Eine Hand voll Asche
fuhr die Straße zurück, teils weil ich wild entschlossen war, den Laden zu finden, und teils weil es keinen anderen Weg zurück in die Zivilisation gab.
Nach einem knappen halben Kilometer entdeckte ich links eine gekieste Zufahrt. Die Einfahrt wurde von einem Gatter blockiert, das an eine überbreite Leiter erinnerte, einen Meter zwanzig hoch und drei Meter breit, die Querstangen aus röhrenförmigem feuerverzinktem Stahl. Eine kräftige Kette und ein Vorhängeschloss sicherten das Tor an einem dicken Holzpfahl. An dem Pfahl hing ein zerbeulter Briefkasten, und als ich genauer hinschaute, konnte ich in kleinen, handgemalten Buchstaben den Namen Littlejohn ausmachen.
An den Pfosten links und rechts des Tors waren große »Betreten verboten«-Schilder angebracht. Unter beiden Schildern hing jeweils noch ein Schild »Privatgelände«. Und darunter war auf beiden Seiten je noch ein Schild mit der Aufschrift »Zutritt verboten«.
»Nicht besonders einladend«, sagte ich zu Art.
Ich lenkte den Wagen an den Straßenrand, auch wenn es hier, soweit ich das beurteilen konnte, nicht viel Verkehr gab. Art und ich stiegen aus, traten ans Tor und schauten in einen Tunnel aus Bäumen und Gestrüpp, die die gekieste Zufahrt säumten. Wir konnten die schmale Einfahrt etwa fünfzig Meter weit hinuntersehen, bevor sie einen leichten Bogen beschrieb und eine Wand aus Bäumen uns den Blick versperrte. Ich lauschte, ob ich irgendwelche menschlichen Aktivitäten hörte, doch alles, was an mein Ohr drang, war das Zirpen der Zikaden in der Sommerhitze.
»Hallo«, rief ich, zuerst vorsichtig. Als ich keine Antwort bekam, rief ich noch einmal, diesmal lauter: »Hallo! Können Sie mich hören? Ist da jemand?« Immer noch keine Antwort. Ich versuchte es noch einmal, diesmal aus vollem Hals. Nichts. Ich ging zum Wagen, beugte mich durchs offene Fenster und hupte dreimal. Ich wartete eine Minute, dann lehnte ich mich eine Weile auf die Hupe.
»Ich kann mich irren«, sagte Art schließlich, »aber entweder ist niemand zu Hause, oder sie wollen nicht gestört werden.«
»Könnten auch taub sein«, sagte ich. Ich musterte die sechs Schilder links und rechts des Tors. Alle sechs forderten mich auf, dem Grundstück fernzubleiben, doch ich war drei Stunden gefahren, um herzukommen, und ich suchte Antworten auf einige, wie ich fand, beunruhigende Fragen. Ich schaute Art an. »Sollen wir?«
»Alter vor Schönheit«, sagte er und wies mit der Hand auf das Tor. Ich benutzte die Querholme des Tors als Sprossen, kletterte hinauf, drehte mich und stieg auf der anderen Seite hinunter.
Mein Fuß hatte kaum den Boden berührt, da hörte ich ein tiefes Knurren. Ich wirbelte herum. Die Einfahrt herauf kam mit offenem Maul und gefletschten Zähnen der größte, gemeinste Pitbull auf mich zugeschossen, den ich je gesehen hatte. Für so ein großes Tier war er bemerkenswert schnell, und ich bewegte mich, wie ich feststellte, ebenfalls bemerkenswert behände, kletterte die Querstangen hoch, oben rüber und auf der anderen Seite wieder runter. Gerade hatte ich die Hände von der obersten Stange gelöst, als mächtige Kiefer wie eine Bärenfalle zuschnappten, nur zwei Zentimeter von meinen Fingern entfernt. Der Hund war zu groß, um mehr als die Schnauze durch die Stangen zu kriegen, doch das hinderte ihn nicht am Springen und Schnappen. Ich erinnerte mich an eine Dokumentation auf Animal Planet, in der ein Hai einen Taucher in einem Schutzkäfig so heftig attackiert hatte, dass die Stangen langsam zur Seite wichen, und er den zitternden Menschen darin beinahe aufgefressen hätte. Zum Glück war dieses Tor aus stabilerem Material gefertigt: Es mochte ächzen und klappern, und die Kette war zum Zerreißen gespannt, aber es hielt.
Schließlich ließ die Raserei des Hundes ein wenig nach, nicht aber das Gefühl der Bedrohung, das er verströmte. Wir steckten in einer Sackgasse. Vermutlich hatte ihn jemand als Reaktion auf mein Hupen und Rufen rausgelassen, denn wenn er schon auf dem Gelände gewesen wäre, um Wache zu halten, wäre er wahrscheinlich um einiges früher angestürmt gekommen. »Na, ich schätze, das war’s dann«, sagte ich. »Tut mir leid, dass wir die Fahrt umsonst gemacht haben.« Ich holte ein Taschentuch heraus und wischte mir Gesicht und Hals ab. Der Schweiß war zum Teil sicher auf den Adrenalinschub wegen des Hundes zurückzuführen, doch der Morgen war schon bemerkenswert heiß. »Lass uns an der nächsten Tankstelle halten und etwas
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