Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eine Handvoll Dunkelheit

Eine Handvoll Dunkelheit

Titel: Eine Handvoll Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
Vom Netzwerk:
hervor. Sein gesundes Auge war vor Haß und Raserei gerötet. Von seinen welken Lippen tropfte Speichel. Er wedelte wild mit den dünnen, klauenähnlichen Händen, als die beiden Veränderten in das Zedernwäldchen krochen, das sich bis zur gegenüberliegenden Seite des Parkes erstreckte.
    „Haltet sie auf!“ geiferte David Unger. „Laßt sie nicht entkommen! Was ist mit euch los? Ihr verdammten lilienweißen Feiglinge. Was seid ihr denn für Männer?“
    „Reg dich nicht auf, Alter“, sagte ein junger Soldat gutmütig. „Sie tun niemandem weh.“
    Unger hob seinen Stock auf und fuchtelte damit vor dem Gesicht des Soldaten. „Sie – Schwätzer “, schnappte er. „Was sind Sie eigentlich für ein Soldat?“ Ein Hustenanfall ließ ihn verstummen; er krümmte sich und schnappte nach Luft. „Zu meiner Zeit“, keuchte er, „Übergossen wir sie mit Raketentreibstoff und knüpften sie auf. Wir verstümmelten sie. Wir schnitten den dreckigen Schwimmfüßen und Krähen die Kehlen durch. Wir haben es ihnen gegeben.“
    Ein hochgewachsener Polizist hatte sich den beiden Veränderten in den Weg gestellt. „Verschwindet“, befahl er drohend. „Ihr Burschen habt kein Recht, euch hier herumzutreiben.“
    Die beiden Veränderten rannten an ihm vorbei. Der Polizist hob lässig seinen Schlagstock und versetzte dem Marsianer einen Hieb zwischen die Augen. Der zerbrechliche, dünnknochige Schädel zersplitterte, und der Marsianer brach geblendet, im Todeskampf zuckend, zusammen.
    „So ist es richtig“, keuchte David Unger befriedigt.
    „Sie schlechter, dreckiger alter Mann“, fuhr ihn eine Frau mit vor Entsetzen bleichem Gesicht an. „Leute wie Sie sind für all diese Untaten verantwortlich.“
    „Was sind Sie?“ fauchte Unger. „Ein Krähen-Liebchen?“
    Die Menge verlief sich. Unger umklammerte den Stock und humpelte auf den Ausgang zu, fluchend und Verwünschungen ausstoßend, wütend in die Büsche spuckend und den Kopf schüttelnd.
    Als er das Hospitalgelände erreichte, zitterte er noch immer vor Wut und Widerwillen. „Was wollen Sie von mir?“ fragte er, als er vor dem breiten Empfangstisch im Zentrum der Vorhalle stand. „Ich weiß überhaupt nicht, was los ist. Zuerst wecken Sie mich aus dem ersten richtigen Schlaf, den ich seit meiner Ankunft hatte, und dann sah ich doch zwei Schwimmfüße, die am hellichten Tag herumlaufen, frech wie …“
    „Doktor Patterson möchte Sie sehen“, erklärte die Schwester geduldig. „Zimmer 301.“ Sie nickte einem Roboter zu. „Führe Mr. Unger nach 301.“
    Der alte Mann humpelte mürrisch hinter dem sanft dahingleitenden Roboter her. „Ich dachte, euch Blechburschen hätte man ’88 im Krieg in Europa verheizt“, bemerkte er. „Was soll das eigentlich, all diese lilienweißen jungen Kerle in Uniform? Jeder spaziert herum, macht sich eine schöne Zeit, lacht und schäkert mit den Mädchen, die nichts Besseres zu tun haben, als nackt im Gras herumzuliegen. Das muß doch einen Grund haben. Es muß doch etwas …“
    „Hier hinein, Sir“, sagte der Roboter, und die Tür zum Zimmer 301 öffnete sich.
    Vachel Patterson erhob sich geschmeidig, als der alte Mann eintrat und aufgebracht, den Aluminiumstock umklammert, vor dem Schreibtisch stehenblieb. Es war das erstemal, daß er David Unger von Angesicht zu Angesicht gegenüberstand. Beide Männer sahen sich abschätzend an; der dünne, mürrische alte Soldat und der gutgekleidete junge Arzt mit dem schwarzen, schütteren Haar, der Hornbrille und dem gutmütigen Gesicht. Neben dem Schreibtisch stand Evelyn Cutter gelassen da, hörte zu, eine Zigarette zwischen den roten Lippen, das blonde Haar nach hinten gekämmt.
    „Ich bin Doktor Patterson, und das ist Miß Cutter.“ Patterson deutete mit den eselsohrigen, zerknitterten Unterlagen zerstreut auf den Sessel. „Nehmen Sie Platz, Mr. Unger. Ich möchte Ihnen einige Fragen stellen. Es haben sich einige Probleme mit Ihren Papieren ergeben. Wahrscheinlich nur ein unwichtiger Fehler, aber man hat sie an mich zurückgeschickt.“
    Bedächtig setzte sich Unger. „Diese ständige Fragerei. Ich bin jetzt seit einer Woche hier, und jeden Tag ist etwas anderes. Vielleicht hätte ich einfach auf der Straße liegenbleiben und sterben sollen.“
    „Nach den Unterlagen sind Sie vor acht Tagen eingetroffen.“
    „Vermutlich. Wenn es so da steht, wird es wohl stimmen.“ Der matte Sarkasmus des alten Mannes nahm eine boshafte Wendung. „Wenn’s nicht stimmen würde,

Weitere Kostenlose Bücher