Eine Hand voll Asche
sich mit einem Haufen Leute, die alle auf der Suche nach der oder dem Richtigen sind, und man hat fünf Minuten Zeit, um sich mit jedem zu unterhalten.«
»Fünf Minuten? Und was genau ist der Sinn des Ganzen?«
»Man hat die Chance zu sehen, ob man jemanden sympathisch findet, ohne den Druck einer Verabredung oder eines richtigen Dates«, sagte sie. »Also, ohne dass man gleich mit jemandem ausgeht, wissen Sie? Wenn man den anderen mag, gibt man ihm seine Telefonnummer. Wenn nicht, sagt man: ›Hat mich gefreut, Sie kennen zu lernen‹, schüttelt ihm die Hand und geht weiter zum Nächsten.«
»Und wenn er Ihnen seine Telefonnummer gibt, und Sie wollen sie gar nicht?«
»Dann werfe ich sie auf dem Heimweg in den nächsten Mülleimer«, sagte sie.
»Und wenn er Sie nach Ihrer Nummer fragt, und Sie wollen sie ihm eigentlich gar nicht geben?«
»Dann lächle ich freundlich und sage: ›Lieber nicht.‹ Ich habe ja nicht gesagt, dass das System perfekt ist«, fuhr sie fort. »Ich habe nur gesagt, dass es interessant war.«
»Ich bin nur neugierig.« Ich lachte. »Und, haben Sie den zukünftigen Mr. Right gefunden?«
»Von wegen«, sagte sie, was ich so verstand, dass sie ihn nicht getroffen hatte. »Aber ich habe einen Typen kennen gelernt, der Mr. Right für den Übergang sein könnte. Ein Typ, mit dem man nett ins Kino gehen kann, bis einem der Richtige über den Weg läuft.«
»Speed-Dating«, staunte ich. »Da draußen ist eine ganz neue Welt. Sind auch alte Trottel wie ich unter den Speed-Datern?«
»Ha, Sie werden nie ein alter Trottel sein«, sagte sie. »Aber es waren tendenziell eher jüngere Leute. Was nicht heißt, dass Sie es nicht versuchen sollten.«
»Ich? Ich glaube nicht, Chloe. Ich bin nur neugierig, was den anthropologischen Aspekt angeht«, sagte ich.
»Nun, dann sollten Sie sich irgendwann mal anmelden und das Phänomen aus erster Hand studieren.«
»Vielleicht mache ich das sogar«, sagte ich. »Könnte ich mit Burt reden?«
»Tut mir leid, er ist nicht da. Er ist den ganzen Tag im Gericht. Sein erster Prozess seit einem Monat. Aber wenn es dringend ist, kann ich ihm eine Nachricht schicken.«
»Nein, so dringend ist es nicht«, sagte ich. »Toter werden sie nicht.«
»Wie bitte?«
»Tut mir leid, Chloe, ich habe Selbstgespräche geführt. Ich wollte ihn in einer Angelegenheit um Rat fragen, aber ich finde schon allein eine Lösung.«
Nachdem ich aufgelegt und eine Weile nachgedacht hatte, schlug ich mein Adressbuch unter »F« auf und wählte eine andere Nummer.
»Hallo, hier ist das Federal Bureau of Investigation, Dienststelle Knoxville«, verkündete eine Frauenstimme. »Wenn Sie die Durchwahl Ihres gewünschten Gesprächspartners kennen, können Sie sie jederzeit wählen.« Ich wusste die Durchwahl nicht, also drückte ich die 2 und drückte dann die entsprechenden Tasten für P, R, I und C.
»Hier spricht Special Agent Price.« Ich versuchte mich von unseren Treffen über Korruption in der Sheriff-Dienststelle von Cooke County an ihren Vornamen zu erinnern – nicht dass ich Price je mit Vornamen anreden würde, schließlich war sie ein Musterbeispiel an kühler, energischer Effizienz. Andrea? Nein, nicht Andrea, aber irgendetwas in der Richtung.
»Hallo, Special Agent Price. Hier spricht Dr. Bill Brockton von der University of Knoxville.«
»Ah, Dr. Brockton. Rufen Sie an, um sich schuldig zu bekennen, beim Hahnenkampf gewettet zu haben, Dr. Brockton?«
Ich lachte. »Nicht ganz.« Price hatte im vergangenen Jahr einen verdeckt ermittelnden Beamten des FBI nach Cooke County geschickt, um Beweise gegen den Betrieb von Hahnenkämpfen im großen Stil zu sammeln. Zufällig und unbeabsichtigt war ich beim Kampf der Hähne bis zum blutigen Tod Zuschauer geworden. Während ich einen kurzen Blick auf die finstere Subkultur des Hahnenkampfs tat, hatte ich beinahe Price’ verdeckt ermittelnden Beamten auffliegen lassen. »Ich bekenne mich schuldig des unabsichtlichen Beiwohnens in Tateinheit mit vorsätzlicher Übelkeit, aber ich habe nicht gewettet.«
»Sie hören sich an wie Bill Clinton, wenn er über Marihuana spricht«, sagte sie. »Oder Sex. Was kann ich für Sie tun, Dr. Brockton?«
»Was wissen Sie über Einäscherung?«
»Brauchen Sie Hilfe bei der Gestaltung Ihrer Beerdigung? Oder ist das hier ein Quiz?«
Sie klang gereizt und grob. Keine schlechten Eigenschaften für eine FBI-Beamtin, dämmerte mir. »Tut mir leid«, sagte ich. »Ich wollte nicht kryptisch
Weitere Kostenlose Bücher