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Eine Hand voll Asche

Eine Hand voll Asche

Titel: Eine Hand voll Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jefferson Bass
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kleinere, schäbigere Cousin des tadellosen Krematoriums war, das ich in Alcoa besucht hatte. Daneben, bemerkte ich schockiert, stand ein riesiger Barbecue-Grill.
    Eine Frau in einem weißen Schutzanzug mit dem Aufdruck der Kriminalpolizei von Georgia eilte auf das Gebäude zu, eine Kelle in der einen Hand, einen Asservatenbeutel in der anderen. »Entschuldigen Sie bitte«, rief ich, »ich suche Sean Richter. Wissen Sie, wo ich ihn finden könnte?« Sie warf mir einen Blick zu und schien überrascht, einen bebrillten Mann mittleren Alters in Khakihose und Polohemd zu sehen.
    »Er ist da drin«, sagte sie und wies mit einer Kopfbewegung durch das offene Garagentor in den dunklen Raum dahinter. Sie warf einen Blick auf meine Füße und schien etwas sagen zu wollen, unterließ es jedoch. Vermutlich genügten meine Schuhe – Doc Martens mit Gummisohle – den Anforderungen, zeigten sie doch, dass ich so klug gewesen war, meine dunklen Slipper zu Hause im Schrank zu lassen. Ich dankte ihr, und sie nickte und bog am Ende des kleinen Gebäudes um die Ecke und verschwand. Ich blieb allein am Eingang zurück.
    Nachdem meine Augen sich an die Düsterkeit drinnen gewöhnt hatten, sah ich, dass ich direkt vor einem Einäscherungsofen stand, der ein bisschen altertümlich wirkte und mehr als ein bisschen unheimlich. Im Gegensatz zu dem Bedienfeld aus glänzendem Stahl, das ich im Krematorium in Alcoa gesehen hatte, hatte dieser Ofen eine schwere Tür aus schwarzem Gusseisen, mit riesigen Scharnieren, die direkt auf dem Mauerwerk saß. Die Ofentür stand offen, doch im Inneren war es vollkommen finster. An meinem Schlüsselbund hing eine winzige Taschenlampe; ich holte sie heraus und richtete den schwachen Lichtstrahl in die gewölbte Höhle. Die Schamottesteine waren schartig und bröckelig und vollkommen mit Ruß und Spinnweben überzogen.
    Sean war nirgendwo zu sehen, doch ich hörte Stimmen, also rief ich ihn beim Namen. Von irgendwo hinter dem Einäscherungsofen kam die Antwort. »Bill Brockton, sind Sie das?«
    »Ja«, sagte ich. »Jemand hat mir gesagt, Sie wären hier drin. Als ich Sie nicht gesehen habe, dachte ich, Sie wären vielleicht in den Ofen gekrabbelt und verbrannt.«
    »Keine Chance«, sagte er und kam aus dem hinteren Teil des engen Gebäudes. »Kein Brennstoff. Der Typ vom Gasversorger hat gesagt, sie hätten vor etwa achtzehn Monaten die letzte Propangas-Lieferung abgenommen. Als er das letzte Mal hier draußen war, hat er sogar etwas gerochen, wurde misstrauisch und hat die Polizei benachrichtigt. Der Beamte, mit dem er sprach, hat ihm erklärt, das sei eine tote Kuh, und ihm geraten, sich um seine eigenen Angelegenheiten zu kümmern.« So viel zu » Rufen Sie die örtlichen Behörden an «, dachte ich und wünschte, Agentin Price würde neben mir stehen, um das hier zu hören. »Gehen wir zu den Kühlwagen, damit Sie loslegen können«, sagte Sean. »Brauchen Sie etwas zum Überziehen?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Ich habe alles, was ich brauche, im Wagen.«
    Wir gingen die Einfahrt hinauf zu der Reihe von Kühlwagen. Seans weißer Schutzanzug war voller Ruß und Spinnweben aus dem dreckigen Gebäude.
    »Wir haben sie nach Geschlechtern getrennt«, rief er über das ansteigende Getöse der Generatoren hinweg. »Männer in Wagen eins und zwei, Frauen in drei und vier, und unbekannt in fünf und sechs.«
    »Wie viele etwa in jedem?«
    »Ziemlich gleichmäßig verteilt«, rief er. »An den Leichen ist nicht mehr viel weiches Körpergewebe – wir sind in Georgia, und es ist Sommer, also sind alle Leichen, die länger als ein oder zwei Wochen hier waren, weitgehend skelettiert oder mumifiziert. Die Kleidung scheint widerstandsfähiger gewesen zu sein als das Körpergewebe, das hilft unter Umständen bei der Identifizierung.«
    Ich nickte; von den Leichen, die ich gesehen hatte, hatte ich das in etwa erwartet.
    Eine Reihe roher, aus frischen Bohlen zusammengezimmerter Holzstufen führte zur Ladeklappe jedes Anhängers. Ich folgte Sean die Stufen zum dritten Kühlwagen hinauf. Er klinkte die Tür auf, und ein eisiger Windstoß umwehte mich und kühlte den Schweiß auf Gesicht und Hals. Selbst die kalte Luft war voller Verwesungsgestank.
    Das Innere wurde von einer Kette fluoreszierender Arbeitslampen erhellt, die an der Decke provisorisch angebracht waren. Beide Seiten des Anhängers waren mit Metallregalen ausgestattet, je vier übereinander. In jedem Fach lag ein Leichensack, manche schwarz, manche weiß.

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