Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eine Hand voll Asche

Eine Hand voll Asche

Titel: Eine Hand voll Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jefferson Bass
Vom Netzwerk:
Kaltes trinken.«
    In dem Moment, da ich das sagte, spürte ich einen leichten Luftzug, ein Flüstern von Süden – aus dem Wald hinter dem Zaun. Dabei stieg mir ein Hauch von etwas Wohlvertrautem in die Nase, und einen Augenblick dachte ich, ich wäre kurz weggetreten gewesen, hätte einen Blackout gehabt, der angedauert hatte, bis ich wieder in Knoxville war, hinter dem Universitätskrankenhaus. Als ich meinen Irrtum erkannte, stellten sich mir an den Armen und im Nacken die Haare auf, und es durchfuhr mich wie ein elektrischer Schlag. Ich atmete den Gestank des Todes ein – menschlichen Todes en gros, menschlichen Todes im Body-Farm-Ausmaß –, und zwar nicht in Tennessee, sondern hier in Georgia, wo er träge über das Tor des Trinity-Krematoriums wehte.

15
    »Ich glaube, Hunde, die bellen, beißen nicht«, meinte Art. Er machte einen Schritt auf das Tor zu, und der Hund sprang kläffend und schnappend auf ihn zu.
    »Ich glaube, wir können es uns nicht leisten, diese Theorie zu überprüfen«, sagte ich.
    »Du hast recht«, meinte er, bückte sich und machte sich an seinem linken Hosenbein zu schaffen. Als er sich wieder aufrichtete, hatte er eine Waffe in der rechten Hand. Er hockte sich hin und zielte durch die Stangen des Tors. »Mein Gott, Art, du kannst doch nicht einfach …«, setzte ich an, doch da sah ich schon, wie sein Finger zuckte. Statt eines Schusses hörte ich nur ein lautes Klicken, und ich dachte schon, die Waffe wäre nicht losgegangen, doch dann brach der Hund zappelnd auf dem Kies zusammen. Zwei dünne Drähte liefen vom Körper des Hundes zum Lauf der Waffe.
    »Was zum Teufel …?!«
    »Das ist ein Taser«, sagte Art. »Tu einfach so, als wäre ich Captain Kirk aus Star Trek , der seinen Phaser auf Betäubung gestellt hat.«
    Ich starrte auf den Hund, der jetzt ausgestreckt auf dem Weg lag. »Bist du sicher, dass du nur auf Betäubung gestellt hast?«
    Er schaute auf die Elektroschockpistole hinunter, die einen dicken, runden Zylinder hatte, schwarz mit gelben Streifen – wie eine Hochspannungs-Wespe. »Hoppla«, sagte er da, »nein, war nur ein Späßchen. Er steht immer auf Betäubung. Fünfzigtausend Volt.«
    »Wie lange wird er bewusstlos sein?«
    »Keine Ahnung«, sagte Art. »Hab’s noch nie bei einem Hund benutzt. Vielleicht zehn, fünfzehn Minuten.« Er erklomm das Tor und sprang auf der anderen Seite hinunter. »Kommst du?«
    »Der stürzt sich doch wieder auf uns, wenn er aufwacht.«
    »Nur, wenn er ein richtig blöder Hund ist.« Art kicherte. »Und wenn, habe ich noch fünfzig Schuss.« Er runzelte die Stirn. »Allerdings, die Widerhaken hab ich schon verschossen, also muss ich das Ding bei den nächsten fünfzig Schuss an seinen Körper halten. Wenn er es bis dahin nicht kapiert hat, hat er große Probleme.«
    »Wenn er einundfünfzigmal hinter uns herkommt, haben wir größere Probleme als er«, wandte ich ein.
    »Beim einundfünfzigsten Mal gehen wir zu Plan B über«, sagte Art und tätschelte seinen rechten Knöchel. Er schnüffelte in der Luft wie ein Jagdhund, der ein Kaninchen wittert. »Irgendeine Idee, woher dieses Aroma kommt?«
    »Ich glaube, die Brise kommt aus der Richtung«, sagte ich und zeigte ein wenig links von dem Kiesweg direkt in den Wald.
    »Gehen wir«, sagte er. »Ich hoffe, du hast Zeckenmittel aufgetragen, bevor du aufgebrochen bist.«
    »Habe ich«, sagte ich. »Und du?«
    »Hoppla«, sagte er noch einmal und kratzte sich am linken Oberschenkel.
    Zuerst kamen wir nur langsam voran, denn wir mussten uns einen Weg durch das Brombeerdickicht bahnen, das die Straße säumte.
    Die Blätter hingen schwer herunter, dick mit orangefarbenem Staub von der Straße bepudert. Hier und da entdeckte ich verschrumpelte Beeren. »Zu schade, dass wir nicht vor sechs Wochen hier waren«, sagte ich. »Das ist eine ziemlich gute Stelle. Wir hätten genügend für eine Beerenpastete pflücken können.«
    »Wenn wir uns mit den Besitzern des netten Hundchens anfreunden«, sagte Art, »dürfen wir vielleicht nächstes Jahr in der Brombeersaison wiederkommen.«
    Sobald wir richtig im Wald waren, hörten die Brombeerhecken auf, und das Unterholz wurde lichter. Wir befanden uns in einem Kiefernwäldchen mit weit auseinander stehenden Baumstämmen, einem schattigen Baldachin über uns und einem weichen Nadelteppich unter unseren Füßen.
    Rund hundert Meter in den Wald hinein erhaschte ich den Blick auf etwas, was wie eine schmale, planierte Spur aussah. Ich fasste Art am

Weitere Kostenlose Bücher