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Eine Handvoll Dunkelheit

Eine Handvoll Dunkelheit

Titel: Eine Handvoll Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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aus wie die echte Erde. Ein wenig zu hektisch und zu hell; nicht so friedlich, wie die Erde wirklich war. Aber selbst die Luft riecht genauso wie einst daheim.“
    Stille trat ein.
    „Dann sind Sie hierhergekommen, nachdem … diese Kolonie zerstört wurde?“ fragte Patterson heiser.
    „Ich glaube schon.“ Unger zuckte müde die Achseln. „Das letzte, an das ich mich erinnere, ist das Bersten der Kuppel und die Angst, als die Luft und die Wärme und die Schwerkraft verschwanden. Überall landeten Schiffe der Krähen und Schwimmfüße. Überall starben Menschen. Ich wurde bewußtlos. Als ich wieder zu mir kam, lag ich hier auf der Straße, und ein paar Leute halfen mir auf die Beine. Ein Blechbursche und einer von Ihren Ärzten brachten mich dann hierher.“
    Patterson stieß pfeifend die Luft aus der Lunge. „Ich verstehe.“ Geistesabwesend spielte er mit den zerknitterten, schweißverklebten ID-Papieren. „Nun, das erklärt diese Unregelmäßigkeit.“
    „Haben Sie denn nicht alles? Fehlt etwas?“
    „All Ihre Papiere sind hier. Ihre Kapsel hing an Ihrem Handgelenk, als man Sie herbrachte.“
    „Natürlich.“ Ungers Hühnerbrust schwoll an vor Stolz. „Mit sechzehn habe ich das gelernt. Selbst wenn man tot ist, muß man diese Kapsel bei sich tragen. Wichtig für die Akten.“
    „Die Akten sind in Ordnung“, bestätigte Patterson rauh. „Sie können in Ihr Zimmer zurückkehren. Oder in den Park. Wohin Sie wollen.“ Er machte ein Zeichen, und der Roboter führte den verhutzelten alten Mann behutsam aus dem Büro hinaus auf den Korridor.
    Als sich die Tür schloß, begann Evelyn Cutter langsam und monoton zu fluchen. Sie drückte die Zigarette mit ihrem spitzen Absatz aus und schritt nervös auf und ab. „Großer Gott, in was haben wir uns da nur hineingestürzt?“
    Patterson schaltete das Intervideo ein, wählte die Vermittlung und sagte zu dem Supraplan-Kontrolleur: „Verbinden Sie mich mit der Obersten Heeresleitung. Sofort.“
    „Luna, Sir?“
    „Ja“, nickte Patterson. „Mit der Hauptbasis auf Luna.“
    An der Wand des Büros, hinter Evelyn Cutters erregt auf und ab schreitender Gestalt, hing der Kalender und zeigte den 4. August 2169 an. Wenn David Unger im Jahre 2154 geboren war, dann mußte er jetzt ein fünfzehnjähriger Junge sein. Und er war im Jahre 2154 geboren. So stand es in seinen zerknitterten, vergilbten, schweißdurchweichten Papieren. In den ID-Papieren, die er während des ganzen Krieges mit sich herumgetragen hatte, eines Krieges, der noch nicht begonnen hatte.
     
    „Er ist ein Veteran“, sagte Patterson zu V-Stephens. „Ein Veteran eines Krieges, der nicht vor einem Monat ausbrechen wird. Kein Wunder, daß sein Antrag von den IBM-Computern zurückgewiesen wurde.“
    V-Stephens befeuchtete seine dunkelgrünen Lippen. „Dieser Krieg wird zwischen der Erde und den beiden Kolonialplaneten ausgetragen werden. Und die Erde wird ihn verlieren?“
    „Unger hat den ganzen Krieg mitgemacht. Er nahm von Anfang bis Ende daran teil – bis zur völligen Zerstörung der Erde.“ Patterson trat ans Fenster und blickte hinaus. „Die Erde verlor den Krieg, und die Erdmenschen wurden ausgelöscht.“
    Durch das Fenster von V-Stephens’ Büro konnte Patterson die ganze Stadt überblicken. Kilometerweit weiße, in der Sonne glitzernde Häuser. Elf Millionen Menschen. Ein riesiges Handels- und Industriezentrum, der wirtschaftliche Nabel des Systems. Und jenseits davon eine ganze Welt voller Städte und Farmen und Straßen, drei Milliarden Männer und Frauen. Ein blühender, wohlhabender Planet, die Mutterwelt, von der alle Veränderten ursprünglich abstammten, all die ehrgeizigen Siedler auf der Venus und dem Mars. Zahllose Frachter verkehrten zwischen der Erde und den Kolonien, vollgepackt mit Mineralien und Erzen und Industrieprodukten. Und schon krochen die Prospektorenteams über die Oberfläche der äußeren Planeten und steckten im Namen des Direktorats die Claims ab, suchten nach neuen Rohstoffquellen.
    „Er sah all das zu radioaktivem Staub werden“, sagte Patterson. „Er sah, wie bei der Schlußoffensive die Verteidigungseinrichtungen der Erde überrannt wurden. Und dann vernichteten sie die Lunabasis.“
    „Sie sagten, daß sich einige Militärs bereits auf dem Weg vom Mond zur Erde befinden?“
    „Ich habe ihnen genug verraten, um sie aufzuscheuchen. Gewöhnlich dauert es Wochen, bis sich diese Burschen rühren.“
    „Ich würde gern diesen Unger sehen“, erklärte

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