um das Präpariermikroskop dort zu benutzen.«
    »Das Präpariermikroskop? Wofür?«
    »Ich habe sie nicht danach gefragt, und sie hat es mir nicht erzählt«, sagte Peggy. »Genau wie es das Militär mit den Schwulen hält.«
    »Toll«, sagte ich, » diese Methode hat ja auch wirklich ganz besonders gut funktioniert.«
    Peggys Erwähnung des Leichenschauhauses weckte in mir den Wunsch, auch Garcia von meinem Besuch auf der Latham-Farm zu erzählen. Statt also im Leichenschauhaus anzurufen und nach Miranda oder nach ihm zu fragen, sprang ich in den Wagen und flitzte über den Fluss zur Rückseite des Krankenhauses. Ich parkte in der Parkverbotszone an der Laderampe des Leichenschauhauses, tippte den Code ein, um die Tür zu öffnen, durchquerte den garagenähnlichen Einlassbereich und ging den Flur hinunter zum Mikroskopierraum. Das Anthropologische Institut besaß ein Präpariermikroskop – ein stereoskopisches Mikroskop mit einem Objekttisch mit Feineinstellung –, doch es gab stets Rangeleien darum, also verstand ich, warum Miranda hergekommen war, um eines der drei Mikroskope hier im Leichenschauhaus zu benutzen. Im Mikroskopierraum war sie nicht; allerdings entdeckte ich auf einem Tisch neben einem Mikroskop ihren Rucksack. Auf dem Objekttisch lag ein kleiner, U-förmiger Knochen, ein Zungenbein. Vermutlich untersuchte Miranda es auf Frakturen, potenzielle Beweise für eine Strangulation. Ich schaltete die Lampe am Mikroskop ein und warf rasch einen Blick darauf. Der Knochenbogen war glatt und unversehrt, bis auf die winzigen Ziffern »49-06«, die in Mirandas ordentlicher Handschrift auf den Knochen geschrieben worden waren und bedeuteten, dass das Zungenbein von der neunundvierzigsten Leiche im Jahr 2006 stammte. Nummer 49-06 war eindeutig nicht stranguliert worden, was wenig überraschend war und zugleich auch irgendwie beruhigend, denn die Leiche dieses Mannes war uns, wenn meine Erinnerung mich nicht trog, von seiner Witwe gespendet worden.
    Vermutlich war Miranda zur Toilette gegangen, und ich wandte mich den Flur hinunter zu Edelberto Garcias Büro, um ihm von der neuesten Entwicklung im Fall Latham zu berichten. Seine Tür stand halb offen, also klopfte ich und steckte den Kopf hinein.
    Garcia stand hinter seinem Tisch, Miranda beugte sich von der Seite darüber. Auf dem Tisch zwischen ihnen lag im Lichtkreis der Schreibtischlampe ein Blatt Papier. Mirandas Zeigefinger fuhr darauf eine

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