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Eine Handvoll Dunkelheit

Eine Handvoll Dunkelheit

Titel: Eine Handvoll Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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Münzen und warf sie zwischen die dunklen Lilienbeete. Die Metallstücke bohrten sich in den feuchten Boden und waren verschwunden. „Noch etwas?“ Unruhig ergriff sie seinen Arm. „Sie sind bereits auf dem Weg. Hast du sonst noch etwas, Rick?“
    „Nur noch meine Uhr.“ Rick entzog Silvia sein Handgelenk, als sich ihre ungestümen Finger um die Uhr schlossen. „Die wirst du nicht in die Büsche schmeißen.“
    „Dann leg sie auf die Sonnenuhr – oder auf die Mauer. Oder in ein Baumloch.“ Silvia rannte wieder weiter. Ihre aufgeregte, verzückte Stimme wehte zu ihm zurück. „Wirf dein Zigarettenetui fort. Und deine Schlüssel, deine Gürtelschnalle – alles, das aus Metall besteht. Du weißt, wie sehr sie Metall hassen. Beeil dich, oder wir kommen zu spät!“
    Rick folgte ihr mürrisch. „In Ordnung, Hexe .“
    „Nenn mich nicht so !“ schrie ihn Silvia zornig aus der Dunkelheit an. „Es stimmt nicht. Das haben dir wohl meine Schwestern und meine Mutter gesagt und …“
    Ihre weiteren Worte wurden von dem Lärm übertönt. Von einem fernen Rauschen, wie große Blätter, die im Winterwind raschelten. Der Nachthimmel wurde erfüllt von dem irrwitzigen Getöse; diesmal beeilten sie sich. Sie waren zu gierig, zu verzweifelt, um zu warten. Furchtschauer überwältigten den Mann, und er lief, um zu Silvia aufzuschließen.
    Silvia war eine kleine Gestalt in der flatternden weißen Masse, aus der ihr grünes Kleid und ihre Bluse hervorstachen. Mit einem Arm stieß sie sie zurück und hielt mit der anderen die Schüssel. In dem Gewirr hektisch schlagender Schwingen und sich windender Leiber schwankte sie wie ein Rohr im Wind. Für eine Weile verschwand sie aus seinem Blickfeld.
    „Rick!“ rief sie schwach. „Komm und hilf mir!“ Sie stieß sie fort und kam wieder auf die Beine. „Sie erdrücken mich!“
    Rick kämpfte sich durch die Mauer der hellen weißen Leiber bis zum Rand der Niederung. Gierig leckten sie das Blut aus der Porzellanschüssel. Er preßte Silvia fest an sich; sie war verängstigt und zitterte. Er hielt sie fest, bis das Toben und Rasen um sie herum sich gelegt hatte.
    „Sie waren hungrig“, keuchte Silvia zitternd.
    „Und du bist eine verdammte Närrin, hierherzukommen. Sie können dich zu Asche verbrennen!“
    „Ich weiß. Sie können alles.“ Sie schauderte vor Aufregung und Furcht. „Schau sie dir an“, flüsterte sie mit vor Angst heiserer Stimme. „Schau, wie groß sie sind – was für eine Flügelspannweite sie haben. Und sie sind weiß, Rick. Fleckenlos – vollkommen. In unserer Welt gibt es nichts, was so rein ist. Sie sind groß und sauber und wunderschön.“
    „Ihnen ging es nur um das Lammblut.“
    Silvias weiches Haar wurde ihm ins Gesicht geweht, als überall die Flügel zu schlagen begannen. Sie brachen auf, rauschten hinauf in den Himmel. Doch in Wirklichkeit stiegen sie nicht hinauf, sondern sie verschwanden. Kehrten zurück zu ihrer Heimatwelt, von der aus sie das Blut gewittert hatten. Aber sie kamen nicht nur wegen des Blutes – auch wegen Silvia. Sie hatte sie angezogen.
    Die grauen Augen des Mädchens waren geweitet. Sie griff nach den weißen Geschöpfen, die sich emporschwangen. Eines von ihnen glitt heran. Gras und Blumen raschelten, als blendendweiße Blitze kurz aufflammten. Rick wich zurück. Die flammende Gestalt schwebte für einen Moment über Silvia, und dann erklang ein hohles Plop. Der letzte der weißen, geflügelten Riesen war verschwunden. Der Himmel, der Boden sanken wieder zurück in Dunkelheit und Stille.
    „Es tut mir leid“, wisperte Silvia.
    „Tu es ja nicht wieder“, stieß Rick hervor. Er war wie betäubt. „Es ist zu gefährlich.“
    „Manchmal vergesse ich das. Es tut mir leid, Rick. Ich wollte sie nicht so nahe heranlocken.“ Sie versuchte zu lächeln. „Seit Monaten war ich nicht so unvorsichtig. Nicht mehr, seit ich dich das erste Mal mit hierher nahm.“ Ein gieriger, wilder Ausdruck glitt über ihr Gesicht. „Hast du ihn gesehen? Kraft und Flammen! Und er hat uns nicht einmal berührt. Er hat – er hat uns nur betrachtet. Nicht mehr. Und alles um uns herum verbrannte.“
    Rick hielt sich an ihr fest. „Hör zu“, bat er. „Du darfst sie nicht noch einmal herbeirufen. Es ist falsch. Das hier ist nicht ihre Welt.“
    „Es ist nicht falsch – es ist schön.“
    „Es ist gefährlich!“ Seine Finger bohrten sich in ihr Fleisch, so daß sie auf keuchte. „Hör auf, sie hierherzulocken!“
    Silvia lachte

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