Eine Handvoll Worte
bereits über sie. Jennifer erwiderte seine Küsse höflich und versuchte, sich ihren Widerwillen gegen seinen Atem nicht anmerken zu lassen. »Jenny«, flüsterte er und atmete schneller, »Jenny …« Wenigstens dauerte es vielleicht nicht allzu lange.
Sie wurde sich bewusst, dass er aufgehört hatte, und schlug die Augen auf. Er starrte sie an. »Was ist los?«, fragte er mit belegter Stimme.
»Nichts.«
»Du siehst aus, als würde ich dir etwas Furchtbares antun. Hast du das Gefühl?«
Er war betrunken, doch in seinem Ausdruck lag noch etwas, eine Verbitterung, die sie nicht einzuordnen wusste.
»Tut mir leid, Liebling. Den Eindruck wollte ich nicht erwecken.« Sie stützte sich auf die Ellbogen. »Ich bin wahrscheinlich nur müde.« Sie streckte die Hand nach ihm aus.
»Aha. Müde.«
Sie setzten sich nebeneinander. Er fuhr sich mit der Hand durch die Haare, Enttäuschung drang ihm aus allen Poren. Sie war überwältigt von Schuldgefühlen und, zu ihrer Schande, von Erleichterung. Als das Schweigen unerträglich wurde, ergriff sie seine Hand. »Laurence … meinst du, mit mir ist alles in Ordnung?«
»In Ordnung? Was soll das heißen?«
Ein Kloß bildete sich in ihrem Hals. Er war ihr Ehemann: Bestimmt sollte sie dann doch imstande sein, sich ihm anzuvertrauen. Kurz fiel ihr ein, wie Yvonne sich auf Francis gestützt hatte, die ständigen Blicke, die sie wechselten und die von Hunderten anderer Unterhaltungen zeugten, bei denen niemand sonst zugegen war. Sie dachte an Dominic und Anne, die lachend zu ihrem Taxi gegangen waren. »Laurence …«
»Larry!«, brach es aus ihm heraus. »Du sagst Larry zu mir. Ich kapiere nicht, wieso du dich daran nicht erinnerst.«
Sie schlug die Hände vor das Gesicht. »Larry, entschuldige. Es ist nur, ich … ich komme mir noch immer so fremd vor.«
»Fremd?«
Sie fuhr zusammen. »Als würde etwas fehlen. Ich habe das Gefühl, als gäbe es ein Puzzle, zu dem mir ein paar Teile fehlen. Klingt das furchtbar albern?« Bitte, beruhige mich, flehte sie ihn an. Nimm mich in die Arme. Sag mir, dass ich albern bin, dass mir alles wieder einfallen wird. Sag mir, dass Hargreaves recht hatte und dieses scheußliche Gefühl aufhören wird. Lieb mich ein bisschen. Halt mich fest, bis ich spüre, dass es das Richtige für dich ist. Versteh mich einfach.
Doch als sie aufschaute, ruhte sein Blick auf seinen Schuhen, die ein Stück von ihm entfernt auf dem Teppich standen. Sein Schweigen, begriff sie allmählich, war kein fragendes. Es drückte nicht aus, dass er versuchte, etwas herauszufinden, sondern war ein Hinweis auf etwas Dunkleres: kaum unterdrückte Wut.
Seine Stimme war ruhig, eisig und bedacht, als er sagte: »Was glaubst du, was dir im Leben fehlt, Jennifer?«
»Nichts«, sagte sie hastig. »Gar nichts. Ich bin absolut glücklich. Ich …« Sie stand auf und begab sich ins Bad. »Es ist nichts. Wie Mr Hargreaves schon sagte, es geht bald vorbei. Bald bin ich wieder ganz die Alte.«
Als sie aufwachte, war er schon fort, und Mrs Cordoza klopfte leise an die Tür. Jennifer schlug die Augen auf und spürte einen dumpfen Schmerz, als sie den Kopf bewegte.
»Madam? Soll ich Ihnen eine Tasse Kaffee bringen?«
»Das wäre sehr nett. Vielen Dank«, krächzte sie.
Langsam richtete sie sich auf und blinzelte ins helle Licht. Es war Viertel vor zehn. Draußen hörte sie einen Motor, das dumpfe Schrammen von jemandem, der Schnee vom Bürgersteig räumte, und zankende Spatzen auf den Bäumen. Die Kleidung, die sie am Vorabend über das Schlafzimmer verteilt hatten, war irgendwie fortgeräumt. Sie lehnte sich an die Kissen und ließ die Ereignisse der Nacht langsam in ihr Bewusstsein vordringen.
Er hatte sich von ihr abgewandt, als sie ans Bett zurückgekehrt war, sein breiter, kräftiger Rücken ein unüberbrückbares Hindernis. Sie hatte Erleichterung verspürt, aber auch etwas Verblüffenderes. Jetzt schlich sich eine melancholische Müdigkeit ein. Ich muss es besser machen, dachte sie. Ich werde aufhören, über meine Gefühle zu sprechen. Ich werde netter zu ihm sein. Großzügig. Gestern Abend habe ich ihn verletzt, und daran hat es gelegen.
Versuchen Sie, sich nicht so viele Gedanken zu machen.
Mrs Cordoza klopfte. Sie hatte Kaffee und zwei dünne Scheiben Toast auf einem Tablett mitgebracht. »Ich dachte, Sie haben vielleicht Hunger.«
»Oh, das ist sehr freundlich von Ihnen. Tut mir leid, ich hätte schon seit Stunden auf sein müssen.«
»Ich setze es hier ab.« Sie
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