Eine Handvoll Worte
Niemand sonst schien das Paar bemerkt zu haben.
Mrs Verrinder wischte sich den Mund mit der Serviette ab. »Was spielt es schon für eine Rolle, Liebes? Autounfälle passieren nun mal. Je mehr Autos es gibt, umso gefährlicher ist es. Ich glaube, nicht einmal die Hälfte der Leute auf den Straßen kann fahren. Nicht so wie dein Vater. Nun, er war ein vorsichtiger Fahrer.«
Jennifer hörte nicht zu.
»Wie auch immer, du bist jetzt wieder gesund, oder? Alles besser?«
»Mir geht es gut.« Jennifer schenkte ihrer Mutter ein strahlendes Lächeln. »Alles in Ordnung.«
Wenn sie jetzt abends mit Laurence ausging, zum Essen oder auf einen Drink, ertappte sie sich dabei, dass sie ihren breiten Freundes- und Bekanntenkreis mit neuen Augen betrachtete. Wenn ein Mann sie ungebührlich lange in Augenschein nahm, war sie nicht imstande, ihren Blick abzuwenden. War er es? Hatte seine angenehme Begrüßung eine Bedeutung? War das ein wissendes Lächeln?
Drei Männer kamen in Frage, falls B tatsächlich ein Spitzname war. Zum einen Jack Amory, der Geschäftsführer einer Firma für Autoteile, der ledig war und ihr demonstrativ die Hand küsste, wenn sie sich trafen. Allerdings zwinkerte er dabei Laurence zu, und sie konnte nicht feststellen, ob er nicht ihnen beiden etwas vormachte.
Zum anderen Reggie Carpenter, Yvonnes Vetter, der manchmal ihre Tischrunde vervollständigte. Dunkelhaarig, mit müden, humorvollen Augen war er jünger, als sie sich ihren Briefschreiber vorstellte, aber er war charmant und witzig und schien stets dafür zu sorgen, dass er neben ihr saß, wenn Laurence nicht anwesend war.
Schließlich war da noch Bill, natürlich. Bill, der Witze erzählte, als buhlte er damit nur um ihre Anerkennung, der lachend verkündete, dass er sie anhimmelte, selbst wenn Violet dabei war. Er hegte auf jeden Fall Gefühle für sie. Aber konnte es sein, dass sie etwas für ihn empfunden hatte?
Sie begann, mehr auf ihre äußere Erscheinung zu achten. Sie ging regelmäßig zum Friseur, kaufte neue Kleider, wurde mitteilsamer, »mehr die Alte«, wie Yvonne anerkennend bemerkte. In den Wochen nach dem Unfall hatte sie sich hinter ihren Freundinnen versteckt, doch jetzt stellte sie Fragen, quetschte sie höflich, aber bestimmt aus auf der Suche nach der Kerbe in der Rüstung, die zu Antworten führen mochte. Hin und wieder streute sie Andeutungen in die Gespräche ein, erkundigte sich, ob jemand einen Whisky haben wollte, und suchte dann die Gesichter der Männer nach einem Funken des Wiedererkennens ab. Doch Laurence war immer in ihrer Nähe, und sie vermutete, dass sie, auch wenn sie ihre Hinweise aufgefangen hatten, nur wenig tun konnten, um offen darauf zu reagieren.
Falls ihrem Mann eine besondere Intensität in ihren Unterhaltungen mit den Freunden aufgefallen war, sprach er es nicht an. Er kommentierte nur wenig. Seit dem Abend, an dem sie gestritten hatten, war er ihr körperlich nicht mehr nahe gekommen. Er war höflich, aber distanziert. Er saß lange in seinem Arbeitszimmer und war oft schon aufgestanden und aus dem Haus, bevor sie aufwachte. Ein paar Mal ging sie am Gästezimmer vorbei und sah das verknautschte Bettzeug, was darauf hindeutete, dass er wieder eine Nacht allein verbracht hatte; ein stiller Vorwurf. Sie wusste, eigentlich sollte es ihr damit schlechter gehen, doch sie wünschte sich immer stärker die Freiheit, sich in ihre eigene Parallelwelt zurückzuziehen, in der sie ihre rätselhafte, leidenschaftliche Liebesgeschichte zurückverfolgen konnte, sich selbst durch die Augen des Mannes sehen, der sie angebetet hatte.
B war noch irgendwo da draußen, sagte sie sich. Er wartete.
»Die sind zu unterschreiben, und auf dem Aktenschrank liegen mehrere Geschenke, die heute Morgen eingetroffen sind. Von Citroën ist eine Kiste Champagner gekommen, ein Esskorb von den Zementleuten in Peterborough und eine Schachtel Pralinen von Ihren Steuerberatern. Ich weiß, Sie mögen keine Süßigkeiten, daher habe ich mich gefragt, ob ich sie vielleicht im Büro herumreichen soll. Ich weiß, Elsie Machzynski hat eine besondere Schwäche für Schokolade.«
Er schaute kaum auf. »Das geht in Ordnung.« Moira sah, dass Mr Stirlings Gedanken weit von Weihnachtsgeschenken entfernt waren.
»Und ich hoffe, es macht Ihnen nichts aus, aber ich habe mir herausgenommen, den Kram für die Weihnachtsfeier zu organisieren. Sie haben entschieden, dass wir sie lieber hier als in einem Restaurant abhalten, jetzt, da die Firma so
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