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Eine Handvoll Venus: Meisterwerk der Science Fiction - Roman (German Edition)

Eine Handvoll Venus: Meisterwerk der Science Fiction - Roman (German Edition)

Titel: Eine Handvoll Venus: Meisterwerk der Science Fiction - Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Pohl , Cyril M. Kornbluth
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nicht ertragen. Eines Tages werde ich aus der Trance aufwachen und feststellen, dass die Bullen auf mich einprügeln.« Er begann, die Schneide seines Messers am Schleifstein zu wetzen.
    Ich schaute ihm mit neuem Verständnis zu. »Für die Bullen?«, fragte ich.
    Sein Gesicht zeigte einen schockierten Ausdruck. »Nein«, sagte er. »Da liegst du ein bisschen falsch, Jorge. Für mich. Dann habe ich keine Möglichkeit mehr, überzulaufen.«
    Selbst in diesem Zusammenhang klangen seine Worte edel. Ich hasste jene verrückten Leute, die einem so vorbildlichen Konsumenten wie Gus so etwas angetan hatten. Es war beinahe Mord. Er hätte seine Rolle in der Welt spielen können; kaufen, verbrauchen, Arbeit und Profit schaffen für all seine Brüder auf der Erde; durch ständig wachsende Wünsche und Bedürfnisse Arbeit und Profit aller Menschen im Verbraucherkreis steigern und seine Kinder zu echten Verbrauchern erziehen. Es schmerzte, ihn letztlich als sterilen, pervertierten Eiferer sehen zu müssen.
    Ich beschloss, mein Möglichstes für ihn zu tun, wenn ich die Organisation in die Luft gehen ließ. Er hatte keine Schuld. Diejenigen, die ihm die Welt verleidet hatten, sollten zahlen. Es gab gewiss eine Heilbehandlung für Consies wie Gus, die nur Betrogene waren. Ich würde fragen – nein, besser nicht fragen. Das könnte Verdacht erwecken. Ich hörte es bereits: »Ich will nicht sagen, dass Mitch nicht ganz in Ordnung ist, aber die Sache ist doch etwas sonderbar.« »Ja, einmal Consie, immer Consie.« »Das weiß doch jeder. Ich will nicht sagen, dass auf Mitch kein Verlass ist, bewahre, aber …«
    Zum Teufel mit Herrera. Er hatte seine Chance wie jeder andere auch. Wenn sich jemand daran macht, die Welt aus den Angeln zu heben, so darf er sich nicht beschweren, wenn er sich die Finger dabei klemmt.

9
    Die Tage zogen sich hin wie Wochen. Herrera sprach kaum mit mir, bis er mich eines Abends im Aufenthaltsraum unvermittelt fragte: »Hast du Gallina schon mal gesehen?« Das war Chicken Little . Ich sagte nein. »Dann komm runter. Ich kann dich hereinlassen. Sie ist wirklich sehenswert.«
     
    Wir durchquerten lange Gänge und sprangen auf das hinunterführende Frachtnetz. Ich schloss die Augen. Wenn man direkt hinunterblickt, wird es einem schwindelig. Vierzig, dreißig, zwanzig, zehn, null, Minus zehn.
    »Abspringen, Jorge«, sagte Herrera. »Unter minus zehn liegt der Maschinenraum.« Ich sprang.
    In Minus zehn herrschte Dämmerlicht, Kondenswasser rann von den Betonwänden. Das Dach wurde von riesigen Pfeilern getragen. Ein Gewirr von Rohren füllte den Gang, in dem wir abgesprungen waren. »Nahrungsflüssigkeit«, klärte Herrera mich auf.
    Ich fragte nach dem offenbar ungeheuren Gewicht der Decke.
    »Das ist Zement und Blei. Hält kosmische Strahlung ab. Manchmal kriegt eine Gallina Krebs.« Er spuckte aus. »Nicht essbar. Muss alles verbrannt werden, wenn man nicht wirklich schnell ist un…« Er schwang sein glitzerndes Messer in blitzendem Bogen, um mir zu zeigen, was er mit »schnell« meinte.
    Er stieß eine Tür auf. »Das ist ihr Nest«, sagte er stolz. Ich warf einen Blick hinein und schluckte.
    Die große Zementkuppel mit Betonfußboden wurde fast völlig von Chicken Little ausgefüllt. Es war eine graubraune, gummiartige Halbkugel von etwa fünfzehn Meter Durchmesser. Dutzende von Röhren führten in das pulsierende Fleisch. Man sah, dass sie lebte.
    Herrera schwärmte mir vor: »Den ganzen Tag gehe ich um sie herum. Ich sehe, wie ein Teil schnell wächst; sieht es gut und zart aus, schneide ich es ab.« Wieder beschrieb sein zweischneidiges schwertartiges Messer einen blitzenden Bogen. Diesmal trennte es ein etwa zwei Zentimeter dickes Steak von Chicken Little ab. »Die Leute hinter mir zerschneiden es dann und legen es auf das Fließband.« An der Peripherie des Raumes befanden sich Tunnelöffnungen, in denen Fließbänder zu sehen waren.
    »Wächst sie denn über Nacht nicht?«
    »Nein. Man führt ihr nur ein Minimum an Nahrung zu, die Abfallprodukte stauen sich. Jede Nacht ist sie nahe daran zu sterben. Jeden Morgen wird sie aufs Neue zum Leben erweckt wie der heilige Lazarus. Aber niemand kommt auf die Idee, für probrecita Gallina zu beten, was?« Er versetzte der Gummimasse mit der flachen Seite der Messerschneide einen liebevollen Hieb.
    »Du magst sie wohl«, bemerkte ich einfallslos.
    »Aber ja, Jorge. Sie hilft mir.« Er blickte sich um, dann schritt er um das Nest herum und schaute in jede

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