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Eine Handvoll Dunkelheit

Eine Handvoll Dunkelheit

Titel: Eine Handvoll Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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als sie den Wagen fahren wollten und das gleiche behauptet hatten und ich glaubte, sie hätten deine Erlaubnis, da besaßen sie sie natürlich nicht.“
    Miller ließ sich benommen am Tisch nieder. Geistesabwesend spielte er mit seiner Pfeife. Er legte sie in den Kupferaschenbecher und fummelte an seinem Jackenärmel. Was ging hier vor? In seinem Kopf drehte sich alles. Abrupt richtete er sich auf und eilte zu dem über der Spüle angebrachten Fenster.
    Häuser, Straßen. Die fernen Berge jenseits der Stadt. Lärmende Menschen. Der dreidimensional projizierte Hintergrund war vollkommen realistisch; aber handelte es sich dabei denn um einen projizierten Hintergrund? Wie konnte er sicher sein? Was ging hier vor?
    „George, was ist los mit dir?“ fragte Marjorie, als sie die rosa Plastikschürze umband und heißes Wasser in die Spüle laufen ließ. „Du solltest dich besser in den Wagen setzen und zur Arbeit fahren. Hast du gestern nacht nicht gesagt, daß der alte Davidson über die Angestellten schimpft, die zu spät zur Arbeit kommen und um den Wasserspender herumstehen und schwatzen und sich auf Kosten der Firma einen feinen Lenz machen?“
    Davidson. Der Name bohrte sich in Millers Gedanken. Natürlich kannte er ihn. Ein deutliches Bild stieg in ihm auf; ein großer, weißhaariger alter Mann, hager und ernst. Eine Weste und eine Taschenuhr. Und das ganze Büro der United Electronic Supply. Das zwölfstöckige Gebäude in der City von San Francisco. Der Zeitschriften- und Tabakwarenstand in der Halle. Die hupenden Autos. Verstopfte Parkplätze. Der Aufzug, voller helläugiger Sekretärinnen und Schweißgeruch und Parfümduft.
    Er verließ die Küche, schritt durch den Korridor, an seinem Schlafzimmer vorbei, an dem seiner Frau und in das Wohnzimmer. Die Vordertür war offen, und er ging hinaus auf die Veranda.
    Die Luft war frisch und wohlriechend. Es war strahlend hell. Ein Aprilmorgen. Der Rasen war noch immer taufeucht. Autos rollten durch die Virginia Street in Richtung Shattuck Avenue. Der frühmorgendliche Berufsverkehr, Geschäftsleute auf dem Weg zur Arbeit. Auf der anderen Straßenseite winkte Earl Kelly freundlich mit der Oakland Tribüne , während er über den Bürgersteig zur Bushaltestelle hastete.
    In der Ferne konnte Miller Bay Bridge, Yerba Buena Island und Treasure Island erkennen. Jenseits davon erstreckte sich San Francisco. In einigen Minuten würde er in seinem Buick über die Brücke rasen, auf dem Weg ins Büro. Zusammen mit Tausenden anderen Geschäftsleuten in blauen Nadelstreifenanzügen.
    Ted schob sich an ihm vorbei und trat auf die Veranda. „Dann bist du einverstanden? Du hast nichts dagegen, daß wir campen fahren?“
    Miller befeuchtete seine trockenen Lippen. „Ted, hör mir zu. Irgend etwas ist seltsam …“
    „Was denn?“
    „Ich weiß es nicht.“ Miller wanderte nervös über die Veranda.
    „Heute ist Freitag, oder?“
    „Natürlich.“
    „Ich dachte es mir.“ Aber woher wußte er, daß Freitag war? Woher wußte er das alles? Aber natürlich war Freitag. Eine lange, harte Woche – die ganze Zeit über den alten Davidson im Nacken. Besonders schlimm war es am Mittwoch gewesen, als die Erledigung eines Auftrages von General Electric durch einen Streik verzögert worden war.
    „Ich möchte dich etwas fragen“, wandte sich Miller an seinen Sohn. „Heute morgen – da habe ich die Küche verlassen, um die Zeitung zu holen.“
    Ted nickte. „Ja. Und?“
    „Ich stand auf und ging aus dem Zimmer. Wie lange war ich fort? Nicht lange, oder?“ Er suchte nach Worten, aber in seinem Schädel summten tausend zusammenhanglose Gedanken. „Ich saß mit euch allen am Küchentisch, und dann stand ich auf und sah nach der Zeitung. Richtig? Und dann kam ich zurück. Richtig?“ Seine Stimme schwankte vor Verzweiflung. „Ich bin heute morgen aufgestanden und habe mich rasiert und angezogen. Ich frühstückte. Toast und Kaffee. Schinken. Richtig ?“
    „Richtig“, bestätigte Ted. „Und?“
    „Wie ich es immer tue.“
    „Nur am Freitag gibt es Toast.“
    Miller nickte langsam. „Das stimmt. Toast am Freitag. Weil Onkel Frank samstags und sonntags immer bei uns ißt und keinen Toast ausstehen kann, kaufen wir für’s Wochenende keinen mehr ein. Frank ist Marjories Bruder. Im Ersten Weltkrieg hat er bei der Marine gedient. Er war Korporal.“
    „Auf Wiedersehen“, rief Ted, als Don herauskam. „Bis heute abend.“
    Die Schulbücher unter den Arm geklemmt, eilten die Jungen

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