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Eine Handvoll Dunkelheit

Eine Handvoll Dunkelheit

Titel: Eine Handvoll Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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Ihrer Diskussion geht?“
    „Es geht um Zeno“, murmelte Grote.
    „Zeno?“
    „Das Paradoxon von dem Frosch und dem Brunnen.“
    „Ich verstehe.“ Der Dekan nickte. „Ich verstehe. Der Frosch und der Brunnen. Ein zwei Jahrtausende alter Lehrsatz. Ein antikes Rätsel. Und zwei erwachsene Männer wie Sie stehen im Korridor und streiten sich wie …“
    „Das Problem“, sagte Hardy nach einer Weile, „ist, daß noch nie jemand das entsprechende Experiment durchgeführt hat. Das Paradoxon ist eine reine Abstraktion.“
    „Dann werden Sie beide die ersten sein, die den Frosch in den Brunnen setzen und zusehen, was wirklich geschieht.“
    „Aber der Frosch wird nicht so springen, wie es in dem Paradoxon vorgeschrieben ist.“
    „Dann werden Sie ihn eben dazu bringen. Ich gebe Ihnen zwei Wochen, um die nötigen Vorbereitungen für das Experiment zu treffen und die richtige Lösung für dieses widerliche Rätsel zu finden. Ich dulde keine weiteren Auseinandersetzungen mehr – die letzten Monate haben mir gereicht. Ich möchte, daß dies ein für allemal klar ist.“
    Hardy und Grote waren still.
    „Nun, Grote“, sagte Hardy schließlich, „beginnen wir damit.“
    „Wir brauchen ein Netz“, bemerkte Grote.
    „Ein Netz und ein Glas.“ Hardy seufzte. „Sehen wir zu, daß wir es so schnell wie möglich hinter uns bringen.“
     
    Die ‚Froschkammer’, wie man sie alsbald nannte, erwies sich als umfangreiches Projekt. Die Universität stellte ihnen den größten Teil des Kellergeschosses zur Verfügung, und Grote und Hardy machten sich unverzüglich an die Arbeit, indem sie Material und Geräte hinuntertrügen. Es dauerte nicht lange, dann wußte jeder darüber Bescheid. Der Großteil der naturwissenschaftlichen Studenten war auf Hardys Seite; sie bildeten einen Verein für den Fehlschlag und denunzierten die Anstrengungen des Frosches als vollkommen sinnlos. Die philosophischen und künstlerischen Fakultäten planten als Gegengewicht einen Verein für den Erfolg zu gründen, der allerdings nie realisiert wurde.
    Grote und Hardy arbeiteten wie besessen an dem Projekt. Immer seltener in der folgenden Zeit hielten sie Vorlesungen ab, und langsam vergingen die zwei Wochen. Die Kammer selbst wuchs und veränderte sich, gewann immer mehr Ähnlichkeit mit einer Kanalisationsröhre, die sich durch den Keller der Universität zog. Das eine Ende mündete in einem Gewirr aus Drähten und Röhren, während sich am anderen eine Tür befand.
    Eines Tages, als Grote die Treppe hinunterstieg, war Hardy schon anwesend und äugte in die Röhre.
    „Hören Sie“, fauchte Grote, „wir haben vereinbart, nur gemeinsam hier unten zu arbeiten.“
    „Ich schaue nur hinein. Es ist sehr dunkel dort drinnen.“ Hardy lächelte. „Ich hoffe, der Frosch wird genug sehen können.“
    „Nun, es gibt nur eine Richtung, in die er sich wenden kann.“
    Hardy entzündete seine Pfeife. „Was halten Sie davon, einen Test mit einem Frosch zu machen? Ich kann es kaum noch erwarten.“
    „Es ist zu früh.“ Grote verfolgte nervös, wie Hardy nach seinem Glas suchte. „Sollten wir nicht besser noch etwas warten?“
    „Sie haben wohl Angst vor der Wahrheit, hm? Kommen Sie, gehen Sie mir zur Hand.“
    Plötzlich ertönte ein Geräusch, ein Kratzen an der Tür. Beide blickten auf. Pitner stand im Türrahmen und blickte neugierig in den Raum, in die langgestreckte Froschkammer.
    „Was wollen Sie hier?“ fragte Hardy. „Wir sind sehr beschäftigt.“
    „Werden Sie es jetzt versuchen?“ Pitner kam herein. „Wozu dienen all diese Spulen und Relais?“
    „Es ist sehr einfach“, erklärte Grote und strahlte. „Ich habe es selbst entwickelt. Dieses Ende hier …“
    „Ich werde es ihm zeigen“, unterbrach Hardy. „Sie verwirren ihn nur. Ja, wir wollten soeben den ersten Versuchsfrosch laufen lassen. Sie können hierbleiben, junger Mann, wenn Sie möchten.“ Eröffnete das Glas und holte einen feuchten Frosch heraus. „Wie Sie sehen, besitzt die große Röhre einen Eingang und einen Ausgang. Der Frosch betritt sie durch den Eingang. Schauen Sie in die Röhre, junger Mann. Machen Sie schon.“
    Pitner äugte in das offene Ende der Röhre. Er sah einen langen schwarzen Tunnel. „Was sind das für Striche?“
    „Meßstriche. Grote, schalten Sie ein.“
    Die Maschinerie wurde aktiviert und begann zu summen. Hardy nahm den Frosch und setzte ihn in die Röhre. Er schloß die Metallklappe und verriegelte sie sorgfältig. „Damit der

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