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Eine Handvoll Dunkelheit

Eine Handvoll Dunkelheit

Titel: Eine Handvoll Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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ungeduldig. „Verschwenden wir keine Zeit. Ihren Angaben nach muß es sich um eine wichtige Sache handeln.“
    „So ist es“, bestätigte V-Stephens ruhig. Er wischte sich mit dem Taschentuch einen Blutspritzer vom Mund. „Es ist die Reise von Luna wert. Verlassen Sie sich darauf – ich weiß es.“
     
    Der Mann, der rechts neben Gannet saß, war ein Lieutenant. In stummer Ehrfurcht blickte er auf den Bildschirm. Sein junges, hübsches, weißes Gesicht verriet Verblüffung, als sich aus der grauen Nebelbank ein riesiges Schlachtschiff löste, mit zerstörtem Reaktor, die vorderen Geschütztürme zerborsten, die Hülle aufgeschlitzt.
    „Großer Gott“, sagte Lieutenant Nathan West leise. „Das ist die Wind Giant. Das größte Schlachtschiff, das wir haben. Sehen Sie sich das an – es ist völlig unbrauchbar.“
    „Das wird Ihr Schiff sein“, erklärte Patterson. „Sie werden es kommandieren, wenn es ’87 von den vereinigten Flotten der Venus und des Mars vernichtet wird. David Unger wird unter Ihnen dienen. Sie werden sterben, aber Unger gelingt die Flucht. Die wenigen Überlebenden Ihres Schiffes werden von Luna aus verfolgen, wie die Erde systematisch von den C-Raketen der Venus und des Mars zerstört wird.“
    Auf dem Bildschirm hüpften und kreisten die Schiffe wie Fische am Grund eines verschmutzten Aquariums. Ein gewalttätiger Mahlstrom wallte im Zentrum, ein Wirbel aus Energie, der die Schiffe hin und her schleuderte. Die silbernen irdischen Schiffe erzitterten und zerbarsten dann. Blitzende, schwarze marsianische Schlachtkreuzer huschten durch die breite Lücke – und die Hanke der Erdflotte wurde gleichzeitig von den wartenden Venusiern angegriffen. Gemeinsam fielen sie über die Reste der Erdschiffe her, nahmen sie in eine stählerne Zange und zerstörten sie. Kurz glosten grelle Explosionen auf, und die Schiffe waren verschwunden. In der Ferne kreiste langsam und majestätisch der ernste, blau und grün gesprenkelte Ball, der die Erde war.
    Bereits jetzt waren auf ihr häßliche Pockennarben zu erkennen. Bombenkrater, geschaffen von den C-Raketen, die das Verteidigungssystem durchbrochen hatten.
    LeMarr schaltete den Projektor aus, und der Bildschirm wurde grau. „Damit endet die Gehirnaufzeichnung. Wir haben nur visuelle Fragmente wie dieses hier aufnehmen können, kurze Szenen, die ihn besonders beeindruckt haben. Wir können keine Kontinuität erreichen. Die nächste Szene spielt Jahre später, auf einem der künstlichen Satelliten.“
    Die Lampen leuchteten auf, und die Zuschauer erhoben sich steifbeinig. Gannets Gesicht war von einem kränklichen Grau. „Doktor LeMarr, ich würde diese Aufnahme gern noch einmal sehen. Die Szene mit der Erde.“ Er gestikulierte hilflos. „Sie wissen, welche ich meine.“
    Das Licht ging wieder aus, und erneut wurde der Bildschirm hell. Diesmal war nur die Erde sichtbar, ein Ball, der rasch zurückfiel, während der Hochgeschwindigkeitstorpedo, in dem sich David Unger befand, hinaus in den interplanetaren Raum schoß. Unger hatte sich so plaziert, daß er seine tote Heimatwelt bis zum Schluß sehen konnte.
    Die Erde war eine Ruinenlandschaft. Unwillkürlich keuchten die zuschauenden Soldaten auf. Nichts lebte mehr. Nichts regte sich. Nur tödliche, radioaktive Aschewolken drifteten ziellos über die kraterbedeckte Oberfläche. Was einst ein von Leben sprühender Planet mit drei Milliarden Einwohnern gewesen war, stellte jetzt nur noch einen verkohlten Schlackehaufen dar. Nur Schutthaufen waren übriggeblieben, die von den heulenden, ruhelosen Winden verteilt und über die toten Ozeane geblasen wurden.
    „Ich nehme an, daß einige Pflanzenarten überleben werden“, bemerkte Evelyn Cutter rauh, als der Bildschirm verblaßte und die Deckenlampen aufflammten. Sie schauderte und wandte sich ab.
    „Vielleicht Unkraut“, nickte LeMarr. „Dunkles, trockenes Unkraut, das sich durch die Schlacke bohrt. Später vielleicht einige Insekten. Und natürlich Bakterien. Ich schätze, daß im Lauf der Zeit die Bakterien die Schlacke wieder in fruchtbaren Boden verwandeln werden. Und eine Milliarde Jahre lang wird es regnen.“
    „Seien wir realistisch“, knurrte Gannet. „Die Schwimmfüße und die Krähen werden die Erde wieder besiedeln. Sie werden hier auf der Erde leben, nachdem sie uns alle umgebracht haben.“
    „Und in unseren Betten schlafen?“ warf LeMarr sanft ein. „Unsere Badezimmer und Sitzungsräume und Autos benutzen?“
    „Ich weiß nicht,

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