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Eine Handvoll Worte

Titel: Eine Handvoll Worte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jojo Moyes
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Menschen, deren höchst prosaische Ansichten von allen so verdammt ernst genommen wurden.
    Zunächst hatte er Laurence Stirling als weniger abstoßend empfunden, als er erwartet hatte; der Mann war zuvorkommend gewesen, seine Antworten waren überlegt, seine Ansichten über seine Arbeiter ziemlich aufgeklärt. Doch im Lauf des Tages sah Anthony, dass er zu den Männern gehörte, denen Kontrolle über alles ging. Er sprach zu Menschen, statt Informationen von ihnen einzufordern. Er interessierte sich nicht für Dinge außerhalb seines eigenen Kreises. Er war ein Langweiler, reich und so erfolgreich, dass er nicht versuchen musste, etwas anderes zu sein.
    Anthony bürstete sein Jackett ab und fragte sich, warum er die Einladung zu dem Dinner angenommen hatte. Stirling hatte sie am Ende des Interviews ausgesprochen, und da er überrumpelt war, hatte er wohl oder übel zugeben müssen, dass er niemanden in Antibes kannte und nichts vorhatte, bis auf einen kleinen Happen im Hotel. Später vermutete er, dass Stirling ihn eingeladen hatte, um sicherzugehen, dass er etwas Schmeichelhaftes schreiben würde. Noch als er zögerte anzunehmen, wies Stirling seinen Fahrer bereits an, ihn um halb acht vom Hôtel Cap abzuholen. »Sie würden das Haus nicht finden«, sagte er. »Es ist von der Straße aus nicht gut einzusehen.«
    Na klar, hatte Anthony gedacht. Stirling sah nicht gerade so aus, als würde er zufällige menschliche Begegnungen begrüßen.
    Der Pförtner wachte sichtlich auf, als er die Limousine draußen warten sah. Plötzlich beeilte er sich, die Türen zu öffnen, und setzte ein Lächeln auf, das bei Anthonys Ankunft gefehlt hatte.
    Anthony beachtete ihn nicht. Er begrüßte den Fahrer und nahm auf dem Vordersitz Platz – was, wie er später merkte, dem Fahrer einiges Unbehagen bereitete, aber hinten auf der Rückbank wäre er sich wie ein Hochstapler vorgekommen. Er kurbelte sein Fenster herunter und ließ sich die warme Brise vom Mittelmeer über die Haut streichen, während das lange, niedrige Fahrzeug sich über Küstenstraßen wand, die nach Rosmarin und Thymian dufteten. Sein Blick wanderte die purpurfarbenen Hügel hinauf. Er hatte sich an die exotischere Landschaft von Afrika gewöhnt und vergessen, wie schön es in manchen Teilen Europas war.
    Er unterhielt sich zwanglos – fragte den Fahrer nach der Gegend, für wen er sonst noch gefahren war, wie das Leben in diesem Teil des Landes für einen gewöhnlichen Mann sei. Er konnte nicht anders: Wissen war alles. Einige seiner besten Leitartikel stammten von den Fahrern und anderen Bediensteten mächtiger Männer.
    »Ist Mr Stirling ein guter Chef?«, fragte er.
    Der Fahrer warf ihm rasch einen Blick zu, sein Verhalten weniger entspannt. »Ja«, sagte er auf eine Weise, die deutlich machte, dass die Unterhaltung damit beendet war.
    »Freut mich zu hören«, erwiderte Anthony und gab dem Mann ein großzügiges Trinkgeld, als sie vor dem riesigen weißen Haus eintrafen. Während er dem Wagen nachschaute, der hinter dem Haus wahrscheinlich in einer Garage verschwand, überkam ihn eine seltsame Wehmut. Wortkarg, wie er war, hätte er ein Sandwich und ein Kartenspiel mit dem Fahrer einer höflichen Plauderei mit den langweiligen Reichen der Riviera vorgezogen.
    Das Haus aus dem achtzehnten Jahrhundert unterschied sich nicht von denen anderer wohlhabender Männer, viel zu groß und makellos, die Fassade ließ auf ständige Wartung durch eine umfangreiche Dienerschaft schließen. Die Kiesauffahrt war breit und gepflegt, gesäumt von erhöhten Plattenwegen, aus deren Ritzen kein Unkraut aufzutauchen wagte. Die eleganten Fenster leuchteten zwischen lackierten Fensterläden. Eine geschwungene Steintreppe führte Besucher in eine große Eingangshalle, in der bereits die Stimmen der anderen Gäste widerhallten. Hier und da standen Sockel mit riesigen Blumengebinden. Anthony ging langsam die Stufen hinauf und spürte, dass der Stein noch warm von der Sonnenhitze des Tages war.
    Außer ihm waren noch sieben weitere Gäste zum Dinner geladen: die Moncrieffs, Freunde der Stirlings aus London – die Frau musterte ihn unverhohlen; der örtliche Bürgermeister, Monsieur Lafayette, mit Frau und Tochter, einer ranken, schlanken Brünetten mit stark geschminkten Augen, die eindeutig Aufsässigkeit ausstrahlte; und die etwas älteren Monsieur und Madame Demarcier, die offensichtlich in der benachbarten Villa wohnten. Stirlings Frau war eine adrette, hübsche Blondine Marke Grace

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