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Eine Handvoll Worte

Titel: Eine Handvoll Worte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jojo Moyes
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stellte sich hinter sie, schob ihre Hände fort und übernahm die Aufgabe. Er war so nah, dass sie seinen Atem auf dem Rücken spürte, während er jeden Haken aus der Öse löste.
    »Sehr schön«, wiederholte er.
    Sie schloss die Augen. Das ist mein Mann, sagte sie sich. Er betet mich an. Das sagen alle. Wir sind glücklich. Seine Finger fuhren leicht über ihre rechte Schulter, seine Lippen berührten ihren Nacken. »Bist du sehr müde?«, murmelte er.
    Sie wusste, das war ihre Chance. Er war ein Gentleman. Wenn sie seine Frage bejahte, würde er einen Schritt zurücktreten und sie in Ruhe lassen. Aber sie waren verheiratet. Verheiratet. Dieser Tatsache musste sie sich irgendwann stellen. Und wer wusste es schon? Wenn er ihr weniger fremd war, würde sie vielleicht feststellen, dass sie noch ein Stück weiter zu ihrem früheren Selbst zurückgekehrt war.
    Sie drehte sich um und ließ sich umarmen. Sie konnte ihm nicht ins Gesicht schauen, ihn nicht küssen. »Nein … wenn du es nicht bist«, flüsterte sie an seiner Brust.
    Sie spürte seine Haut an ihrer, hielt die Augen fest geschlossen und wartete auf ein Gefühl der Vertrautheit, vielleicht sogar Verlangen. Vier Jahre waren sie verheiratet. Wie oft mussten sie das gemacht haben? Und seit ihrer Rückkehr war er so geduldig gewesen.
    Er streichelte sie, kühner jetzt, und öffnete ihren Büstenhalter. Sie schlug die Augen nicht auf, war sich ihrer Erscheinung bewusst. »Können wir vielleicht das Licht ausmachen?«, schlug sie vor. »Ich möchte nicht … an meinen Arm denken. Wie er aussieht.«
    »Natürlich. Das hätte ich wissen müssen.«
    Der Lichtschalter im Schlafzimmer klickte. Aber nicht der Arm störte Jennifer: Sie wollte ihren Mann nicht anschauen. Wollte seinem Blick nicht ausgesetzt, verletzlich sein. Dann waren sie im Bett, er küsste ihren Hals, seine Hände, sein Atem drängend. Er lag auf ihr, drückte sie herunter, und sie schlang ihm die Arme um den Hals, unsicher, was sie tun sollte, wenn jegliche Gefühle fehlten, mit denen sie hätte rechnen können. Was ist mit mir passiert?, dachte sie. Was habe ich immer gemacht?
    »Ist alles in Ordnung?«, raunte er. »Oder tu ich dir weh?«
    »Nein«, erwiderte sie, »ganz und gar nicht.«
    Er küsste ihre Brüste, wobei ihm ein leises, wonniges Stöhnen entschlüpfte. »Zieh sie aus«, sagte er und zupfte an ihrer Unterhose. Er verlagerte sein Gewicht, damit sie sich die Hose bis an die Knie ziehen und dann mit den Füßen abstreifen konnte. Sie war entblößt. Vielleicht, wenn wir … hätte sie am liebsten gesagt, doch er schob bereits ihre Beine auseinander und versuchte unbeholfen, in sie einzudringen. Ich bin nicht bereit – aber das konnte sie nicht sagen: Das wäre jetzt falsch. Er war abwesend, verzweifelt, unzureichend.
    Sie verzog das Gesicht, winkelte die Beine an und versuchte, sich nicht zu verkrampfen. Dann war er in ihr, und sie kaute im Dunkeln auf der Innenseite ihrer Wange, versuchte, den Schmerz zu übergehen, dass sie nichts spürte außer dem verzweifelten Wunsch, es möge vorbei und er aus ihr heraus sein. Seine Bewegungen wurden schneller und drängender, sein Gewicht erdrückte sie, sein Gesicht lag heiß und feucht an ihrer Schulter. Und dann war es zu Ende, mit einem kleinen Aufschrei, einer Andeutung von Verletzlichkeit, die er in keinem anderen Teil seines Lebens zeigte, und das Ding war fort, ersetzt durch eine klebrige Nässe zwischen ihren Schenkeln.
    Sie hatte so fest gebissen, dass sie Blut schmeckte.
    Er rollte sich von ihr, noch immer schwer atmend. »Danke«, sagte er in die Dunkelheit hinein.
    Sie war froh, dass er sie nicht sah, wie sie ins Leere blickte, die Decke bis ans Kinn gezogen. »Geht schon klar«, sagte sie leise.
    Sie hatte entdeckt, dass man Erinnerungen tatsächlich an anderen Stellen als im Verstand ablegen konnte.

Glückliche Tage sollen nicht mehr sein … Der Fehler ist nicht dein, sondern mein.
    Mann an Frau, per Postkarte

3
    E in Profil. Von einem Industriellen.« Don Franklins Bauch drohte über seinem Hosenbund zu platzen. Die Hemdknöpfe spannten sich und gaben den Blick auf ein Dreieck aus blasser, behaarter Haut über dem Gürtel frei. Er lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und schob seine Brille über die Stirn. »Das ist das ›Muss‹ des Herausgebers, O’Hare. Er will einen vierseitigen Artikel über das Wundermineral als Werbung.«
    »Was zum Teufel weiß ich denn schon über Minen und Fabriken? Ich bin Auslandskorrespondent, um

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