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Eine Hand voll Asche

Eine Hand voll Asche

Titel: Eine Hand voll Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jefferson Bass
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darauf sein, dass er Zeitungspapier benutzt hat, um das Feuer in Gang zu halten.«
    »Das werden wir sehen«, sagte er. »Wir setzen das noch auf den Durchsuchungsbeschluss, zusammen mit dem, was Sie und Dr. Garcia uns über die Knochen und die Insekten erzählt haben.«
    »Maden lügen nicht«, sagte ich. »Anders als Ehemänner.«
    Art und ich tüteten die Phalangen, die ich gefunden hatte, sowie die beiden Zeitungsschnipsel vom Rücksitz ein. Art faltete die Tüten und klebte sie mit Etiketten zu, dann schrieb er Datum und Uhrzeit dazu und eine kurze Beschreibung der Knochen und der Papierschnipsel. Danach zogen wir die weiten Overalls aus, die uns inzwischen schweißnass an der Haut klebten, streiften uns die Handschuhe von den schwitzigen Händen und stopften die Schutzanzüge in einen roten Müllsack, damit sie im Verbrennungsofen des Leichenschauhauses mit den anderen medizinischen Abfällen vernichtet werden konnten. Wir gaben Cash zum Abschied einen schweißfeuchten Händedruck und fuhren dann auf demselben Weg zurück, den wir gekommen waren – an den Autos der Drogenhändler vorbei, an dem Wachhäuschen, an dem großen Abschleppplatz und an dem Platz mit den Versteigerungsautos.
    Ich zeigte noch einmal auf das rote Kabrio. »Der Rücksitz da ist ziemlich klein«, sagte ich. »Die Giraffe müsste wohl noch ein Baby sein.«
    »Nicht unbedingt«, sagte Art. »Jedenfalls nicht, wenn sie seitlich drinsäße.«

10
    Früh am nächsten Morgen, als die Sonne sich noch durch eine Schicht dunstigen Nebels kämpfte, schlängelte ich mich durch Sequoyah Hills und den Kingston Pike hinunter. Statt rechts auf den Neyland Drive abzubiegen und am Fluss entlang zum Stadion zu fahren, bog ich links in die Concord Street ein. Ich holperte über die Eisenbahnschienen und fuhr dann rechts auf die Sutherland Avenue, dort über ein weiteres Eisenbahngleis und an den staubigen Silos zweier Zementfabriken vorbei, Sequatchie Concrete und Southern Precast, deren Kiesparkplätze voller staubiger Zement-Lkws, Kanalbauteile und Treppen standen. Durch die Pfeiler der Alcoa-Highway-Brücke sah ich die weißen Lagertanks der Kunststoff-Fabrik Rohm & Haas. Auf einem Tank prangte ein cartoonartiges Gemälde eines bebrillten Wissenschaftlers in einem weißen Laborkittel mit der Überschrift »Hier stimmt die Chemie«. Während ich wegen der ätzenden Dämpfe des Sekundenklebers die Nase rümpfte, dachte ich: Eher nicht , Kumpel . Dann lachte ich laut über die Ironie, dass ich, der Gründer der Body Farm, mich über die unangenehmen Ausdünstungen irgendeines anderen Unternehmens beschwerte.
    Ich wusste sehr genau, welche Anziehungskraft Sekundenkleber auf menschliche Finger und Fingerabdrücke ausübte – ich hatte mir bei mehr als einer Gelegenheit die Finger zusammengeklebt, und Art hatte sich sogar einen Sekundenkleber-Verdampfungs-Apparat patentieren lassen, den »Bohanan Apparat«, den kriminaltechnische Labore im ganzen Land benutzten, um latente Fingerabdrücke auf Waffen, Messern, Papier und sogar der Haut von Opfern sichtbar zu machen. Während ich mich an Rohm & Haas vorbeischnüffelte, stellte ich mir vor, dass jeder Quadratzentimeter der Fabrik und ihrer Arbeiter mit Handabdrücken bedeckt war – eine Schicht Schleifen, Bogen und Wirbel über der anderen, auf ewig in Sekundenklebernebel und aufgewirbeltem Betonstaub eingefangen.
    Der Middlebrook Pike war die nächste Querstraße, nachdem ich an Rohm & Haas vorbei war. Dort bog ich rechts ab, Richtung Westen, weg von der Innenstadt. Die Straße führte unter der I-40 durch und überquerte dann, anderthalb Kilometer Industriegebiet weiter, die Umgehungsstraße I-640. Gleich nach der I-640 blieb die Stadt zurück, und Weideland breitete sich vor mir aus. Ich hatte die Latham-Farm erreicht. Die ganze Straßenfront zum Middlebrook Pike, rund achthundert Meter, war von einem weißen Lattenzaun gesäumt. Riesige Eichen und Tulpenbäume sprenkelten die hügeligen Weiden, und ein kleiner Bach – der Third Creek, falls ich die prosaischen Bachnamen von Knoxville richtig im Kopf hatte – schlängelte sich neben einer Zufahrtsstraße vom Farmgelände.
    Die Auffahrt führte zu einem zweistöckigen schindelverkleideten Bauernhaus, leicht hundert Jahre alt, von weiteren turmhoch aufragenden Eichen beschattet. Das Haus war schlicht, aber anmutig, mit einer breiten, luftigen Veranda und großzügigen Fenstern mit welligem altem Glas. Eine Handvoll Polizeiautos, darunter ein mobiles

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