Eine Handvoll Dunkelheit
Mrs. Kathy Sharp – die ehemalige Kathy Egmont – ein Angebot für die Wilhelmina Securities überreichen. Ein Aktientausch, so eingefädelt, daß am Schluß Harvey die Kontrolle über Wilhelmina erhielt. Da der Wert der Gesellschaft kaum zu kalkulieren war, bot Harvey im Austausch kein Geld, sondern Landbesitz; er besaß riesige Ländereien auf Ganymed, die er vor einem Jahrzehnt von der Sowjetregierung als Bezahlung für technische Hilfe erhalten hatte, die ihr und ihren Kolonien zugute gekommen war.
Die Chance, daß Kathy akzeptieren würde, war gleich Null.
Und dennoch mußte er ihr das Angebot machen. Der nächste Schritt – er schrak davor zurück, auch nur daran zu denken – würde von einer heftigen Auseinandersetzung um die Marktanteile zwischen Harveys und ihrer Frachtgesellschaft eingeleitet werden. Und ihre Gesellschaft, so wußte er, befand sich im Niedergang; seit dem Tod des alten Mannes hatte es Streitigkeiten mit den Gewerkschaften gegeben. Das, was Louis am meisten gehaßt hatte, zeichnete sich nun ab: gewerkschaftlich organisierte Arbeiter bei der Archimedean.
Er selbst sympathisierte mit den Gewerkschaften; es wurde höchste Zeit, daß sie sich rührten. Nur die schmutzigen Taktiken des alten Mannes und seine zügellose Energie, von seiner verschlagenen, hohen Intelligenz ganz zu schweigen, hatten sie bisher zurückgehalten. Kathy verfügte über keine dieser Eigenschaften. Und Johnny Barefoot …
Was ist schon ein Ungebildeter? fragte sich St. Cyr sarkastisch.
Und Barefoot hatte alle Hände voll damit zu tun, Kathys Image in der Öffentlichkeit aufzupolieren; er hatte kaum damit begonnen, als der Streit mit den Gewerkschaften ausgebrochen war. Eine ehemalige drogensüchtige und religiöse Frau, die eine kriminelle Vergangenheit besaß … Johnny hatte nicht viel Erfolg gehabt.
Wo er tüchtig gewesen war, das war im Bereich ihrer körperlichen Erscheinung. Sie sah süß aus, sogar lieb und unschuldig, fast heilig. Und Johnny hatte sich darauf konzentriert. Statt sie in der Presse zu zitieren, hatte er sie fotografiert, mit tausend verschiedenen Motiven; mit Hunden, Kindern, auf Jahrmärkten, in Krankenhäusern, bei Wohltätigkeitsveranstaltungen – was eben so dazugehörte.
Aber unglücklicherweise hatte Kathy dieses Image zerstört, und das auf sehr ungewöhnliche Weise.
Kathy behauptete – ganz einfach –, daß sie mit ihrem Großvater in Verbindung stehen würde. Daß er es war, der aus einer Entfernung von einer Lichtwoche die Sendungen ausstrahlte, die im Kennedy-Krater aufgefangen wurden. Sie hörte ihn, wie ihn auch alle anderen Menschen hörten … und auf wunderliche Weise hörte er auch sie.
St. Cyr lachte laut, während er mit dem automatischen Aufzug hinauf zur Kopterlandefläche auf dem Dach fuhr. Ihre religiöse Verschrobenheit konnte vor den Klatschkolumnisten nicht verheimlicht werden … Kathy hatte zuviel davon in der Öffentlichkeit erzählt, in Restaurants und in kleinen, berühmten Lokalen. Und auch wenn Johnny sie begleitete, konnte selbst er sie nicht zum Schweigen bringen.
Außerdem war da noch dieser Zwischenfall auf jener Party, wo sie ihre Kleider abgelegt und erklärt hatte, daß der Augenblick der Läuterung gekommen sei, und an einigen Körperstellen hatte sie sich mit rotem Nagellack betupft als eine Art rituelle Zeremonie … natürlich war sie betrunken gewesen.
Und das ist die Frau, dachte St. Cyr, die Archimedean beherrscht. Die Frau, die wir in unserem und im öffentlichen Interesse hinauswerfen müssen. Für ihn war dies praktisch eine Aufgabe im Namen des Volkes. Das Gemeinwohl verlangte dies, und der einzige, der dies nicht einsah, war Johnny.
St. Cyr dachte: Johnny LIEBT sie. Das ist sein Motiv. Ich frage mich, durchfuhr es ihn amüsiert, was Sarah Belle davon hält.
Heiter bestieg er seinen Kopter, schloß die Luke und schob seinen Schlüssel in den Anlasser. Und dann dachte er erneut an Alfonse Garn. Und seine gute Laune verschwand abrupt; er fühlte sich mit einemmal wieder bedrückt.
Da sind zwei Menschen, erkannte er, die der Meinung sind, daß der alte Louis Sarapis noch lebt; Kathy Egmont Sharp und Alfonse Garn. Zwei völlig unterschiedliche Menschen. Und trotz seines Widerwillens würde er mit beiden zusammenarbeiten müssen. Das schien sein Schicksal zu sein.
Ich bin jetzt nicht besser dran als damals mit dem alten Louis, sagte er sich. In gewisser Hinsicht ist alles noch schlimmer geworden.
Der Kopter stieg in den Himmel und
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