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Eine handvoll Dunkelheit

Eine handvoll Dunkelheit

Titel: Eine handvoll Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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Hitzestrahl in Brand gesetzt wurde. Schließlich kamen die Chaoten wieder heraus, befriedigt und glücklich.
    Auf dem Bürgersteig standen die Menschen und verfolgten das Treiben mit gemischten Gefühlen. Einige wirkten entzückt. Andere verrieten vage Neugier. Aber die meisten zeigten Furcht und Unbehagen. Sie wichen hastig zurück, als sich der wild starrende Mob brutal an ihnen vorbeidrängte und die Beute ihrer Plünderung davonschleppte.
    »Sehen Sie?« fragte Patterson. »Diese Aktionen werden nur von einigen tausend Mitgliedern eines Komitees durchgeführt, das von Gannet finanziert wird. Die in der vordersten Reihe sind Angestellte von Gannets Fabriken, Schlägertrupps, die von ihm ausgeschickt werden. Sie versuchen, sich als die Vertreter der Menschheit hinzustellen, aber sie sind es nicht. Sie sind lediglich eine lautstarke Minderheit, ein kleiner Haufen betriebsamer Fanatiker.«
    Die Demonstration verlief sich. Das Kolonialbüro war eine verwüstete, feuergeschwärzte Ruine; der Verkehr war zum Erliegen gekommen; die meisten Menschen in der City von New York hatten die gespenstischen Parolen gesehen und das Marschgeräusch und den lautstarken Haß gehört. Die Menschen kehrten in ihre Büros und Geschäfte zurück und machten sich wieder an ihre tägliche Arbeit.
    Und dann entdeckte der Mob das venusische Mädchen, das sich in dem verriegelten Eingang zusammengekauert hatte.
     
    Patterson ließ den Wagen nach vorn schießen. Hüpfend und bockend rollte er über die Straße und auf den Bürgersteig, auf das Gewirr der düster dreinschauenden Aufrührer zu. Der Kühler des Autos bohrte sich in die vorderste Reihe und schleuderte sie wie Blätter zur Seite. Der Rest prallte mit der Metallkarosserie zusammen und stolperte als formlose Masse wild um sich schlagender Arme und Beine davon.
    Das venusische Mädchen sah das Auto auf sich zuschießen – und die Erdmenschen auf den Vordersitzen. Einen Moment lang war sie vor Furcht wie gelähmt. Dann wirbelte sie herum und hastete panikerfüllt davon, über den Bürgersteig und in das Menschengewirr, das die Straße verstopfte. Der Mob sammelte sich wieder und nahm einen Augenblick später kreischend die Verfolgung auf.
    »Packt den Schwimmfuß!«
    »Zurück mit den Schwimmfüßen auf ihren eigenen Planeten!«
    »Die Erde den Erdmenschen!«
    Und unter die lautstarken Parolen mischten sich die häßlichen Untertöne aus nonverbaler Lust und Haß.
    Patterson lenkte das Auto zurück auf die Straße. Mit der Faust hämmerte er wütend auf die Hupe und steuerte den Wagen hinter dem Mädchen her, vorbei an dem rennenden Mob. Ein Stein ließ das Rückfenster zersplittern, und Scherben überschütteten die Insassen. Vor ihnen wich die Menge auseinander und machte dem Wagen und dem Mob Platz. Keine Hand erhob sich gegen das verzweifelt rennende Mädchen, als sie schluchzend und keuchend zwischen den geparkten Wagen und den Gruppen der Schaulustigen dahinhastete. Und niemand machte Anstalten, ihr zu helfen. Jeder sah gleichgültig und interesselos zu. Zufällige Zeugen eines Ereignisses, das keinen von den Zuschauern betraf.
    »Ich greif sie mir«, sagte V-Stephens. »Halten Sie vor ihr an, und dann schnappe ich sie mir.«
    Patterson rollte an dem Mädchen vorbei und trat auf die Bremse. Das Mädchen schlug Haken wie ein verschreckter Hase. Mit einem einzigen Satz war V-Stephens aus dem Auto. Er sprintete ihr nach, als sie blindlings auf den Mob zustürmte. Er packte sie und zerrte sie zurück zum Wagen. LeMarr und Evelyn Cutter zogen beide ins Innere; und Patterson ließ das Auto einen Satz nach vorn machen.
    Einen Moment später bog er um eine Ecke, durchbrach eine Absperrung und verließ dann die Gefahrenzone. Das Gebrüll der Menschen, das Klappern der Schritte auf dem Pflaster erstarb hinter ihnen.
    »Es ist alles in Ordnung«, sprach V-Stephens beruhigend auf das Mädchen ein. »Wir sind Freunde. Schauen Sie mich an; ich bin ebenfalls ein Schwimmfuß.«
    Das Mädchen preßte sich gegen die Wagentür, die grünen Augen vor Entsetzen geweitet, das schmale Gesicht verzerrt, die Knie an den Leib gepreßt. Sie war ungefähr siebzehn Jahre alt. Ihre mit Schwimmhäuten versehenen Finger tasteten unkontrolliert über den abgewetzten Stoff ihrer Bluse. Sie hatte einen Schuh verloren. Ihr Gesicht war zerkratzt, ihr dunkles Haar zerzaust. Von ihren bebenden Lippen lösten sich nur unverständliche Laute.
    LeMarr maß ihren Puls. »Ihr Herz springt ihr fast aus der Brust«,

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