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Eine Handvoll Dunkelheit

Eine Handvoll Dunkelheit

Titel: Eine Handvoll Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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vorsichtig hinein. Hinter ihnen schloß sich das Schott wieder.
    Einen Moment später huschte der Gleiter über die salzverkrustete Ebene in Richtung auf den häßlichen, schmatzenden Ozean.
     
    Ruhelos wanderten Norton und Kapitän Andrews an der Küste entlang. Die Nacht brach herein. Wolken aus feinen Salzkörnern umtanzten sie. Die Schlammtümpel verbreiteten in der zunehmenden Dunkelheit einen durchdringenden Gestank. Trüb und fern verblaßte eine Bergkette in der Stille und den Schatten.
    „Nur zu“, sagte Andrews. „Was geschah dann?“
    „Das war alles. Sie verließ den Gleiter zusammen mit dem Robotdiener. Ich blieb drinnen. Sie standen da und sahen über den Ozean. Nach einer Weile schickte die alte Frau den Robotdiener zurück in den Gleiter.“
    „Warum?“
    „Keine Ahnung. Ich schätze, daß sie allein sein wollte. Eine Zeitlang stand sie so am Strand und blickte über das Wasser. Der Wind wurde heftiger. Mit einmal schien sie sich hinzusetzen. Sie sank zu einem Häufchen zusammen, mitten in der Salzasche.“
    „Und dann?“
    „Während ich um meine Fassung rang, sprang der Robotdiener hinaus und rannte auf sie zu. Er hob sie hoch. Einen Moment blieb er stehen und näherte sich dann dem Wasser. Ich sprang aus dem Gleiter und begann zu brüllen. Er ging ins Wasser und verschwand. Versank in dem Schlamm und dem Tang. Verschwand.“ Norton fröstelte. „Mit ihrem Leichnam.“
    Wütend warf Andrews seine Zigarette fort. Die Zigarette rollte davon und glühte noch eine Weile in der Dunkelheit. „Noch etwas?“
    „Nichts. Alles war in wenigen Sekunden vorbei. Sie stand da und sah über das Wasser. Plötzlich erzitterte sie – wie ein abgestorbener Ast. Dann stürzte sie. Und der Robotdiener war aus dem Gleiter und mit ihr im Wasser, bevor ich überhaupt begriff, was dort geschah.“
    Der Himmel war nun fast schwarz. Große Wolken zogen an den blassen Sternen vorbei. Wolken aus ungesundem Nachtdunst und Staubpartikeln. Ein Schwärm riesiger Vögel kreiste am Horizont und flog lautlos davon.
    Über die zernarbten Berge stieg der Mond auf. Eine kränklich wirkende, öde Kugel, die schwach gelb verfärbt war. Wie altes Pergament.
    „Kehren wir zum Schiff zurück“, erklärte Andrews. „Mir gefällt dieser Ort hier nicht.“
    „Ich verstehe nicht, wie das geschehen konnte. Die alte Frau.“ Norton schüttelte den Kopf.
    „Der Wind. Radioaktiv verseucht. Ich habe mich auf Centauri II erkundigt. Der Krieg hat das ganze System verwüstet. Danach war der Planet nur noch ein toter Steinball.“
    „Dann werden wir nicht …“
    „Nein. Wir werden uns nicht dafür zu verantworten haben.“ Eine Weile gingen sie schweigend weiter. „Wir brauchen uns nicht zu rechtfertigen. Es liegt klar auf der Hand. Jeder, der hierher kommt, vor allem ein alter Mensch …“
    „Nur, daß niemand hierher kommt“, unterbrach Norton verbittert. „Besonders kein alter Mensch.“
    Andrews antwortete nicht. Er schritt weiter, den Kopf gesenkt, die Hände in den Taschen. Stumm folgte ihm Norton. Über ihnen wurde der eine Mond heller, als er höher stieg und eine klare Stelle am Himmel erreichte.
    „Nebenbei gesagt“, fuhr Norton fort, und seine Stimme klang kalt und abweisend, „dies ist die letzte Reise, die ich mit Ihnen gemacht habe. Auf dem Schiff habe ich schon das vorgeschriebene Formular ausgefüllt und um neue Papiere gebeten.“
    „Oh.“
    „Ich dachte, es wäre besser, Ihnen das zu sagen. Und meinen Anteil an dem Kilokredit können Sie behalten.“
    Andrews errötete und beschleunigte seine Schritte, so daß Norton hinter ihn zurückfiel. Der Tod der alten Frau hatte ihn betroffen gemacht. Er setzte eine neue Zigarette in Brand und warf sie kurz darauf wieder fort.
    Zum Teufel – es war nicht seine Schuld. Sie war alt gewesen. Dreihundertfünfzig Jahre. Senil und taub. Ein Blatt, das vom Wind fortgeweht wurde. Von dem giftigen Wind, der ewig über das verwüstete Gesicht des Planeten heulte und pfiff.
    Das verwüstete Gesicht. Salzasche und Trümmer. Die zernarbte Silhouette verwitterter Berge. Und die Stille. Die immerwährende Stille. Nichts als der Wind und das Schmatzen des dicken, trägen Meeres. Und am Himmel die schwarzen Vögel.
    Etwas glitzerte. Etwas vor seinen Füßen, in der Salzasche. Reflektierte den fahlen Mondschein.
    Andrews bückte sich und tastete in der Dunkelheit. Seine Finger schlossen sich um etwas Hartes. Er hob die kleine Scheibe auf und untersuchte sie.
    „Seltsam“, sagte

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