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Eine Handvoll Dunkelheit

Eine Handvoll Dunkelheit

Titel: Eine Handvoll Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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zeigen. Aber versprich mir zuerst, daß du mit niemandem darüber reden wirst.“
    „Um was handelt es sich?“
    „Versprichst du es?“ Sie legte ihm die Hand auf den Mund. „Ich muß vorsichtig sein. Es hat einen Haufen Geld gekostet. Niemand weiß davon. In China macht man es so – alles geht darauf zurück.“
    „Ich bin neugierig“, gestand Rick. Unruhe befiel ihn. „Zeig es mir.“
    Vor Aufregung zitternd, verschwand Silvia hinter dem hoch aufragenden Kühlgenerator, in der Dunkelheit hinter dem Netzwerk der steinhart gefrorenen Rohrschlangen. Er konnte hören, wie sie an etwas zog und zerrte. Kratzende Geräusche, wie von einem großen Gegenstand, der über den Boden schabte.
    „Siehst du?“ Silvia keuchte. „Hilf mir, Rick. Es ist schwer. Besteht aus Hartholz und Messing – und ist mit Metall ausgelegt. Es ist handgearbeitet und poliert. Und die Schnitzereien – schau dir die Schnitzereien an! Sind sie nicht wunderschön?“
    „Was ist das?“ fragte Rick nervös.
    „Das ist mein Kokon“, erklärte Silvia einfach. Sie kauerte sich auf dem Boden zusammen und lehnte ihren Kopf glücklich an den polierten Eichensarg.
    Rick packte sie am Arm und riß sie hoch. „Du kannst nicht hier unten im Keller neben diesem Sarg sitzen und …“ Er verstummte. „Was hat das zu bedeuten?“
    Schmerz hatte Silvias Gesicht verzerrt. Sie wich von ihm zurück und schob geschwind ihren Finger in den Mund. „Ich habe mich geschnitten – als du mich hochgezerrt hast –, an einem Nagel oder etwas Ähnlichem.“ Ein dünner Blutfaden rann ihre Finger hinunter. Sie suchte nach einem Taschentuch.
    „Laß sehen.“ Er näherte sich ihr, aber sie wehrte ihn ab.
    „Ist es schlimm?“ fragte er.
    „Komm mir nicht zu nahe“, flüsterte Silvia.
    „Was ist los? Laß mich doch nachschauen!“
    „Rick“, begann Silvia mit leiser, eindringlicher Stimme zu sprechen, „hol mir Wasser und ein Pflaster. So schnell wie möglich.“ Sie versuchte, ihr wachsendes Entsetzen zu unterdrücken. „Ich muß die Blutung stoppen.“
    „Nach oben?“ Zögernd setzte er sich in Bewegung. „So schlimm sieht es doch nicht aus. Warum …“
    „Beeil dich.“ Die Stimme des Mädchens war mit einemmal heiser vor Furcht. „Rick, schnell!“
    Verwirrt hastete er die Treppe hinauf.
    Silvias entsetzter Schrei ließ ihn verharren. „Nein, es ist zu spät“, rief sie zittrig. „Komm nicht zurück – halte dich von mir fern. Es ist meine eigene Schuld. Ich habe ihnen beigebracht hierherzukommen. Bleib da! Es tut mir leid, Rick. Oh …“ Ihre Stimme brach ab, als die Wand des Kellerraumes auseinanderbarst und einstürzte. Eine Wolke leuchtender weißer Gestalten bahnte sich einen Weg durch die Öffnung und flammte hinein in den Keller.
    Es war Silvia, hinter der sie her waren. Sie machte ein paar zögernde Schritte auf Rick zu, blieb unentschlossen stehen, und dann wurde sie eingehüllt von dem weißen Gewimmel der Leiber und Schwingen. Nur einmal schrie sie. Dann ließ eine gewaltige Explosion den Keller in einem Blitz aus Hitze und Donner versinken.
    Er wurde zu Boden geschleudert. Der Beton war heiß und trocken – der gesamte Keller knisterte vor Hitze. Fenster klapperten, als die pulsierenden weißen Gestalten hinausfuhren. Rauch und Flammen leckten an den Wänden empor. Die Decke stürzte ein und ließ Trümmerbrocken niederregnen.
    Rick kam wieder auf die Beine. Das Ärgste war überstanden. Der Kellerraum war ein wüstes Durcheinander. Die Wände waren schwarzgerußt und mit rauchender Asche verkrustet. Zersplittertes Holz, verschmorte Kleidungsstücke und Betonbrocken lagen überall verstreut. Der Heizkessel und die Waschmaschine waren vollkommen zerstört. Das umfangreiche Pump- und Kühlsystem bestand nur noch aus einem glitzernden Schutthaufen. Eine ganze Wand war verschwunden. Alles war von Mörtel bedeckt.
    Silvia war zusammengesunken und in der Mitte entzweigeschnitten, und ihre Arme und Beine bildeten ein groteskes Bild. Verschrumpelte, verkohlte Häufchen feuergeschwärzter Asche, die vage ihre Umrisse nachzeichneten. Was übrigblieb, waren verstreute Teile, eine brüchige, ausgebrannte Hülle.
     
    Dunkle Nacht herrschte, und sie war kalt und frisch. Einige Sterne glitzerten wie Eiskristalle über seinem Kopf. Ein milder, feuchter Wind rauschte in den taunassen Lilien und blies Staub über den Pfad, der sich zwischen den Beeten der schwarzen Rosen dahinzog.
    Er kauerte lange Zeit und horchte und beobachtete. Hinter den

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