Eine Handvoll Venus: Meisterwerk der Science Fiction - Roman (German Edition)
erkennen oder hinauswerfen würde. Es befanden sich nur Angestellte auf den Fluren, und keinen von ihnen kannte ich näher; das Glück war offenbar auf meiner Seite.
Aber nicht mehr lange. Fowler Schockens Büro war verschlossen.
Ich glitt ins Büro seiner Sekretärin, das verlassen dalag, und überlegte. Nach der Arbeit war der Chef gewöhnlich im Club und spielte ein wenig Golf. Es war zwar schon ziemlich spät, aber ich wollte es riskieren – bis zum Club waren es nur noch vier Stockwerke.
Ich überstand die Strapaze. Der Club ist geschmackvoll eingerichtet, und das ist nur recht und billig, denn der Beitrag ist nicht gerade niedrig. Außer dem Golfplatz, dem Tennisplatz und den anderen Sportanlagen besteht der gesamte Nordteil des Raumes aus Wald – es gibt mehr als ein Dutzend herrlich nachgebildete Bäume – und mindestens zwanzig Erholungskabinen zum Lesen, Fernsehen und zu anderen unterhaltsamen Dingen.
Eine gemischte Vierergruppe spielte Golf. Ich näherte mich ihnen so unauffällig wie möglich. Sie waren intensiv mit ihren Skalen und Knöpfen beschäftigt, von denen sie gerade zum zwölften Loch dirigiert wurden. Mit sinkendem Mut las ich die Punkte an der Tafel; sie lagen alle hoch in den Neunzigern. Idioten. Fowler Schockens Durchschnitt lag unter achtzig. In einer solchen Gruppe konnte er unmöglich mitspielen, und beim Näherkommen stellte ich fest, dass ich keinen der Männer kannte.
Abwartend hielt ich mich zurück und versuchte mich zu entscheiden, was als Nächstes zu tun sei. Mr. Schocken war weit und breit nicht zu entdecken. Vielleicht saß er in einer der Erholungskabinen, doch ich konnte unmöglich alle Türen öffnen, um nachzuschauen; man würde mich sofort hinausgeworfen haben, wenn ich eine besetzte Kabine betreten hätte; es sei denn, das Glück wäre mir hold und der gute Fowler hätte drinnen gesessen.
Die Unterhaltung der Golfspieler erregte meine Aufmerksamkeit. Eines der beiden Mädchen hatte gerade mit einem vorsichtigen Schlag den Ball ins Loch befördert; sie lächelte glücklich, als die anderen ihr gratulierten, und beugte sich vor, um den Hebel zu bedienen, der die mechanischen Spieler bewegte. Ich erhaschte einen Blick auf ihr Gesicht: Hester, meine Sekretärin!
Nun war alles einfach. Ich konnte mir zwar nicht so recht vorstellen, wie Hester in den Club gekommen war, wusste aber alles andere, was man über Hester wissen musste. Also zog ich mich in eine Nische in der Nähe der Eingangstür zur Damentoilette zurück; es dauerte nur zehn Minuten, bis sie erschien.
Sie fiel natürlich in Ohnmacht. Ich fluchte, trug sie in die Ecke, wo sich eine Couch befand und legte sie dort nieder. Dann schloss ich die Tür.
Sie blinzelte, als sie wieder zu sich kam. »Mitch«, sagte sie in einem Ton, der zwischen Flüstern und Schreien lag.
»Ich bin nicht tot«, sagte ich. »Jemand anders ist gestorben, und man hat die Leichen vertauscht. Ich weiß nicht, wer ›man‹ ist, aber ich jedenfalls bin nicht tot. Ja, ich bin’s wirklich. Mitch Courtenay, Ihr Chef. Ich kann es beweisen. Erinnern Sie sich zum Beispiel an die Weihnachtsfeier im vergangenen Jahr, als Sie sich so große Sorgen mach…«
»O ja«, sagte sie hastig. »Mein Gott, Mitch – ich meine Mr. Courtenay –«
»Mitch genügt«, sagte ich. Ich ließ die Hand los, die ich massiert hatte, und sie richtete sich auf, um mich besser sehen zu können. »Hören Sie zu«, sagte ich. »Ich lebe, aber ich stecke in einem verzwickten Schlamassel. Ich muss mich mit Fowler Schocken in Verbindung setzen. Können Sie das bewerkstelligen – auf der Stelle?«
»Hm.« Sie schluckte und griff nach einer Zigarette. Automatisch nahm ich mir auch eine Starr. »Nein, Mitch, geht nicht. Mr. Schocken ist auf dem Mond. Es ist ein großes Geheimnis, aber ich glaube, Ihnen kann ich es ruhig verraten. Es hängt mit dem Venusprojekt zusammen. Nachdem Sie gestorben waren – na ja, Sie wissen, was ich meine –, danach jedenfalls beschloss er, die Sache selbst in die Hand zu nehmen. Ich habe ihm Ihre ganzen Notizen gegeben. Eine bezog sich auf den Mond, glaube ich; na ja, vor ein paar Tagen ist er jedenfalls abgeflogen.«
»Verdammt«, sagte ich. »Wer vertritt ihn denn hier? Harvey Bruner? Können Sie ihn erreichen?«
Hester schüttelte den Kopf. »Nein, nicht Mr. Bruner, Mitch. Mr. Runstead vertritt ihn. Mr. Schocken ist so überstürzt abgereist, dass niemand außer Mr. Runstead seinen Posten übernehmen konnte. Aber
Weitere Kostenlose Bücher