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Eine Handvoll Dunkelheit

Eine Handvoll Dunkelheit

Titel: Eine Handvoll Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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der mächtigsten Männer des zweiundzwanzigsten Jahrhunderts gegenüber. Er lächelte und streckte die Hand aus.
    „Sie geisteskranker Einfaltspinsel“, knurrte Carnap. „Kommen Sie da heraus, bevor wir Sie holen. Wenn wir das tun müssen, sind Sie erledigt. Sie wissen, was mit fortgeschrittenen Psychopathen geschieht. Man wird Sie euthanasieren lassen. Ich gebe Ihnen eine letzte Chance, aus dieser verdammten Ausstellung herauszukommen …“
    „Tut mir leid“, erklärte Miller, „aber es ist keine Ausstellung.“
    Carnaps fleischiges Gesicht verriet plötzlich Überraschung. Für einen kurzen Augenblick schien er die Fassung zu verlieren.
    „Sie versuchen noch immer zu behaupten …“
    „Dies ist ein Zeittor“, sagte Miller ernst. „Sie können mich nicht holen, Carnap. Sie können mich nicht erreichen. Ich befinde mich zweihundert Jahre in der Vergangenheit. Ich habe eine frühere Existenzebene betreten. Ich stieß auf eine Brücke und floh aus Ihrem Kontinuum in dieses hier. Und es gibt nichts, das Sie dagegen unternehmen könnten.“
    Carnap und seine Experten zogen sich zu einer schnellen technischen Beratung zurück. Miller wartete geduldig. Er hatte genug Zeit; er hatte sich entschieden, erst am Montag wieder ins Büro zu gehen.
    Nach einer Weile trat Carnap wieder auf die Öffnung zu und gab acht, daß er nicht über das Sicherheitsgeländer stieg. „Eine interessante Theorie, Miller. Das ist das Seltsame an Psychopathen. Sie rationalisieren ihre Halluzinationen und fügen sie in ein logisches System ein. A priori hört sich Ihr Konzept recht überzeugend an. Für sich betrachtet, scheint es schlüssig zu sein. Nur …“
    „Nur was?“
    „Nur stimmt es einfach nicht.“ Carnap hatte seine Fassung wiedergewonnen; er schien Vergnügen an dem Disput zu finden. „Sie glauben, Sie befänden sich wirklich in der Vergangenheit. Ja, diese Ausstellung ist außerordentlich genau. Sie haben immer gute Arbeit geleistet. Die Authentizität der Details wird von keiner anderen Ausstellung erreicht.“
    „Ich habe mich bemüht, meine Arbeit vernünftig zu erledigen“, murmelte Miller.
    „Sie tragen altmodische Kleidung und benutzen altertümliche Redewendungen. Sie haben alles mögliche unternommen, um sich zurückzuversetzen. Sie haben sich nur noch um Ihre Arbeit gekümmert.“ Carnap strich mit dem Fingernagel über das Sicherheitsgeländer. „Es wäre eine Schande, Miller. Eine wahre Schande, solch eine präzise Reproduktion zu zerstören.“
    „Ich verstehe Ihren Standpunkt“, sagte Miller nach einer Weile. „In gewisser Weise stimme ich Ihnen zu. Ich bin sehr stolz auf meine Arbeit – ich würde es hassen, alles vernichtet sehen zu müssen. Aber das wird Ihnen nichts nützen. Alles, was Sie erreichen können, ist, das Zeittor zu schließen.“
    „Sind Sie sicher?“
    „Natürlich. Die Ausstellung ist nur eine Brücke, eine Verbindung zur Vergangenheit. Ich bin durch die Ausstellung gegangen, aber ich bin nicht mehr dort. Ich bin nun jenseits der Ausstellung.“ Er lächelte breit. „Ihre Zerstörung kann mich nicht beeinflussen. Aber schließen Sie ruhig das Tor, wenn Sie wollen. Ich glaube nicht, daß ich jemals zurückkehren möchte. Ich wünschte, Sie könnten diese Seite sehen, Carnap. Es ist ein hübscher Ort. Freiheit, Chancen. Es gibt hier keine Euthanasie. Kommen Sie herüber. Ich werde Sie meiner Frau vorstellen.“
    „Wir kriegen Sie schon“, versicherte Carnap. „Und zwar mitsamt Ihren psychotischen Halluzinationen.“
    „Ich bezweifle, ob sich eine meiner ‚psychotischen Halluzinationen’ deswegen Sorgen machen wird. Grunberg gewiß nicht. Und ich glaube nicht, daß Marjorie …“
    „Wir haben bereits mit dem Abbruch begonnen“, erklärte Carnap ruhig. „Wir werden die Ausstellung Stück für Stück auseinandernehmen, nicht alles auf einmal. So haben Sie Gelegenheit, die wissenschaftliche und … künstlerische Art und Weise zu bewundern, mit der wir Ihre Traumwelt zerstören.“
    „Sie verschwenden Ihre Zeit“, widersprach Miller. Er drehte sich um und ging über den Bürgersteig davon, den Kiesweg entlang und stieg auf die Veranda seines Hauses.
    Im Wohnzimmer ließ er sich in den Lehnstuhl fallen und schaltete den Fernseher ein. Dann betrat er die Küche und holte sich eine Flasche eiskalten Bieres. Er trug sie glücklich in das sichere, gemütlich eingerichtete Wohnzimmer.
    Als er sich vor den Fernseher setzte, fiel sein Blick auf einen zusammengerollten Gegenstand

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