Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eine handvoll Dunkelheit

Eine handvoll Dunkelheit

Titel: Eine handvoll Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
Vom Netzwerk:
Soldaten sagten nichts. Sie konzentrierten sich auf ihre Tassen mit dem dampfend heißen Kaffee und den Apfelkuchen.
    »Es kann einen fast täuschen«, fuhr der alte Mann traurig fort. »Ihr Burschen seid bei den Saatteams?« vermutete er.
    »Nein«, entgegnete einer von ihnen. »Wir gehören zu den Raketenmannschaften.«
    Der alte Mann umklammerte seinen Aluminiumstock und erklärte: »Ich war bei den Zerstörern. In der alten Ba-3-Truppe.«
    Keiner von den Soldaten antwortete. Sie flüsterten miteinander. Die Mädchen auf einer etwas entfernt stehenden Bank hatten sich ihnen zugewandt.
    Der alte Mann griff in seine Manteltasche und holte einen Gegenstand hervor, der in graues, zerknittertes Seidenpapier eingewickelt war. Er wickelte es mit zitternden Fingern auseinander und erhob sich dann. Schwankend ging er über den Kiesweg auf die Soldaten zu. »Seht ihr das?« Er zeigte ihnen eine kleine Scheibe aus glitzerndem Metall. »Ich habe das ‘87 bekommen. Schätze, das war noch vor eurer Zeit.«
    Etwas wie Interesse glitt über die Gesichter der jungen Soldaten. »He«, pfiff einer von ihnen bewundernd. »Das ist ein Kristallorden Erster Klasse.« Fragend blickte er auf. »Den haben Sie sich verdient?«
    Der alte Mann kicherte stolz, während er den Orden wieder einwickelte und in seiner Manteltasche verstaute. »Ich habe unter Nathan West gedient, auf der Wind Giant. Erst beim letzten Angriff, den sie gegen uns unternahmen, bekam ich ihn. Ich war schon mit meiner V-Truppe draußen. Vielleicht habt ihr von dem Tag gehört, an dem wir unser Netzwerk errichteten, das bis zum ...«
    »Tut mir leid«, brummte einer der Soldaten. »Daran können wir uns nicht erinnern. Das muß vor unserer Zeit gewesen sein.«
    »Natürlich«, sagte der alte Mann eifrig. »Das war vor mehr als sechzig Jahren. Habt ihr schon einmal von Major Perati gehört? Wie er ihre Geleitflotte in einen Meteorschwarm gelockt hat, als sie sich für die Entscheidungsschlacht sammelten? Und wie es der Ba-3 gelang, sie monatelang zurückzuhalten, bis sie uns schließlich doch geschlagen haben?« Er fluchte verbittert. »Wir hielten sie auf. Bis nur noch ein paar von uns übrig waren. Dann fielen sie wie die Heuschrecken über uns her. Und was sie auch antrafen, das ...«
    »Entschuldigung, Opa.« Die Soldaten richteten sich geschmeidig auf, sammelten die Überreste ihres Picknicks zusammen und näherten sich der Bank mit den Mädchen. Die Mädchen sahen sie scheu an und kicherten erwartungsvoll. »Wir reden ein andermal weiter.«
    Der alte Mann wandte sich ab und stapfte wütend zu seiner eigenen Bank zurück. Enttäuscht vor sich hin grummelnd und in die nassen Büsche spuckend, versuchte er, es sich bequem zu machen. Aber die Sonne störte ihn; und der Lärm der Menschen und Fahrzeuge machte ihn krank.
    Er saß auf der Parkbank, das gesunde Auge halb geschlossen, die blassen Lippen voller Verbitterung und Kummer zusammengepreßt. Niemand interessierte sich für einen gebrechlichen, halb blinden alten Mann. Niemand wollte seine zusammenhanglosen, unkonzentrierten Geschichten von den Schlachten hören, in denen er gekämpft hatte, und von den Strategien, die von ihm erdacht worden waren. Niemand schien sich noch an den Krieg zu erinnern, der nach wie vor wie ein flackerndes, schmorendes Feuer in dem verfallenden Gehirn des alten Mannes brannte. Der Krieg, von dem zu erzählen es ihn drängte, wann immer er Zuhörer finden konnte.
     
    Vachel Patterson brachte seinen Wagen zum Stillstand und zog die Handbremse an. »Das war’s«, sagte er über die Schulter hinweg. »Machen Sie es sich bequem. Wir werden ein wenig warten müssen.« Es war ein vertrautes Bild, das sich ihnen bot. Tausende von Menschen mit grauen Mützen und Armbinden strömten durch die Straße, riefen Parolen und schwenkten riesige Transparente, die weithin sichtbar waren.
     
    KEINE VERHANDLUNGEN! NUR VERRÄTER VERHANDELN! MENSCHEN UNTERNEHMEN ETWAS! REDET NICHT, ZEIGT ES IHNEN! EINE STARKE ERDE IST DER BESTE GARANT FÜR DEN FRIEDEN!
     
    Auf dem Rücksitz des Autos legte Edwin LeMarr mit einem überraschten Grunzen seine Berichtsbänder zur Seite. »Warum haben wir angehalten? Was ist los?«
    »Eine Demonstration«, erklärte Evelyn Cutter zurückhaltend. Sie setzte sich zurecht und entzündete angeekelt eine Zigarette. »So widerlich wie alle anderen.«
    Die Demonstration hatte ihren Höhepunkt erreicht. Männer und Frauen, Jugendliche, die an diesem Nachmittag schulfrei bekommen

Weitere Kostenlose Bücher