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Eine Hand voll Asche

Eine Hand voll Asche

Titel: Eine Hand voll Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jefferson Bass
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praktisch eine religiöse Erfahrung. Besser als Sex.«
    »Erinner mich daran, ein paar Wörtchen mit Jeff zu reden«, sagte ich. »Klingt so, als könnte er ein paar Tipps gebrauchen.«
    »Er macht seine Sache gut«, sagte sie. »Aber frittierte Maiskolben – das ist harte Konkurrenz.«
    »Das sollte hoffentlich kein Wortspiel sein.«
    Sie lachte. »Nicht doch.«
    »Jetzt mal im Ernst, hast du wirklich ein heftiges Verlangen nach frittierten Maiskolben?«
    »Ja«, sagte sie. »Aber bis du damit hier bist, wären sie eh nicht mehr gut. Am besten sind sie frisch aus dem Fett, wenn der Teig noch schön knusprig ist.«
    »Klingt, als hättest du die Sache gründlich studiert«, sagte ich.
    »Ich habe jahrelange Studien über die frittierten Maiskolben von Sullivan’s betrieben«, sagte sie. »Bei all der Forschung müsste ich eigentlich einen Doktor in Ernährungswissenschaft haben. Inzwischen habe ich wahrscheinlich mein Körpergewicht an frittierten Maiskolben zu mir genommen. Mit ein Grund, warum ich immer noch laufe – um die Kalorien zu verbrennen. Sonst würde ich inzwischen zweihundert Kilo wiegen.«
    »Wer weiß?«, sagte ich. »Vielleicht probiere ich sie mal.«
    »Es wird dein Leben verändern«, sagte sie. »Nimm mich auf jeden Fall mit. Ich will dein Gesicht sehen, wenn du sie dir zum ersten Mal auf der Zunge zergehen lässt.«
    »Du wirst mir am Tisch gegenübersitzen, wenn ich mir am heißen Fett die Lippen verbrenne«, sagte ich.
    »Versprochen?«
    »Versprochen.«
    Eine Stunde später war Jeffs und Jennys Küche ein Trümmerfeld. Der Kiefernholztisch und der Fliesenboden waren mit Sandwichverpackungen, Plastikgabeln, durchweichten Papptellern, verschütteten Getränken, halb geschmolzenen Eiswürfeln und verstreuten Essensresten übersät: Fleischstückchen, Krautsalat, Kartoffelsalat und gebackene Bohnen. Fehlte nur ein Haufen angenagter Maiskolben. »Sieht aus, als hätte hier jemand eine Essensschlacht veranstaltet«, sagte ich.
    »Nach dem Training dauert es nicht lange, um ein Essen zu verschlingen«, sagte Jeff.
    »Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie es wird, wenn die beiden mal im Teenageralter sind«, sagte Jenny. »Wir müssen wahrscheinlich einen Vertrag mit einem Lebensmittelgroßhändler abschließen, um sie satt zu kriegen.«
    Nach dem Abendessen sausten die Jungen davon, um sich vor dem Schlafengehen noch einen Trickfilm anzuschauen. Während der Gesang von Eichhörnchen und Chipmunks vom Wohnzimmer herüberwehte, erzählte ich, was Art und ich in dem Wald in Georgia entdeckt hatten. Jeff und Jenny starrten mich befremdet an.
    »Habt ihr die Polizei schon informiert?«, fragte Jeff.
    »Noch nicht«, sagte ich. »Ich bin mir nicht sicher, welche Polizei ich anrufen soll und welches Verbrechen begangen wurde – wenn überhaupt. Ich glaube nicht, dass es Mord ist. Vielleicht vorsätzliche Erbärmlichkeit.«
    »Gibt es kein Gesetz gegen Leichenschändung?«, fragte Jenny.
    »Doch«, sagte ich, »aber ich weiß nicht, ob es als Schändung gilt, die Leichen einfach in den Wald zu schmeißen. Gleich am Montagmorgen rufe ich den Fiesen – ich meine, Mr. DeVriess – an. Er hat mich in die Sache reingezogen, und er ist Anwalt. Vielleicht kann er mir helfen zu entscheiden, was ich tun soll.«
    Als ich kurz darauf nach Hause fuhr, fühlte ich mich wieder mehr mit der Welt der Lebenden verbunden als vor zwölf Stunden, von Leichen umgeben, in einem Wald in Georgia.
    Doch ich hatte nicht daran gedacht, was mich zu Hause erwartete: Leere und die drohende Gefahr durch Garland Hamilton. Es ist in der Tat so, dass die Natur das Vakuum verabscheut, und es dauerte nicht lange, da füllte sich die Leere in meinem Haus und in meinem Herzen mit Traurigkeit, Einsamkeit, Angst und Bedauern.
    Ich war mir nicht sicher, ob ich mein Leben anders hätte leben oder die wichtigsten Ereignisse darin hätte anders gestalten können. Aber ich war mir ziemlich sicher, dass ich noch zwei Stunden bei Jeff und Jenny hätte bleiben können. Und ich war mir ziemlich sicher, dass es besser gewesen wäre als das hier.

16
    »Guten Morgen«, zwitscherte die Stimme am anderen Ende der Leitung. »Kanzlei DeVriess.«
    »Guten Morgen, Chloe, hier ist Dr. Brockton.«
    »Hallo. Wie war Ihr Wochenende?«
    »Sagen wir mal, interessant«, sagte ich. »Sehr interessant. Und Ihres?«
    »Auch interessant«, sagte sie. »Ich war zum ersten Mal beim Speed-Dating.«
    »Speed-Dating? Was ist denn das?«
    »Man meldet sich an und trifft

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