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Eine handvoll Dunkelheit

Eine handvoll Dunkelheit

Titel: Eine handvoll Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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das Geld ab, mit einer ungeduldigen Sorglosigkeit.
    Lora blickte auf, und ihre Augen glänzten. »Das ist das schönste Lernspiel, das du je mit nach Hause gebracht hast, Vati!«
     
Die Kriecher
    (THE CRAWLERS)
     
    Er baute, und je mehr er baute, desto mehr Vergnügen bereitete es ihm. Die Sonne brannte heiß auf ihn nieder; Sommerwind umblies ihn, während er gutgelaunt mit den Werkzeugen hantierte. Wenn ihm das Material ausging, legte er eine Pause ein und ruhte sich aus. Sein Bauwerk war nicht groß; es war eher ein Modell als ein praktisch verwertbarer Gegenstand. Ein Teil seines Bewußtseins erinnerte ihn daran, und ein anderer Teil jubilierte vor Erregung und Stolz. Es war zumindest groß genug, um es zu betreten. Er kroch durch den Eingangstunnel und kauerte sich im Innern zufrieden zusammen.
    Durch einen Spalt im Dach rieselte Schmutz. Er schied eine Dichtungsflüssigkeit aus und verschloß den Riß. Im Innern des Bauwerks war die Luft sauber und kühl, fast völlig staubfrei. Er kroch ein letztesmal über die Wände und hinterließ überall eine rasch trocknende Dichtungsschicht. Was mußte er sonst noch tun? Müdigkeit übermannte ihn plötzlich, und er wußte, daß er gleich einschlafen würde.
    Er dachte darüber nach, und schob sich dann teilweise durch den noch immer geöffneten Eingang. Dieser Teil beobachtete und horchte wachsam, während der Rest dankbar in einen tiefen Schlummer fiel. Frieden und Ruhe erfüllten ihn, und er war sich bewußt, daß man aus der Ferne nur einen niedrigen Hügel aus schwarzem Lehm erkennen konnte. Niemand würde darauf achten; niemand würde erkennen, was sich darunter befand.
    Und wenn sie es doch bemerkten, dann besaß er ausreichend Mittel, um sich darum zu kümmern.
    Der Farmer brachte seinen uralten Ford-Laster mit durchdringend quietschenden Reifen zum Stillstand. Er fluchte und setzte ein paar Meter zurück. »Da ist einer. Springen Sie raus und schauen Sie nach. Achten Sie auf die anderen Autos!«
    Ernest Gretry öffnete die Wagentür und trat steifbeinig auf den heißen Asphalt. Die Luft roch nach Sonne und trockenem Gras. Insekten umsummten ihn, während er bedächtig die Straße überquerte, die Hände in die Hosentaschen geschoben, den schmalen Oberkörper nach vorn gebeugt. Er blieb stehen und blickte nach unten.
    Das Ding war völlig zerquetscht. Reifenspuren waren an vier Stellen sichtbar, und seine inneren Organe waren zerplatzt und hervorgetreten. Das ganze Ding war eine schneckenähnliche, gummiartige, langgestreckte Röhre mit Sinnesorganen an einem Ende und einer unentwirrbaren Masse protoplasmischer Glieder am anderen.
    Was ihn am meisten beeindruckte, das war das Gesicht. Einige Zeit lang konnte er es nicht direkt ansehen; er ließ seinen Blick über die Straße, die Berge, die hohen Zedern schweifen. Ein Funkeln, das schnell verblaßte, glomm in den kleinen toten Augen. Es waren nicht die glanzlosen, dummen, leeren Augen eines Fisches. Das Leben, das er in ihnen gesehen hatte, ängstigte ihn, und er hatte es nur flüchtig beobachten können, bevor der Lastwagen darüber hinwegrollte und es zerquetschte.
    »Sie kriechen hier dauernd herum«, sagte der Farmer ernst. »Manchmal wagen sie sich sogar bis zur Stadt. Der erste, den ich gesehen habe, bewegte sich mit einer Geschwindigkeit von fünfzig Metern pro Stunde die Grand Street hinunter. Sie sind verdammt langsam. Ein paar von den jungen Leuten macht es Spaß, sie zu überfahren. Ich für meinen Teil weiche ihnen aus, wenn ich sie sehe.«
    Gretry berührte das Ding mit der Schuhspitze. Er fragte sich nachdenklich, wie viele von ihnen sich noch in den Büschen und Bergen verstecken mochten. Ein wenig abseits von der Straße erhoben sich die Umrisse von Farmgebäuden; weiße, funkelnde Rechtecke in der heißen Tennessee-Sonne. Pferde und schlafendes Vieh. Schmutzige Hühner, die im Dreck scharrten. Eine verschlafene, friedliche, ländliche Gegend unter der Glut der Sommersonne.
    »Wie weit ist das Strahlenlabor von hier entfernt?« fragte er.
    Der Fahrer streckte den Arm aus. »Es befindet sich dort drüben, jenseits dieser Hügel. Wollen Sie die Überreste aufsammeln? Unten an der Tankstelle haben sie einen von ihnen in einem großen Tank verstaut. Natürlich einen Toten. Sie haben den Tank mit Kerosin gefüllt, um ihn zu konservieren. Im Vergleich zu dem hier ist er noch fast unversehrt. Joe Jackson hat ihm mit einem Schraubenschlüssel den Schädel eingeschlagen, als er ihn eines Tages

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